Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
am Geländer fest, wenn wir nach oben gehen. Die Treppe ist ein bisschen wacklig.«
Die Stufen waren schmal und steil, fast wie bei einer Leiter. Sie hielt sich am Geländer fest, als sie Damien durch die Luke in den nächsten Stock folgte. Der kreisförmige Raum wurde von Laternen mit Kerzen erhellt. Auf dem Boden lagen eine Matratze, Decken und ein großer Rucksack, außerdem gab es einen zerkratzten Schrank und zwei Kisten, aus denen Papiere quollen.
Damien deutete auf die Matratze. »Das ist leider der einzige Sitzplatz.«
Libby hockte sich auf die Ecke und schaute sich im Kerzenlicht um. »Ich verstehe nicht ganz. Wohnst du hier?«
»Nicht ständig. Und nicht mehr lange, hoffe ich.«
»Wie kochst du denn? Und wo duschst du?«
»Am Strand gibt es jede Menge öffentliche Toiletten und Duschen, und ich ernähre mich sehr einfach. Manchmal benutze ich die Gasgrills im Park hinter dem Surfclub. Schade, dass sie die ursprüngliche Unterkunft des Leuchtturmwärters abgerissen haben. Als ich ein Kind war, gelangte man durch die Tür, die jetzt zugenagelt ist, in zwei kleine Räume.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber es ist schon in Ordnung. Ich komme zurecht.«
Sie schaute ihn an. Er saß ganz in ihrer Nähe auf dem Boden und hatte die Knie unters Kinn gezogen. »Ich habe dich kaum wiedererkannt.«
Er streckte den rechten Arm aus und drehte die Handfläche zum Licht. »Weißt du noch?« Er zeigte ihr eine tiefe weiße Narbe an seinem Unterarm, und Libby fiel es sofort wieder ein. Eines Abends hatte er sich in der Küche zu schaffen gemacht und war gegen den Vorratsschrank gefallen, wobei ein Honigglas zerbrach. Eine Scherbe war in seinem Unterarm stecken geblieben. Juliet hatte damals noch keinen Führerschein, und Libby musste beide zum Krankenhaus fahren.
»Aber ja. Die Nacht voll Blut und Honig. Ich habe die Flecken nie wieder aus dem Autositz bekommen.«
Er schlang den Arm ums Knie. »Wie geht es Juliet?«
»Sie ist … na ja … ich bin gerade erst nach Lighthouse Bay zurückgekommen. Es scheint ihr gutzugehen.«
»Hat sie Andy Nicholson geheiratet? Ich weiß noch, wie sie eines Abends erzählt hat, sie seien verlobt. Es hat mir das Herz gebrochen. Ich habe so für sie geschwärmt. Aber das war unmittelbar bevor Mum und ich weggezogen sind, also weiß ich nicht, was danach passiert ist.« Er lächelte, doch als er ihren Blick sah, wurde er ernst.
»Andy ist gestorben.«
»Das ist ja furchtbar.«
»Am Tag vor der Hochzeit. Er … er ist ertrunken. Unmittelbar draußen vor dem Surfclub.«
»Was für ein Alptraum.«
Jede Einzelheit war ein Alptraum. Es war zwanzig Jahre her, und dennoch erinnerte sie sich, als wäre es gerade erst geschehen. »Die beiden waren bis über beide Ohren verliebt. Ich meine, wer sonst würde mit achtzehn heiraten wollen? Aber sie und Andy waren zusammen, seit sie auf der Highschool waren, und Dad war einverstanden, und Juliet … sie hat Andy so sehr geliebt.« Ihre Stimme versagte, und die Schuldgefühle überkamen sie wie eine plötzliche Übelkeit.
Damien nickte feierlich. »Ist sie denn jetzt glücklich? Ist es gut für sie gelaufen?«
»Sie hat nie geheiratet oder Kinder bekommen. Aber ihr gehört die Teestube, und sie managt sie und das B & B ganz allein. Sie ist sehr erfolgreich.« Libbys Worte klangen hohl, und das wusste sie. Das Einzige, was Juliet sich gewünscht hatte, war eine Familie. »Na los. Wir haben lange genug über traurige Sachen geredet. Sag mir, warum du hier bist.«
»Es gibt zwei Gründe.« Er lehnte sich auf den Unterarmen zurück. »Zum einen weiß ich nicht, wo ich sonst hingehen sollte. Ich habe einfach …« Er zuckte mit den Schultern. »Eine schwierige Zeit hinter mir, könnte man sagen. Es ist nicht so gelaufen, wie ich gehofft habe, also bin ich zurückgekommen.«
»Das kann ich verstehen. Aber warum lebst du hier, ohne Strom?«
»Mein Geld liegt im Moment auf Eis, juristische Angelegenheiten, und ich bin gerade arbeitslos. Im Augenblick will ich einfach nicht arbeiten. Aber das ist alles nur vorübergehend. Ehrlich. Ich will draußen sein, solange es noch warm ist.«
Libby dachte darüber nach. Sie fragte sich, welche juristischen Angelegenheiten er wohl meinte. War er ein Kleinkrimineller? Er war fast dreißig, hatte keinen Job und wohnte illegal in einem Leuchtturm. »Was ist der zweite Grund?«
»Erinnerst du dich noch an Pirate Pete?«
»Den verrückten alten Leuchtturmwärter?«
Damien zuckte zusammen. »Genau den.
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