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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Benno murmelte, während er auf seinen Notizblock, den er neben seinen Teller gelegt hatte, schrieb: »In den Unterlagen der Rothammer-Stiftung erwähnte Firmen überprüfen. Elfi Rothammers Kontobelege auf Eingänge hin untersuchen.«
    Dann sagte er zu Hanna: »Wie gut, dass ich die Unterlagen noch nicht nach Bayreuth geschickt habe. Verdammt, das Ganze wird immer diffuser. Obwohl – es ist mir ja schon ganz peinlich, dass ich immer wieder dasselbe Ziel ins Visier nehme, aber wenn Elfi jemanden erpresst hätte, dann wären doch wohl Bolz oder Böschen die lohnendsten Opfer gewesen, oder?«
    »Und wie ist das mit der Leidenschaft? Gibt es irgendwo einen verschmähten Liebhaber?«
    »Nicht dass ich wüsste. Im Tagebuch hat jedenfalls nichts gestanden. Weißt du von jemandem, der sie gehasst hat?«
    »Karla hat sie gehasst, aus tiefster Seele. So schien es mir jedenfalls. Aber sie hat das bestmögliche Alibi: Sie war, als Elfi starb, schon etwa drei Monate tot.«
    »Gut, Karla ist damit definitiv aus dem Rennen.« Benno grinste etwas schräg. »Doch Anneliese Kurt konnte Frau Rothammer auch nicht besonders gut leiden.«
    »Aber Kürtchen ist nie und nimmer eine Mörderin. Meine Tante Kunigunde konnte Elfi auch nicht leiden. Und Herr Ernst. Wenn du alle auf die Liste setzt, die Elfi nicht leiden konnten, wird die ziemlich lang.«
    »Frau Kurt ist von Elfi Rothammer allerdings tatsächlich geschädigt worden. Sie hat sie entlassen und …«
    »… und Elfi hat alles kaputt gemacht, was ihr wichtig war. Stimmt, das hat Kürtchen gesagt. Aber das ist Jahrzehnte her.«
    »Vielleicht gab es ja einen konkreten Anlass, in der Folge von Karla Schneiders Tod zum Beispiel. Vielleicht hat sie ja etwas aus dem Haus geerbt und ist deswegen hingegangen …«
    »Ich kann es mir trotzdem nicht vorstellen. Du hast sie nicht gesehen. Sie ist so eine ordentliche, adrette kleine Frau. Und außerdem ist sie fast neunzig. Nein, ausgeschlossen.«
    »Schon gut. Ich veranstalte nur eine Art Brainstorming, in der Hoffnung, einen Haken zu finden, an dem möglicherweise etwas hängen bleibt. Wir haben ja kaum konkrete Anhaltspunkte. Die Fingerabdrücke sind wegen des vielen Staubs kaum brauchbar. Zur Untersuchung von Faserspuren braucht die Polizei Vergleichsobjekte, dasselbe gilt für die DNA und so weiter. Alles, was ich weiß, ist, dass Frau Rothammer vor etwa drei Wochen erwürgt wurde.«
    Hanna holte mit einer geschickten Bewegung das Bäckchen aus dem Fischkopf. Diesen Leckerbissen hob sie sich immer bis zum Schluss auf. Doch sie stoppte die Gabel auf halbem Weg zum Mund. »Ich weiß nicht … ich habe dauernd das Gefühl, als müsste ich mich an etwas erinnern, irgendetwas im Zusammenhang mit Elfi Rothammer, das ich erst vor Kurzem erfahren habe, aber ich komme und komme nicht dahinter.«
    Sie sprachen weiter über die Tote, und allmählich formte sich das Bild einer schönen, traurigen, einsamen Frau, die nirgendwo dazugehört hatte. Und zu der unverhofft noch einmal die Zukunft gekommen war, in Form einer kleinen grünen Madonna mit einem Kind. Eine Zukunft, die Elfi zaghaft und mit winzigen Schritten zu ergreifen begonnen hatte. Diese neue Geschichte aber war brutal abgewürgt worden.
    »Arme Elfi«, sagte Hanna.
    Frau Gruse brachte den Schweinebraten, ganz dünn geschnittene Scheiben in einer klaren Soße. Die gelben, länglichen Kartöffelchen und der zartgrüne Kohlrabi kamen in dampfenden Schalen auf den Tisch. »Hm, das sieht ja hinreißend aus!«, seufzte Hanna.
    »Das hast du hervorragend ausgewählt. Aber dass du kochen kannst, das hätte ich nie gedacht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Ach, ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich selbst nicht gern koche. Ich weiß überhaupt so wenig von dir. Erzähl mir doch ein bisschen was.«
    »Tja, was soll ich denn über mich erzählen. Ich bin einen Meter achtzig groß, wiege neunundsiebzig Kilo und bin derzeit Staatsanwalt. Außerdem nehme ich gerade mit meiner Traumfrau ein himmlisches Essen ein. Genügt das?«
    »Nein, nein«, sagte Hanna lachend. »Wie war’s denn zum Beispiel bei euch zu Hause? Woher kommst du? Hast du Geschwister?«
    Da erzählte Benno von dem kleinen Reihenhaus am Rand von Regensburg. Er und seine drei kleinen Geschwister hatten in einem Anbau an das Häuschen ein Zimmer mit Stockbetten geteilt. Benno hatte die Küken in Schach halten müssen, wenn seine Mutter arbeiten ging, und dabei hatte er gelernt, wie man für Ordnung sorgte. Er erzählte, wie er Terminpläne

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