Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
Wällen der Brandenburg eingerannt hätten und unverrichteter Dinge abgezogen wären?«
    Tugomir nickte.
    »Und?«
    »Im Gegensatz zu dir verschwende ich meine Zeit nicht mit der müßigen Frage, ob mein Leben besser oder schlechter verlaufen wäre«, gab Tugomir zurück – abweisend genug, hoffte er, um das Thema zu beschließen.
    »Ah«, machte Semela lächelnd und ritt wieder an. »Ich hoffe für dich, dass du diese Lüge bei deiner nächsten Beichte nicht vergisst.«
    Tugomir stieß dem Schimmel sacht die Fersen in die Seiten und folgte ihm. »Also schön«, gab er unwillig nach. »Dann lass es mich so sagen: Ganz anders als du bin ich nie in der Lage, mit dem zufrieden zu sein, was Gott mir beschert hat, und darum ist es mir unmöglich, auf besagte müßige Frage eine Antwort zu finden.«
    »Und schon wieder eine Lüge«, erwiderte Semela kopfschüttelnd. »Du bist zufrieden, Tugomir. Und das ist kein Wunder, du hast allen Grund dazu. Nur ist dir der Zustand so unheimlich, dass du es dir niemals eingestehen könntest.«
    »Was für ein Narr ich wäre, wenn das stimmte«, protestierte Tugomir.
    Ganz entgegen seiner Gewohnheit hüllte Semela sich in beredtes Schweigen.
    Die Wolken am Himmel wurden bedrohlicher, als sie auf die Brandenburg zurückkamen. Sie ließen die Pferde im Stall unweit des Tors und überquerten die Wiese auf dem Weg zur Halle, als Slawomir aus der Tür seines Hauses trat. »Ah, das trifft sich gut, Fürst«, rief er, als er sie kommen sah. »Kann ich dich einen Moment sprechen?«
    »Natürlich.« Tugomir übergab Semela den Sack mit dem Weißdorn. »Wärst du so gut?«
    Semela trug ihre Ausbeute zu einer der Hütten am Wall, die ihr Kräuterlager war, um die Blüten dort in einer der großen, flachen Holzkisten auszubreiten, welche sie zum Trocknen benutzten.
    Tugomir folgte seinem Onkel in dessen großzügiges Haus zwischen Wall und Halle, das Tugomirs Wohnstatt in Magdeburg nicht unähnlich war: In einem Steinring auf der rechten Seite brannte das Herdfeuer, Tisch und Bänke standen in der Nähe. Der Rauch entwich durch ein kleines, rundes Loch im offenen Strohdach. Anders als in Tugomirs einstigem Haus war hier eine Schlafkammer mit einer Bretterwand vom Rest des Hauses abgetrennt, sodass der Priester und sein Weib für sich sein konnten, während ihr verbliebener Sohn und die Sklaven hier im Hauptraum auf Fellen am Boden schliefen.
    »Setz dich«, lud Slawomir den Fürsten ein. »Dobra?«
    Seine Frau stand am Herd, füllte zwei Becher aus einem dampfenden Topf über dem Feuer, rührte noch frische Kräuter hinein und trug sie zum Tisch. »Hier, mein Fürst. Trink ihn, solange er heiß ist.«
    Tugomir rutschte auf die Bank und legte beide Hände um den heißen Tonbecher. »Hab Dank, Dobra.«
    »Ich lasse euch allein.« Mit einem Lächeln schlüpfte sie hinaus und schloss die Tür. Tugomir sah ihr einen Augenblick nach. Er kannte sie kaum. In seiner Gegenwart war sie immer still und zurückhaltend, geradezu scheu. Aber Dragomira erzählte eine ganz andere Geschichte …
    Slawomir setzte sich ihm gegenüber und hob ihm seinen Becher entgegen. »Auf das Ende des Winters.« Er nahm einen ordentlichen Zug.
    Tugomir trank ebenfalls und offerierte die übliche Erwiderung: »Und eine reiche Jagd.«
    »Wirst du zur Tempelzeremonie kommen?«, fragte Slawomir neugierig.
    Der Fürst nickte ohne großen Enthusiasmus.
    »Godemir hält es für wichtig«, bemerkte sein Onkel. »Damit die Heveller sehen, dass du auch den alten Göttern noch Respekt erweist.«
    »Ja, das hat er mir auch gesagt. Und er hat recht. Was wolltest du mit mir besprechen?«
    Slawomir trank nochmals aus seinem Becher. Es wirkte fast, als wolle er Zeit gewinnen. Dann gab er sich einen Ruck. »Es geht um unsere obodritischen Sklaven. Oder genauer gesagt, um die Heveller, die bei den Obodriten in Sklaverei leben. Hast du je daran gedacht, Fürst Ratibor einen Austausch vorzuschlagen?«
    »Nein«, musste Tugomir bekennen. In den ungezählten Raubzügen, die Heveller und Obodriten in der Vergangenheit gegeneinander geführt hatten, waren viele Gefangene gemacht worden. Obodritische Sklaven waren auf der Brandenburg ebenso zahlreich wie sächsische. »Ich bin nicht sicher, ob das ein Thema ist, an das wir rühren wollen. Du weißt, wie heikel dergleichen werden kann. Im Handumdrehen gibt es Streit, wenn man versucht, den Wert von Menschen gegeneinander aufzurechnen.«
    Das Feuer in seinem Rücken war unangenehm warm. Tugomir fuhr sich

Weitere Kostenlose Bücher