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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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seine Augen geschaut – so blau und hell wie die Flügel eines Bläulings – und gewusst, dass sie von ihm weniger zu befürchten hatte als von so manchem der Kandidaten, mit denen ihr Vater sie hatte verheiraten wollen.
    Und so wartete sie auf ihn. Eine der alten Sklavinnen war Sächsin, und sie hatte Dragomira ausgerichtet, sie solle in ihr Gemach gehen und sich hübsch machen für den Prinzen. Er werde zu ihr kommen, sobald seine Zeit es erlaube, und er habe befohlen, eine Wache vor ihre Tür zu stellen, damit keiner seiner Männer auf die Idee kam, sich zu nehmen, was der Prinz für sich selber beanspruchte.
    Dragomira legte den Kamm beiseite und öffnete das fein geschnitzte Holzkästchen, das ihren Schmuck enthielt. Das meiste davon hatte ihrer Mutter gehört, und Dragomira trug ihn so gut wie nie, weil sie immer fürchtete, der Anblick könne unwillkommene Erinnerungen in ihrem Vater wecken. Beinah ehrfürchtig nahm sie nun das silberbestickte Stirnband aus der Schatulle und legte es an. Am unteren Rand war es mit winzigen Ösen besetzt, und mit Hilfe ihres Bronzespiegels hängte Dragomira die S-förmigen, kleinen Schläfenringe ein – sechs Stück auf jeder Seite. Dann ein Reif aus geflochtenem Gold um den Hals, gefolgt von einer farbenfrohen Kette aus Bernstein und verschiedenen Halbedelsteinen, Fingerringe aus Glas und Silber, goldene Armreifen und Ohrringe. Schließlich betrachtete sie ihr Werk und fand, sie sah aus wie eine bunt geschmückte Opferkuh. Also nahm sie alles bis auf die Schläfenringe und den Halsreif wieder ab.
    Viel besser.
    Sie betrachtete ihre Sammlung aus Tontiegeln, griff hier und da nach einem und schnupperte und entschied sich für einen Duft, der an frisch gemähte Sommerwiesen erinnerte.
    Es musste Mitternacht sein, schätzte Otto, aber er verspürte keine Müdigkeit. Sein Triumph wirkte belebend wie frisches Wasser aus einer eisigen Bergquelle und gleichzeitig so berauschend wie Wein aus dem Frankenland. Die Erstürmung der Brandenburg war sein Sieg, und sein Vater hatte gesagt, er hätte es selbst nicht besser gekonnt. Der König war für gewöhnlich sparsam mit seinem Lob, das deswegen natürlich umso süßer schmeckte.
    In der Brandenburg war von Nachtruhe nichts zu spüren. Überall standen Posten mit Fackeln. Thankmar und Gero hatten den Silberschatz des Fürsten unter einer Falltür in dem großen Gebäude mit dem abscheulichen Götzenstandbild gefunden und obendrein einen mannshohen goldenen Schild, der einen sagenhaften Wert haben musste. Der König war hingegangen, um ihn in Augenschein zu nehmen. Die slawischen Krieger, die den Fall der Burg überlebt hatten, waren in einer der Hütten des Wehrgangs eingesperrt und wurden dort bewacht. Unten in der Vorburg vergnügte das Siegerheer sich mit den Metfässern und den Frauen der Heveller, aber König Heinrich und seine Kommandanten hatten dafür gesorgt, dass genügend Männer nüchtern und wachsam blieben, weil man bei diesen heidnischen Barbaren nie wissen konnte, ob nicht ein Nachbarvolk plötzlich zu Hilfe kam. Ihre Bündnisse und Feindschaften waren so verworren und wechselvoll, dass sie für normale Menschen völlig unergründlich blieben.
    Der meiste Betrieb herrschte in der Halle, wo die Verwundeten versorgt wurden. Als der König gesehen hatte, mit welchem Geschick dieser slawische Fürstensohn seinem Vater den Pfeil aus der Wunde zog und die Blutung stillte, hatte er ihm befohlen, auch die Verletzten auf sächsischer Seite zu versorgen. Dieser Sturkopf hatte sich unwillig gezeigt, bis Gero ihm drohte, seinen kleinen Neffen zu blenden, so wie diese verfluchten Heiden es mit Anno getan hatten. Da war der hochmütige Prinz Tugomir ganz zahm geworden …
    Otto hoffte, dass dessen Schwester entgegenkommender war, denn es war nicht nach seinem Geschmack, sich eine Frau gefügig zu machen. Aber so oder so, er wollte sie haben, und er würde sie kriegen. Denn es stimmte, was man die alten Haudegen gelegentlich sagen hörte: Nichts konnte das Blut in Wallung bringen wie eine gewonnene Schlacht.
    Otto betrat die kleine Kammer, die an die Halle gebaut war. Wärme und der Duft von Sommerwiesen schlugen ihm entgegen, und er atmete verstohlen tief durch. Das Mädchen saß halb aufgerichtet auf dem Bett, den Rücken an die fellbespannte Wand gelehnt, und Otto blieb fast die Luft weg, als er ihre nackten Brüste sah. Sie waren apfelrund und vielleicht eine Spur kleiner, als er sich gewünscht hätte, aber sie schimmerten

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