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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Dieb oder Krimineller. Auf mich wirkten alle wie – wie aufgeweckte, intelligente Studenten bei einem gemeinsamen fröhlichen Abendessen.
    »Genug des müßigen Geredes über Politik«, sagte Lucas, nachdem ich Suppenteller und Komplimente entgegengenommen hatte. »Warum erzählt ihr Ella nicht ein wenig über euch?«
    »Vermittelt durch ein Lied?«, fragte Darin, der Sprachlehrer. »Lasst mich meine Laute holen.«
    Peggy, die neben ihm saß, grinste. »Ich fang an. Ich stamme aus Newcastle, Ella, daher der komische Akzent. Meine Hobbys sind Katzen, Puzzles und die Rettung der Welt. Und wenn ich groß bin, will ich einen Fußballspieler heiraten und nie mehr arbeiten.«
    »Das mit dem Fußballspieler ist gelogen«, sagte Harry, der Biochemiker aus Liverpool. »Selbst unter Gewaltandrohung könnte sie kein einziges Team beim Namen nennen. Ich bin hier der Sportfan, Ella. Ich habe im Kricket einen durchschnittlichen Run von fünfunddreißig, ein phänomenales Gedächtnis für Rugby-Ergebnisse und überhaupt ein sehr charmantes Wesen.«
    Als Nächstes war Mark an der Reihe. »Ich bin Einzelkind, ein vereinzeltes Geschöpf. Ich wander’ einsam wie die Wolke. Ich komme aus Brighton, County East Sussex. Hauptattraktionen: ein abgebrannter Pier und ein steiniger Strand. Ich empfehle es dringend für einen Tagesausflug. Aber nur mit Rückfahrticket.«
    »Seid ihr sicher, dass ich nicht doch meine Laute holen soll?«, meinte Darin. »Ich fasse mich auch kurz. Höchstens zehn Verse.«
    »Zehn Verse zu viel, Darin«, erwiderte Peggy. »Du bist dran, Ella.«
    »Ella ist im Dienst«, sagte Lucas sanft. »Wir wollen sie doch nicht ablenken, sonst bekommen wir nichts mehr zu essen.«
    Während des Hauptgangs wechselten die Gesprächsthemen von wissenschaftlichen Debatten über griechische Geschichte und Shakespeare-Zitate zur jüngsten Pop-Sensation auf YouTube. Vielleicht spielten sie sich vor mir auf, doch mir war, als würde ich einer interessanten Radiosendung lauschen, so geistreich, so witzig und intelligent war die Konversation. Ich musste mich ermahnen, den Zweck dieses Abends nicht aus den Augen zu verlieren: Ich saß nicht dort, um die interessante Gesellschaft zu genießen, sondern um den einen unter ihnen auszusondern.
    Als ich den Kaffee servierte, kamen sie auf ihre Schüler zu sprechen. Nicht die schlauen, erfolgreichen. Die anderen. Lucas bestand auf absoluter Vertraulichkeit, außerhalb der Mauern seines Hauses. Schließlich hatten viele Schüler prominente Eltern. Aber im Esszimmer, im privaten Kreis, gab es keine Schonzeit.
    So erfuhr ich von Cassandra, einer Vierzehnjährigen, die Mark in Mathematik und Darin in Spanisch und Italienisch unterrichteten. Sie befand sich wieder in einer schwierigen Phase, erzählten beide Lucas. Ihr Vater – ein Rockstar, so entnahm ich dem Gespräch – war seit einer Woche nicht nach Hause gekommen, und er war nicht auf Tour. Cassandras Mutter hatte sich ins Bett zurückgezogen und schlief oder kiffte fast den ganzen Tag. Cassandra spielte während des Unterrichts nur mit ihrem Handy, falls sie sich überhaupt dazu herabließ zu erscheinen. Lucas hakte nach und machte sich Notizen.
    Harry erzählte von einem anderen Teenager, dem Sohn eines Merchant Bankers, der die letzten Prüfungen wieder nicht bestanden hatte, trotz Nachhilfe bei Harry, Peggy und Darin.
    »Ich habe das mir Mögliche getan, Lucas«, sagte Harry, »aber das ändert nichts an der Tatsache. Der Junge ist so dumm wie Brot.«
    »So etwas sagen wir in diesem Haus nicht«, protestierte Lucas.
    »Tut mir leid, aber es ist wirklich so, Lucas«, sagte Peggy. »Ich habe mit jedem nur erdenklichen Trick versucht, ihm Hamlet näherzubringen, aber bei dem Jungen bleibt nichts hängen.«
    »Ich finde nicht, dass er blöd ist«, widersprach Darin. »Sondern faul und verzogen. Mir hat er mal gesagt, er bräuchte sowieso nicht zu lernen oder zur Uni zu gehen. Sein Vater würde ihm schon einen Job besorgen, mit oder ohne Abschluss.«
    »Mit dieser neuen Schülerin aus Mayfair ist es ähnlich«, warf Peggy ein. »Ich hatte mit ihr diese Woche drei zusätzliche Termine, Lucas, wie du vorgeschlagen hast, aber es ist, als müsste man einen Stein bergauf rollen. Auch wenn ihr Vater den Booker- oder den Pulitzer-Preis gewonnen hat, sie selbst bringt keinen zusammenhängenden Satz heraus. Sie kann kaum buchstabieren. Sie hat auch kein Interesse daran. Sie will mit Pferden arbeiten und sonst gar nichts.«
    »Mach erst einmal so

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