Das Haus Am Potomac
in den Grill. Ein guter Grund mehr,
nicht länger zuzulassen, daß Abigail Jennings den Namen
von George Graney Senior verunglimpfte. Sie fragte sich,
wie Abigail den Brief aufgenommen haben mochte. Sie
hatte ihn etliche Male umgeschrieben, bevor sie ihn am
Heiligen Abend abschickte.
»Ich muß darauf bestehen, daß Sie die bevorstehende
Sendung dazu benutzen, öffentlich zuzugeben, daß es nie
einen noch so geringen Anhaltspunkt dafür gegeben hat,
daß ein Fehler des Piloten an dem tödlichen Unfall Ihres
Gatten schuld war. Es ist nicht damit getan, daß Sie den
Ruf von George Graney nicht länger beflecken: Sie
müssen die Dinge klarstellen. Wenn Sie das nicht tun,
werde ich Sie wegen Verleumdung verklagen und
öffentlich bekanntgeben, wie es in Wahrheit um Ihre
Beziehung zu Willard Jennings bestellt war.«
Um elf Uhr sah sie sich die Nachrichten an. Um halb
zwölf stieß Sligo sie mit der Schnauze an der Hand an.
»Ich weiß«, stöhnte sie. »Okay, hol deine Leine.«
Es war eine dunkle Nacht. Früher am Abend waren ein
paar Sterne dagewesen, aber jetzt war der Himmel
bewölkt. Es wehte ein rauher Wind, und Catherine schlug
den Kragen ihres Mantels hoch. »Das wird nur ein kurzer
Spaziergang«, sagte sie zu Sligo.
In der Nähe des Hauses führte ein Weg durch den Wald.
Meistens ging sie mit Sligo da entlang und kehrte um den
Häuserblock herum zurück. Jetzt zerrte er an der Leine,
zog sie im Eiltempo durch den Pfad zu seinen
Lieblingsbüschen und -bäumen. Dann blieb er auf einmal
stehen, und ein tiefes Knurren entrang sich seiner Kehle.
»Nun komm schon«, sagte Catherine ungeduldig. Das
hätte ihr jetzt gerade noch gefehlt, daß er einem Stinktier
nachjagte.
Sligo sprang vor. Voller Entsetzen sah Catherine, wie
eine Hand hervorschoß und das alte Tier am Hals in den
Würgegriff nahm. Man hörte ein widerliches Krachen, und
gleich darauf sank Sligos Körper leblos auf den harschen
Schnee.
Catherine versuchte zu schreien, brachte aber keinen
Ton hervor. Die Hand, die sich Sligo am Hals geschnappt
hatte, war jetzt über ihrem Kopf. Und in der Sekunde,
bevor sie starb, wurde Catherine Graney endlich klar, was
an jenem längst vergangenen Tag geschehen war.
37
Am 27. Dezember stand Sam um sieben Uhr früh auf, las
noch einmal die Kopie der CAA-Untersuchungen über den
Absturz durch, bei dem der Kongreßabgeordnete Willard
Jennings ums Leben gekommen war, unterstrich einen
bestimmten Satz und rief Jack Carlson an. »Wie steht es
um diesen Bericht über Toby Gorgone?«
»Ich werde ihn bis um elf haben.«
»Hast du heute mittag Zeit? Ich muß dir etwas zeigen.«
Es war der Satz aus dem Untersuchungsbericht:
»Jennings’ Chauffeur, Toby Gorgone, stellte sein Gepäck
in die Maschine.« Sam wollte erst den Bericht über Toby
lesen, bevor er hierauf zu sprechen kam.
Sie verabredeten sich um zwölf im Gangplank
Restaurant.
Als nächstes rief Sam Frank Crowley an, den Anwalt,
den er beauftragt hatte, Eleanor Brown zu vertreten, und
lud auch ihn dorthin zum Essen ein. »Könnten Sie eine
Abschrift des Prozeßprotokolls von Eleanor Browns
Gerichtsverhandlung mitbringen?«
»Ich werde dafür sorgen, daß ich sie bei mir habe, Sam.«
Der Kaffee war durchgelaufen. Sam goß sich eine Tasse
ein und stellte das Küchenradio ein. Die Neun-UhrNachrichten waren schon zum größten Teil vorüber. Jetzt
versprach die Wettervorhersage einen zeitweise sonnigen
Tag. Die Temperaturen sollten in Gefrierpunktnähe sein.
Dann wurden die wichtigsten Meldungen noch einmal in
Schlagzeilen wiederholt, unter anderem auch, daß man die
Leiche einer bekannten Antiquitätenhändlerin,
Mrs. Catherine Graney aus Richmond, in einem
Waldgelände nicht weit von ihrem Haus gefunden habe.
Ihrem Hund sei das Genick gebrochen worden. Die Polizei
glaube, das Tier sei bei dem Versuch, sie zu verteidigen,
gestorben.
Catherine Graney gestorben! Gerade als sie vorhatte,
eventuell einen Skandal zu enthüllen, in den Abigail
verstrickt war. »Ich glaube nicht an einen Zufall«, sagte
Sam laut. »Ich glaube das einfach nicht.«
Den ganzen restlichen Vormittag quälte er sich mit
seinem Verdacht herum. Mehrfach griff er nach dem
Telefon, um im Weißen Haus anzurufen. Jedesmal zuckte
seine Hand wieder zurück.
Er hatte keinerlei Beweis dafür, daß Toby Gorgone noch
etwas anderes war, als er zu sein schien: der ergebene
Leibwächter und Chauffeur von Abigail. Selbst wenn
Toby schuldig und
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