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Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Hyde Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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Verbrechen auf immer gleiche Weise aufgeklärt: Man verkleidete sich oder versteckte sich und wartete, bis der Verdächtige, oder, in meinem Fall die Verdächtigen, einen groben Fehler begingen.
    Ich hatte meine Zweifel, ob das diesmal funktionieren würde. Ich war nun seit drei Tagen bei Lucas, und die Studenten waren mir noch nicht einmal begegnet. Natürlich hatte mein immer noch unregelmäßiger Schlafrhythmus nicht geholfen. Wenn ich aufstand, waren alle fort, nur das schmutzige Geschirr verriet, dass sie gefrühstückt hatten. Aber abends waren sie auch nicht zu Hause, vermutlich lernten oder unterrichteten sie. Ich hörte die gedämpften Stimmen, wenn sie spät nach Hause kamen, doch das war auch nicht der geeignete Moment, um mich ihnen vorzustellen. Und so hatte ich beschlossen, ein Dinner zu veranstalten.
    Am Abend zuvor hatte ich an Lucas’ Tür geklopft. Er telefonierte, winkte mich jedoch herein und beendete das Gespräch sofort.
    »Was hasse ich diese überfallartigen Anrufe«, sagte er. »Glauben die im Ernst, man würde aufgrund eines Werbeanrufs ein neues Dach erstehen?«
    »Du brauchst tatsächlich ein neues Dach. Ich meine, es hätte heute Nacht durchgeregnet.«
    »Ich setze es auf die Liste«, meinte er grinsend. »Also, Ella, wie kommst du mit deinen Nachforschungen voran?«
    Mehr schlecht als recht, hatte ich zugegeben und ihm von meiner Idee mit dem Abendessen erzählt. Lucas fand den Plan hervorragend.
    »Aber wie soll ich die Studenten einladen?«, erkundigte ich mich. »Soll ich einen Zettel unter der Tür durchschieben? Und weißt du, ob jemand Allergiker oder Vegetarier ist?«
    Zu meiner Verblüffung holte Lucas sein Smartphone hervor und schrieb eine Nachricht. Zwei Minuten später waren vier Antworten gekommen. Alle hatten Samstagabend Zeit und, nein, keine Allergiker, keine Vegetarier.
    »Jetzt schau nicht so fassungslos, Ella.«
    Auf dem Weg zur Tür blieb ich stehen. »Lucas, deine Studenten … wissen sie …«
    »Sie wissen, dass du meine Nichte bist. Und als Redakteurin gearbeitet hast. Mehr müssen sie nicht wissen.«
    Ich plante das Essen in aller Ruhe. Samstag ging ich einkaufen, putzte und begann mit den Vorbereitungen für mein Drei-Gänge-Menü: Kräuter-Pilz-Suppe, gegrilltes Hähnchen, dazu ein kompliziertes Kartoffelgratin sowie vier verschiedene Gemüsesorten und abschließend Schokoladenpudding. Als es dämmerte, deckte ich im Esszimmer. Ich machte den Kamin und einige Kerzen an, stellte Lucas’ bestes Porzellan auf den Tisch, entkorkte den Wein und polierte die Gläser. Um zehn vor sieben kehrte Ruhe ein. Alles war bereit. Essensduft zog durch das Haus. Zwei Minuten nach sieben waren alle da. Lucas’ Studenten waren nicht nur klug, sondern auch sehr pünktlich.
    Lucas übernahm die Vorstellungsrunde. »Das ist Ella, eure neue Lehnsherrin, Köchin und Haushälterin. Wenn es in diesem Haus von nun an nichts zu essen gibt, beklagt euch bei ihr und nicht bei mir.«
    »Keine Cornflakes mehr zum Abendessen?«, fragte das pinkhaarige Mädchen. »Ein dreifaches Hoch auf Ella!«
    Im Geiste kombinierte ich die Studenten mit ihren Lebensläufen. Peggy mit den pinkfarbigen Haaren – die Literaturstudentin aus Newcastle. Harry, groß und dürr – der Biochemiker aus Liverpool. Darin, attraktiv, klein, iranischer Herkunft – Sprachen. Mark, stämmig, Sommersprossen, Brille – der Mathematiker aus Brighton.
    Während der ersten halben Stunde füllte ich den Aperitif nach und bemühte mich um Small Talk. Es half mir sehr, dass Lucas da war. Es fühlte sich beinahe normal an. Ich hatte vollkommen vergessen, wie schön es war, unter plaudernden Menschen in einem gemütlichen Zimmer zu stehen, mit einem Wein im Glas und einem guten Essen auf dem Herd. Ich hatte viele Abende als Kellnerin gearbeitet, sicher, doch das war etwas anderes.
    Um halb acht nahmen alle ihre Plätze ein. Ich servierte den ersten Gang, die Suppe. Die Hilfsangebote lehnte ich ab.
    »Daran könnte ich mich gewöhnen«, sagte Harry.
    »Das habe ich schon«, sagte Mark und schüttelte seine Serviette auseinander.
    Beim Essen redeten und scherzten alle miteinander, auch mit Lucas. Sie hatten offenkundig ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Die Unterhaltung war in vollem Gange. Es hatte sich eine informierte und leidenschaftliche Diskussion über den jüngsten politischen Skandal und Großbritanniens Haltung zur EU entsponnen. Ich verhielt mich ruhig, lauschte und beobachtete. Auf mich wirkte niemand wie ein

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