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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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darunter litt, an jedem Augenblick des Tages.
    Er schrieb, dass sich Charlie bei ihm gemeldet hatte. Dass Lucas angerufen und gesagt hatte, ich sei in London. Dass Charlie und Lucas versucht hatten, ihn zu überreden, ebenfalls nach London zu kommen und sich mit mir zu treffen.
    Er schrieb, dass er das Treffen mit Charlie abgesagt hatte. Dass dies eine Angelegenheit zwischen ihm und mir, nicht zwischen Charlie und Lucas und allen anderen sei. Das war unsere Ehe.
    Er schrieb, dass er seinen Boss, seinen Freund, gebeten hatte, ihn zu der Konferenz nach London zu schicken, obwohl der Job bereits einem Kollegen zugesagt worden war. Dass er, als sein Boss Ja gesagt hatte, das Datum der Konferenz als Deadline für sein Manuskript genommen hatte, damit er es für mich in London hinterlegen konnte.
    Dann beschrieb er unsere Hochzeit. Seinen Spaziergang, allein, am Morgen. Wir hatten die Nacht vor unserer Hochzeit nicht getrennt verbracht. Wir wollten zusammen sein. An jenem Morgen war unser Apartment voller Menschen gewesen: Mum, Jess, meine Freunde aus Canberra und Melbourne, der Friseur, die Floristin und irgendwann auch der Caterer. Das Wetter war traumhaft gewesen. Aidan war um den See spaziert. Und hatte sich daran erinnert, wie er mir begegnet war, sich in mich verliebt, mich gebeten hatte, ihn zu heiraten. Wie sicher er sich war, dass er sein Leben mit mir verbringen, mit mir eine Familie gründen wollte. Unsere Familie. Er schrieb, dass er zurückgekommen war und alle gerufen hatten: »Er ist wieder da! Ihr könnt die Suche abblasen!« Und dann, schrieb er, hatte ich aufgesehen, während der Friseur noch letzte Hand an meine nostalgische Hochsteckfrisur anlegte. Ich hatte seinen Blick im Spiegel aufgefangen und lautlos gefragt: »Alles okay?«
    Er hatte Ja gesagt. Gelächelt und Ja gesagt. Zwei Mal.
    Daran erinnerte ich mich.
    Vor mir lag die letzte Seite.
    Dort ging es nicht um Felix. Es ging nicht um London, Washington, um Aidans oder meine Arbeit, seine oder meine Familie. Auf der letzten Seite ging es nur um unsere Hochzeit. Um etwas, was sich ganz am Ende dieses Tages ereignet hatte.
    Ich erinnerte mich in aller Deutlichkeit.
    Es war nach Mitternacht gewesen. Endlich waren alle Gäste verabschiedet und wir zu Hause, in unserem Schlafzimmer. Wir waren auf das Bett gefallen, Hand in Hand, ich noch in meinem cremefarbenen Hochzeitskleid, er noch in seinem dunklen Anzug. Wir waren unglaublich erschöpft und glücklich gewesen. Wir hatten so viel geredet und gelacht und getanzt. Es war der perfekte Tag gewesen.
    Als wir dort gelegen hatten, hatte Aidan einen der Sprüche aufgesagt, die wir für die Zeremonie ausgesucht hatten. Charlie hatte sie ganz wundervoll vorgetragen. Ich hatte mich erstaunt aufgesetzt. Und Aidan unterbrochen.
    »Hast du das auswendig gelernt?«
    »Natürlich.«
    »Um Charlie für den Notfall zu soufflieren?«
    Aidan hatte gelächelt und den Kopf geschüttelt. »Weil es so wunderschön ist.«
    Wir hatten jeder ein Zitat gewählt. Aidan ein Gedicht von W. B. Yeats, Er wünscht sich die Kleider des Himmels , mit dem hinreißenden Schlussvers: Tritt sanft, du trittst ja auf meine Träume . Meine Wahl hatte mich selbst erstaunt. Ich hatte die Worte auf so vielen Hochzeiten gehört, in einem Jahr fünf Mal. Damals hatte ich mir vorgenommen, einen anderen Vers zu nehmen, sollte ich jemals heiraten. Der Spruch war viel zu populär. Es war eine Stelle aus der Bibel, und ich war nicht besonders religiös. Doch als der Tag näher rückte, gingen mir die Worte immer wieder durch den Kopf. Sie sagten alles, was ich mir für uns erhoffte.
    Als Charlie am Abend vor unserer Hochzeit eintraf, zeigte ich ihm den Text. Wir hatten uns gewünscht, dass er mit der ganzen Familie kommt, aber er hatte gesagt, dass er sparen müsse, weil sie einen langen gemeinsamen Urlaub in Australien planten, sogar mit dem Gedanken spielten, eines Tages hier zu leben.
    Ich hatte erwartet, dass er meine Wahl als kitschig, als abgedroschen abtun würde. Er hatte den Text gelesen, aufgeschaut und gelächelt. »Eine gute Wahl. Diese Verse haben Lucy und ich auch genommen.«
    Das hatte ich damals schon vergessen. Ihre Hochzeit lag zwölf Jahre zurück. Damit war es besiegelt.
    Charlie hatte die Worte bei unserer Hochzeit so schön vorgetragen. Ich hatte ihn die ganze Zeit beobachtet, doch als er an die letzte Zeile kam, hatte ich zu Aidan geschaut. Und Aidan zu mir.
    In jener Nacht in unserem Schlafzimmer hatte er die Worte

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