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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Was hat Berenice ihr geschickt? Von der Größe her muss es mehr als eine Einladung sein, die sie auch ohne weiteres als Telegramm hätte senden können. Es ist in braunem Papier verpackt und mit einer Kordel verschnürt. Sie steht auf und geht an ihm vorbei, steigt die Treppe hinunter in den Wohnraum, wo sie am Nachmittag weiterarbeiten wird. Sie setzt sich auf den Boden in ihre übliche Position und löst die Kordel. Sie schlägt das Papier auseinander und entdeckt ein Kleid in einem dunklen Rosaton. Als sie es entfaltet, fällt eine Karte heraus.

    Meine liebe Mary,
    Sie sind natürlich zu meinem jährlichen Frühlingsball eingeladen, der am 15. September um sieben Uhr abends im Ballsaal des Bellevue Hotels in der George Street beginnt. Ich bestehe darauf, dass Sie Ihren Freund mitbringen. Ich habe ein Kleid beigefügt (eins von meinen, das Adelaide für Sie abgeändert hat), das Sie gerne tragen können, falls Sie nichts anderes besitzen.
    Mary, ich habe für Sie und Ihren Freund eine Suite mit zwei Zimmern im Bellevue Hotel angemietet, dem besten Hotel in Brisbane. Wenn Sie so freundlich wären, mein Gast zu sein, werde ich dafür sorgen, dass man Ihnen um vier Uhr nachmittags am Tag vor dem Ball den Tee in Ihrem privaten Speisezimmer serviert. Bei dieser Gelegenheit werden mehr als ein Dutzend meiner Freundinnen nur zu gern Ihren Schmuck in Augenschein nehmen.
    Mit den herzlichsten Grüßen,
    Berenice

    »Du fährst also wieder dorthin?«, fragt Matthew in leichtem Ton, obwohl Isabella weiß, dass er sich bei dem Gedanken alles andere als leicht fühlt .
    » Wir fahren dorthin.« Sie zeigt ihm die Einladung.
    Matthew schüttelt sofort den Kopf. »Nein, nein. Ich kann den Leuchtturm nicht verlassen.«
    »Unsinn. Selbst Leuchtturmwärter haben mal Urlaub, oder? Kann nicht jemand anderes für ein paar Nächte das Licht bewachen?«
    »Nein. Doch, schon. Wenn ich es bei der Regierung beantrage, schicken sie einen Vertreter, aber uns bleiben nur zwei Wochen und … es ist zu gefährlich, Isabella. Ich eigne mich nicht für solche Gesellschaft. Wir als Paar eignen uns schon gar nicht.«
    »In Brisbane kennt dich niemand«, sagt sie und versucht, nicht hitzig zu klingen.
    »Aber wir sind nicht verheiratet. Wir sollten nicht zusammen reisen, als ob …«
    »Berenice hat mehrere Zimmer gemietet. Wir werden auf dem Dampfer getrennte Kojen haben. Menschen werben umeinander. Darauf folgt eine Verlobungszeit, und währenddessen dürfen sie einander treffen. Vergiss nicht, wir leben im 20. Jahrhundert. Frauen werden bald das Wahlrecht bekommen, und dann wagt es niemand mehr, eine Frau zu verurteilen, nur weil sie mit irgendjemandem zusammen reist. Außerdem«, sie senkt die Stimme, »leben wir hier ohnehin unverheiratet zusammen. Das weißt du doch. Weshalb befürchtest du, dass man dir genau das vorwerfen könnte?«
    Sie ist zu weit gegangen, und Matthew errötet bis in die Haarwurzeln vor Scham und Zorn. Er wendet sich ab, knurrt etwas und steigt die Treppe hinunter. Dann schlägt er die Tür des Telegrafenraums zu. Ihr Herz hämmert, und sie holt tief Luft und versucht, sich zu beruhigen. Es ist nicht schlimm, wenn Matthew nicht mit ihr reisen will. Sie wird es überleben. Sie wird nach vorn blicken.
    Doch irgendetwas in ihr sehnt sich so sehr nach seiner Gesellschaft, mit ihm zu tanzen, als wären sie ineinander verliebt und ein richtiges Paar. Sie möchte mit ihm vor Berenice angeben, der seine ruhige, praktische Art und vor allem seine attraktive Männlichkeit gefallen würden.
    Nein, das ist eine alberne Phantasie. Er wird nicht mitkommen. Sie steht auf und schüttelt das Kleid auseinander, hält es vor sich und bewundert die Seide und die teure Spitze. Doch die Vorstellung, es auf dem Ball zu tragen, ist schal geworden. Sie möchte für Matthew schön aussehen, nicht für irgendwelche Fremden.
    Sie zieht ihr Kleid aus, steigt in das Ballkleid und schnürt es fest zu. Dann löst sie die Haare, bis sie auf die Schultern fallen, dreht sich einmal um sich selbst und versucht, in der Vitrine ihr Spiegelbild zu sehen. Sie erhascht einen Blick auf ihre Taille, den Kontrast zwischen weißer Haut und der auffallenden Farbe des Stoffes. Dann geht sie nach unten zu Matthew.
    Die Tür zum Telegrafenraum steht offen, aber er ist nicht da. Neugierig begibt sie sich ins Schlafzimmer. Er steht mit dem Rücken zu ihr vor der Kiste mit den alten Kleidern.
    »Matthew?«
    Er dreht sich zu ihr um und lächelt. »Du bist

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