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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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einfacher für Xavier sein, wenn sie rasch und leise geht. Sie kann es irgendwie gutmachen. Sicher. Bitte, Gott, lass es nicht vorbei sein. Lass es nicht vorbei sein.
    »Es tut mir leid«, sagt sie zu allen, am meisten aber zu sich selbst. Denn es tut ihr sehr, sehr leid, dass sie so blind gehandelt hat.
    Xavier beginnt zu schreien. »Mary! Mary!« Katarina schaut ihn an, verblüfft, ihn sprechen zu hören. Isabella geht, so schnell sie kann, wobei ihr die Stimme des Kindes die Treppe hinunter und bis in den Abendschatten folgt.
    »Mary! Mary!« Der Wind und das Meer verzerren den Namen, und es klingt wie »Mami! Mami!«. Und sie muss weg von hier. Ihr bleibt nichts anderes übrig. Sie kann nichts tun. Gar nichts. Er ist weg. Es ist vorbei. Ihre Knie zittern.
    Sie wendet sich zum Leuchtturm.

    Er scheint eine Million Meilen entfernt, dabei ist es nur eine einzige. Der Regen prasselt nieder. Wolken verdecken die Sterne. Der Wind heult, das Meer donnert, ihr schluchzendes Herz dröhnt. Und die ganze Zeit über scheint Matthews Licht hell und klar über das Meer. Sie stolpert den Weg hinauf, Schlamm in den Schuhen, kalter Regen und heiße Tränen, und hämmert an seine Tür.
    Sie wartet.
    Sie hört Schritte auf der Treppe. Dann geht die Tür auf, und er steht da, und sie fällt in seine Arme. Er zögert. »Ich habe ihn verloren.« Dann legen sich Matthews Arme eng um sie, und er hat den Kopf in ihrem Haar, und er küsst sie auf den Kopf. »Mein hübscher Vogel«, murmelt er. Nie gekanntes Begehren erwacht in Isabella. Matthew greift über sie hinweg, um die Tür zu schließen, um Wind und Regen auszusperren. Ihre Kleidung tropft, also löst sie die Knöpfe an ihren Handgelenken und das Band an ihrer Kehle. Matthews Hände bewegen sich im Einklang mit ihren, ziehen ihr die nassen Kleider aus. Sie fallen in einer Pfütze auf den Boden, und seine warmen Finger fahren über ihr kaltes Schlüsselbein. Sie bekommt eine Gänsehaut, alles kribbelt, ihre Brustwarzen richten sich auf und werden hart. Er greift nach unten und hebt sie hoch, als würde sie gar nichts wiegen, trägt sie in sein Schlafzimmer und bettet sie sanft auf die Decke. Der vertraute Geruch – sein Geruch: Mann und Seife – überwältigt sie, und sie schließt die Augen. Seine Lippen berühren ihre Kehle. Sie bäumt sich auf. Tränen laufen noch immer über ihre Wangen, tropfen aufs Kissen. Er küsst ihr Gesicht, wischt ihr die Tränen ab. Sie spürt sein Begehren, seinen heißen, angespannten Körper. Als sie die Augen öffnet, steht er nackt im Lampenlicht. Sie greift nach ihm. Sein Herz, ihr Herz, in makellosem Einklang.

    Viel später sagt er im Dunkeln: »Ich werde deine Schwester finden. Du kannst nicht bei mir bleiben. Du musst zu ihr fahren.«
    »Ich habe kein Geld. Ich habe alles verloren, das mir teuer ist.«
    »Ich habe den Amtsstab behalten.«
    Sie setzt sich auf und schaut ihn an. Seine Augen sehen schwarz aus.
    »Bist du wütend?«
    »Nein. Ich bin es müde, das Richtige zu tun. Wenn nötig, nehme ich mir auch etwas, das mir nicht gehört.« Und dabei denkt sie nicht nur an den Amtsstab. Sondern auch an Xavier.

Siebzehn
    2011
    N ach der Hektik des Nachmittagstees ging ein leichter Schauer nieder. Juliet zögerte, bevor sie nach draußen ging, aber die Wolken waren nur hellgrau. Immerhin würde sie allein am Strand sein. Sie mochte es gar nicht, wenn sie dort ständig über Kinder und Hunde stolperte.
    Ausnahmsweise hatte sie Cheryl und Melody die Verantwortung fürs Saubermachen und Abschließen übertragen. Das kam eigentlich nur einmal im Jahr vor. In der Anfangszeit war sie einmal in der Woche an den Strand gekommen, dann einmal im Monat. Doch die Trauer konnte nicht ewig dauern, und jetzt kam sie nur noch, weil es ihr falsch erschien, sich nicht an das Datum zu erinnern.
    Es war zwanzig Jahre her, dass Andy gestorben war.
    Juliet ging zu der Stelle, an der sie immer saß, oben im grasbewachsenen Teil der Dünen, von wo aus man auf den weichen weißen Sand hinunterblickte. Sie spannte den Regenschirm auf, setzte sich mit überkreuzten Beinen hin, holte tief Luft und schloss die Augen. Die Brise vom Wasser roch durchdringend nach Regen und Salz. Der Wind verfing sich in ihrem Haar und wehte es ihr ins Gesicht. Behutsam schob sie die Strähnen zurück.
    Hätte sie vor zwanzig Jahren an dieser Stelle gesessen, hätte sie alles mit ansehen können. Sie hätte die Scheinwerfer auf dem Parkplatz gesehen, deren Licht auf den Sand fiel, hätte

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