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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Zuerst fällt es Isabella leicht, sie zu ignorieren, doch dann beginnen sie mit rauher Stimme zu singen. Schmutzige Lieder. Sie ist sich schmerzlich bewusst, dass sie die einzige Frau ohne Begleitung ist. Sie stellt die Füße wieder aufs Deck, den Koffer dazwischen.
    Sie legt den Kopf zurück und schließt die Augen, will sich von dem ruhigen Wasser wiegen lassen, doch die Männerstimmen sind hart und laut, und sie begreift, dass es eine sehr lange Nacht werden wird.
    Dann dringt eine Frauenstimme durch den Lärm. »Ihr erlaubt doch?«
    Isabella öffnet die Augen und sieht eine wunderschön gekleidete Frau von Ende dreißig an der Treppe zwischen Deck und Salon stehen. Sie ist angenehm gerundet, wie es nur reiche, wohlgenährte Frauen sind, hat kastanienbraunes Haar und einen hübschen Mund. Sie trägt ein gut geschnittenes Blusenkleid mit großem Kragen und weiten Ärmeln und hält einen Stock mit silberner Spitze in der Hand. Die Autorität in ihrer Stimme reicht aus, dass sich die Männer mit offenem Mund zu ihr umdrehen.
    »Ich kann jedes schmutzige Wort hören, das ihr hier singt, und bin davon gar nicht angetan«, sagt sie und deutet mit dem Stock auf die Männer. »Was würden eure Mütter denken, wenn sie euch so sehen könnten?«
    Dümmliche Blicke, gemurmelte Entschuldigungen. Die Frau schaut sich an Deck um und entdeckt Isabella, worauf sie neugierig eine Augenbraue hochzieht und herüberkommt. »Warum sind Sie allein hier? Haben Sie keinen Vater oder Ehemann?«
    Verblüfft sucht Isabella nach Worten. »Keins von beidem.«
    »Warum sind Sie allein unterwegs?«
    Sie will nicht verraten, dass sie einen Koffer voller Schmuck bei sich hat. »Ich reise nach Brisbane. Zu einer … geschäftlichen Verabredung.«
    »Geschäft? Welches Geschäft?«
    »Es ist privat … persönlich«, sagt Isabella rasch.
    Trotz der knappen Antwort wird die Frau nachgiebiger. »Eine Geschäftsfrau, was? Und Sie können sich nur einen Platz an Deck bei diesen Grobianen leisten?«
    Isabella nickt.
    Die Frau streckt ihr eine weiche Hand entgegen, die sie neugierig ergreift. Dann wird sie auf die Füße gezogen.
    »Kommen Sie. Sie können sich zu mir und meinen Freunden in den Salon setzen.«
    »Dafür habe ich keine Fahrkarte.«
    »Das ist nebensächlich. Ich kümmere mich darum. Ich bin Berenice. Eigentlich Lady McAuliffe, aber Sie können mich Berenice nennen.«
    »Mary Harrow«, sagt sie und folgt ihr mitsamt dem Koffer.
    »Mary Harrow, ich hoffe, Sie haben Ihre Lektion gelernt. Die fünfundzwanzig Shilling für eine Karte im Salon lohnen sich immer .«
    Isabella wird die Treppe hinunter in den Salon geführt, der von Dutzenden Kerzen erleuchtet wird. An beiden Enden befindet sich eine halbrunde, mit Leder bezogene Sitzbank. Dazwischen steht ein großer Tisch, der mit Essen beladen ist: gebratener Truthahn und Kartoffeln, Porzellanschüsseln voller Erbsen und Soße. Gutgekleidete Menschen sitzen an kleinen, runden Tischen und spielen Karten. Die Atmosphäre ist ruhig und angenehm.
    Der Steward stürzt sich auf sie, sowie sie den Fuß auf den Teppich setzt. »Sie dürfen hier nicht rein.«
    Berenice winkt ihn mit einer Handbewegung weg. »Unsinn. Ich weiß, dass es noch eine freie Koje gibt, darin wird Miss Harrow schlafen. Sie wird essen, wofür meine Freunde und ich bezahlt haben, und Sie werden kein Wort darüber verlieren.«
    »Aber sie hat eine Fahrkarte fürs Deck.«
    Nun ist Berenice’ Leichtigkeit verschwunden. Ihre Stimme klingt stählern. »Ja, und da oben ist ein Haufen monströser lärmender Männer, die ich schon zum Schweigen bringen musste, weil Sie Ihre Arbeit nicht tun.«
    Es sieht aus, als wolle er noch etwas sagen, doch Berenice drückt ihm entschlossen den Finger auf den Mund. »Diese junge Frau reist allein nach Brisbane. Ich werde nicht dulden, dass sie zwischen diesen Grobianen sitzen muss. Kein Wort mehr darüber, sonst betrachte ich Sie nicht mehr als Gentleman.«
    Der Steward fügt sich wütend in sein Schicksal. Berenice lächelt Isabella augenzwinkernd zu. »Ich bekomme immer meinen Willen. Nun, möchten Sie etwas essen?«
    Isabella füllt einen kleinen Teller, während Berenice sie mit ihren Freunden bekannt macht: zwei Frauen und ein stämmiger Mann mit einem schelmischen Grinsen. Sie begrüßen sie zwanglos und reden und lachen weiter, als wären sie schon ein Leben lang miteinander befreundet. Aus dem Gespräch schließt Isabella, dass Lady McAuliffe eine reiche Witwe ist, deren Mann, der Sohn

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