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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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sahen seinen Bruder mit unterschiedlichen Abstufungen des Erstaunens an. Nur Editha schien nicht überrascht. Sie lächelte Otto zu, verstohlen und aufmunternd zugleich. Kein Zweifel, das junge Glück hatte ausführlich über die Zukunft gesprochen …
    »Sei nicht albern«, brummte der König. »Wenn ich sage, du wirst König, wirst du König. Ist das klar? Was in aller Welt könnte dagegen sprechen?«
    Otto warf ihm einen unbehaglichen Blick zu. »Ich weiß nicht, ob ich so sein kann wie Ihr. So … herrschaftlich. Ihr braucht nur finster dreinzuschauen, und schon tun alle, was Ihr wollt, egal ob Herzog, Bischof oder Bauer. Aber …«
    »Mit finsteren Blicken ist es nicht getan«, entgegnete der König. »Du musst dir ihren Respekt verdienen und sie von dir abhängig machen. Das geht mit Schwertern, mit Lehen, mit klugen Heiraten, manchmal sogar mit Worten. So erringt man Macht und behält sie. Du weißt all das. Du bist noch jung, Otto. Mit Gottes Hilfe wird es noch ein paar Jahre dauern, bis du mir nachfolgen musst. Aber ich weiß, dass du der Richtige bist.«
    »Ich habe Zweifel«, bekannte Otto.
    Und genau deswegen stimmt es , fuhr es Thankmar durch den Kopf.
    Obwohl er der Älteste war, hatte er nie ernsthaft damit gerechnet, dass ihr Vater ihm sein Reich vererben würde. Und das lag nicht einmal daran, dass die Gültigkeit der Ehe seiner Eltern nicht gänzlich unzweifelhaft war. Solche Bedenken ließen sich ausräumen – notfalls mit einem Heer aus Panzerreitern. Doch Thankmar wusste, dass ihm etwas fehlte, um ein guter Herrscher zu sein. Vielleicht war er einfach zu bequem. Im Grunde war er durchaus zufrieden mit der Aussicht, beim Tod des Königs die weitreichenden und einträglichen Ländereien seiner Mutter zu erben. Und auch Henning fehlte etwas. Der Bengel mochte erst zehn Jahre alt sein, aber man konnte heute schon erkennen, dass er ein schwacher Charakter war. Henning brauchte immer jemanden, der ihm sagte, was er tun sollte. Er war verzagt und leicht kränkbar, ständig bemüht, sich bei denen einzuschmeicheln, die er fürchtete – allen voran Graf Siegfried, Geros Bruder, der sein Erzieher war –, und weil er sich seiner Furcht schämte, drangsalierte er die Sklaven, um sich stark und mächtig zu fühlen. Kurzum, Henning war ein kleiner Drecksack und würde es immer bleiben. Brun war der Kirche versprochen.
    Blieb nur Otto.
    »Schlag dir deine Zweifel aus dem Kopf«, befahl der König. »Es ist beschlossene Sache.«
    »Nein, halte fest an deinen Zweifeln«, sagte Editha. Es war der König, dem zu widersprechen sie die Stirn hatte, aber Otto, den sie anschaute. Was ihr über die Lippen kam, klang immer sanft, aber Thankmar wusste bereits, dass sich zwischen all den Rosenblättern ihrer Worte oft Dornen versteckten. »Es ist völlig normal zu zweifeln. Sogar unser Herr Jesus Christus hat gezweifelt, als seine Aufgabe ihm zu schwer schien. Verbirg deine Zweifel vor deinen Feinden, aber nicht vor dir selbst oder vor Gott, denn sie machen einen klügeren Mann aus dir , hat mein Großvater immer gesagt.«
    »Was für ein Firlefanz«, knurrte der König.
    »Sagt das nicht«, wiedersprach Thankmar. Er leerte seinen Becher und erhob sich. »Ich meine, seine Zweifel haben Edithas Großvater weit gebracht. Immerhin nennen sie ihn Alfred ›den Großen‹, nicht wahr? Ihr hingegen, mein König, habt in Eurem ganzen Leben keinmal innegehalten, um auch nur für einen Lidschlag an eurem Weg zu zweifeln, und seid einfach nur König Heinrich. Ein guter König, ganz gewiss, aber dennoch.« Er verneigte sich lächelnd vor seinem Vater, nickte seiner Stiefmutter zu und lud Egvina mit einem Zwinkern in sein Bett ein – alles in einer einzigen, fließenden Bewegung –, ehe er sich zur Tür wandte. Über die Schulter sagte er: »Falls es die Zweifel sind, die den Unterschied zwischen einem guten und einem großen König ausmachen, hat unser Otto jedenfalls beste Aussichten auf einen hübschen Beinamen.«

Quedlinburg, September 929
    »Messer! Fibeln! Gürtelschnallen! Alles aus eigener Schmiede! Kommt und schaut … Wie wär’s mit einer hübschen Fibel für diesen eleganten Mantel, edler Herr?«
    Der Händler hatte sich Otto in den Weg gestellt, sodass der ihn beiseitestoßen oder stehenbleiben musste. Er entschied sich für Letzteres, weil ihm die Schnalle ins Auge gefallen war, die der Mann in der Linken hielt.
    »Was soll sie denn kosten?«, fragte der Prinz und zeigte mit dem Finger darauf.
    »Nur

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