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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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begriff er, dass er an einen Pfahl gefesselt war.
    »Er ist wach.« Es war Tuglos Stimme, und als Tugomir sie erkannte, rückten ein paar Dinge zurück an ihren Platz. Er befand sich im Triglav-Heiligtum auf dem Harlungerberg. Slawomir hatte ihn verraten. Gero war gekommen, um ihn zu töten. Ihn und seinen Sohn. Und hier war der Ort, wo es geschehen sollte. Heute Nacht.
    Tugomir stemmte den Rücken gegen den Pfahl, zog die Beine an, stellte die Füße ins Gras und zwang seine Knie, sich zu strecken. Es ging langsam, aber es ging. Als er stand, wurde ihm schwindelig.
    Tuglo, Slawomir und Gero waren einen Schritt vor ihm aufgereiht und betrachteten ihn im Schein einer Fackel, die in der Erde steckte. Ihre Mienen waren konzentriert, aber auf unterschiedliche Weise: Tuglos Ausdruck war feindselig, Slawomirs triumphal und Geros – wie hätte es anders sein können – voller Hass.
    »Welch seltsames Bündnis. Wer hätte gedacht, dass du je dazu herabsinken würdest, mit slawischen Barbaren gemeinsame Sache zu machen«, sagte Tugomir auf sächsisch.
    Geros Faust war noch genauso schnell wie früher. Sie traf ihn knapp unterhalb des Jochbeins. »Je weniger du sagst, desto leichter wird dein Ende sein.«
    Aber Tugomir wusste, dass Gero ihn anlog. Nichts würde leicht werden. Er spuckte ihm Blut und einen Zahn vor die Füße. »Mir ist egal, was du mit mir tust«, log er. »Doch ganz gleich, was geschehen ist, sie ist deine Tochter, Gero. Der Junge dein Enkel.«
    Gero schlug ihn noch einmal. »Das sind sie nicht! Sie ist eine Hure, und er ist ein Bastard. Also können sie mir nicht angehören. Und das haben wir allein dir zu verdanken, denn du hast aus meiner Tochter ein läufiges Luder gemacht und ihr deinen Bastard eingepflanzt. Darum ist es nur angemessen, dass deine Götzen sie bekommen.«
    Tugomir sah zu Tuglo und seinem Onkel und sagte auch zu ihnen: »Welch seltsames Bündnis.« Dieses Mal in seiner Muttersprache. »Dieser Mann hat bei seinem blutigen Gastmahl deinen Sohn getötet, Slawomir. Er hat die Heiligtümer der Götter geschändet. Und ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er die Daleminzer abgeschlachtet hat, unbewaffnete Männer und Frauen. Graut euch denn nicht vor dem, was ihr tut?«
    »Du warst immer schon ein kluger Redner«, entgegnete Slawomir ein wenig gelangweilt. »Aber die Nacht verrinnt, und wir haben viel zu tun. Also lass es uns kurz machen, ja? Was du hier siehst, ist ein Zweckbündnis, keine Busenfreundschaft.«
    Tugomir nickte langsam und sah über Slawomirs Schulter. Sein Blick wurde schärfer, stellte er fest. Jetzt konnte er erkennen, dass die Fackeln ein Oval im Innern des heiligen Hains bildeten. In der Mitte ragte das Standbild des dreigesichtigen Triglav auf, und die Priesterschaft des mächtigen Gottes hatte sich um ihn versammelt. Berauscht vom Göttertrank, hatten sie einander die Hände auf die Schultern gelegt und tanzten langsam und wiegend zu ihrem getragenen Gesang um das Bildnis ihres Gottes. Tugomir schätzte ihre Zahl auf ein Dutzend.
    Und sonst war niemand hier. Weder Geros Eskorte, ohne die er todsicher nicht auf die Brandenburg gekommen wäre, noch Tugomirs Untertanen befanden sich im Triglav-Heiligtum.
    »Wo sind die Heveller?«, fragte er.
    »Im Jarovit-Tempel beim Frühlingsfeuer«, antwortete Slawomir. »Oder in deiner verdammten Kirche, so wie Rogwolod. Er ist der letzte Sohn, der mir geblieben ist, und nun verliere ich ihn an den Buchgott!«
    Als Tugomir klar wurde, dass dieser Umsturz nicht mit der Billigung der Heveller vonstattenging, schöpfte er einen Funken Hoffnung. »Und was werdet ihr ihnen morgen früh erzählen?«
    Slawomir konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Dass du dem Drängen deines … Schwiegervaters nachgegeben hast – seine Ankunft ist den Leuten nicht verborgen geblieben – und mit Frau und Kind zu deinem bequemen Leben und deinem Gott nach Sachsen zurückgekehrt bist. Gekränkt und aufgebracht von deinem Verrat, werden sie sich dankbar meiner Führung anvertrauen.«
    Tugomir war sprachlos. Er biss hart die Zähne zusammen, um sich zu beherrschen. Aber er schaffte es nicht ganz und spuckte Slawomir ins Gesicht.
    Das bescherte ihm eine Faust in den Magen. Tugomir krümmte sich hustend, blieb aber auf den Beinen.
    »Und falls du gerade darüber nachdenkst, dass deine Daleminzer diese Geschichte niemals glauben werden und vielleicht jetzt schon auf der Suche nach dir sind, mach dir keine Hoffnungen, Tugomir«, knurrte Slawomir und

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