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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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deiner Verdächtigenliste?«
    »Es ist ziemlich schwierig, überhaupt eine aufzustellen, da uns von den drei Anhaltspunkten Zeit, Gelegenheit und Motiv wegen des unbekannten Todeszeitpunkts nur die Frage nach dem Motiv bleibt. Aber wir können es ja mal zusammen versuchen. Erstens: Karl Bolz und Norbert Böschen. Sie haben Elfi Rothammer gut gekannt, wurden aber, nach ihren eigenen Aussagen, von ihr betrogen. Außerdem vertuschen sie irgendetwas. Sie haben, so sicher wie das Amen in der Kirche, an diesen Unterlagen für die Rothammer-Stiftung herummanipuliert, wenn ich auch noch nicht weiß, wie und was. Und bei ihrer gesellschaftlichen Stellung haben beide eine Menge zu verlieren, wenn da etwas herauskommt. Zweitens, Tanja. Schnauf nicht, sie muss mit auf die Liste. Sie hat Frau Rothammer gekannt, sie hat in ihrem Haus gewohnt und hatte als Letzte Kontakt mit ihr. Motiv: bisher unbekannt. Wie heißt sie eigentlich mit Nachnamen?«
    »Wart mal, äh, Steinhübel. Sie heißt Steinhübel. Aber … na gut. Aber als Nächstes muss unbedingt Joschi Schneider auf die Liste. Er ist, soweit ich weiß, der einzige lebende Verwandte von Elfi und damit ihr Erbe. Allerdings …«
    »Allerdings?«
    »Er behauptet, überhaupt keine Tante zu haben und noch nie in Bamberg gewesen zu sein. Und da Karla und Elfi sich gehasst haben und Karla den Kontakt zu ihrem Bruder abgebrochen hatte, kann es schon sein, dass Joschi nie von dieser Tante erfahren hat. Und Elfi war auch nicht – wer hat mir denn das nur erzählt –, Elfi war auch nicht auf Karlas Beerdigung, sodass er also auch bei dieser Gelegenheit …«
    »Joschi gehört trotzdem zu den Hauptverdächtigen. Ich werde mich morgen früh als Erstes mit ihm in Verbindung setzen.«
    Als die leeren Suppenteller abgeräumt waren, holte Benno Papier und Bleistift aus der Innentasche seiner Jacke und schrieb die bisher gesammelten Namen auf.
    Hannas Bewunderung stieg: Benno hatte nicht nur saubere Papiertaschentücher in seinen Taschen, sondern sogar Schreibzeug.
    Benno machte einen Punkt hinter den letzten Eintrag auf seiner Liste und murmelte nachdenklich: »Wer käme denn sonst noch als Täter in Frage?«
    »Alle und keiner. Wie willst du denn die Menge potenzieller Täter eingrenzen?«
    »Nun, der erste Fixpunkt, von dem wir ausgehen müssen: Wir konzentrieren uns auf jemanden aus Frau Rothammers Bekanntenkreis. Ich glaube, den unbekannten Landstreicher, der vorbeigekommen ist, um sie mal schnell zu erwürgen, ohne etwas von den wertvollen Sachen mitgehen zu lassen, dürfen wir wohl vergessen.«
    »Aber das gleicht der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen: Halb Bamberg hat offenbar die Rothammers gekannt.«
    »Wir können den Kreis einengen, wenn wir das Motiv dazunehmen. Da gibt es die bewährten zwei Hauptbeweggründe für Morde: Geld oder Leidenschaft. Unter diesen Vorzeichen müsste es jemand sein, der wusste, dass Frau Rothammer reich war, und irgendwie die Möglichkeit hatte, an ihr Geld zu kommen, oder jemand, der sie gehasst hat, oder beides.«
    »Wer wusste denn von ihrem Vermögen?«
    »Nach Aussage von Franz van Vinden nur er und der Steuerbeamte. Die Nachbarn haben alle gesagt, dass sie sie für arm hielten. Eine Nachbarin hat ihr einmal aus Mitleid Essen gebracht. Aber sie berichtete empört, Frau Rothammer habe sie so angefahren, dass sie das nur einmal versucht hätte. Die junge Polizeibeamtin, die sie vernommen hat, schrieb ihre Äußerung wörtlich auf: ›Und wenn sie verhungert wäre, ich hätte mich nicht mehr um sie gekümmert.‹«
    »Wir jedenfalls müssen nicht verhungern«, stellte Hanna fest.
    »Schau dir diese Saiblinge an!« Die Filets, die gerade serviert wurden, lagen geborgen in der golden glänzenden Haut der geräucherten Fische, Kopf und Schwanz ragten noch über den Tellerrand. Während Hanna den ersten Bissen mit Sahnemeerrettich bestrich, überlegte sie laut: »Elfi hat also ihre Nachbarn bewusst auf Abstand gehalten. Aber meinst du nicht, Bolz und Böschen könnten über ihre Vermögensverhältnisse informiert gewesen sein?«
    »Das ist anzunehmen.«
    »Weißt du, was auch noch möglich wäre? Mir kommt gerade eine Idee. An den Betrügereien, die da offenbar mit der Rothammer-Stiftung betrieben wurden, war sicher nicht nur die Firma Simanc beteiligt. Das hätte sich doch wohl nicht gelohnt. Vielleicht hatte das mit den fehlerhaften Abrechnungen ja Methode. Und vielleicht hat Elfi im Zusammenhang damit jemanden erpresst.«
    »Gute Idee.«

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