Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
dessen saß sie da
auf ihrem Stuhl, hielt ihre Puppe fest und fragte ein wenig
verlegen, ob sie die Puppe bei sich behalten dürfe. Sie
reagierten nicht so, als ob das eine verrückte Bitte wäre.
Frank Crowley, der nette, väterlich aussehende Mann, der
ihr Anwalt war, kam herein. Sie hatte ihm am Vortag
klarzumachen versucht, daß sie ihm nicht mehr bezahlen
könnte als die fast fünfhundert Dollar, die sie gespart
hatte, aber er hatte ihr gesagt, sie solle sich deswegen
keine Gedanken machen.
    »Eleanor, Sie können es immer noch ablehnen, sich
diesem Test zu unterziehen«, erklärte er jetzt, und sie
bestätigte ihm, daß sie das verstanden habe.
    Zuerst stellte der Mann, der sie dem Test unterzog,
einfache, sogar alberne Fragen – nach ihrem Alter, ihrer
Ausbildung und Erziehung und ihren Lieblingsgerichten.
Dann begann er mit den Fragen, auf die sie sich gefaßt
gemacht hatte.
    »Haben Sie jemals etwas gestohlen?«
»Nein.«
»Nicht einmal eine Kleinigkeit, einen Buntstift etwa
oder ein Stück Kreide, als Sie klein waren?«
    Das letzte Mal, als sie das gefragt worden war, hatte sie
zu schluchzen begonnen. »Ich bin keine Diebin. Ich bin keine Diebin.« Aber jetzt machte ihr das nicht so viel aus.
    Sie bildete sich ein, daß Detective Barrott sie befragte,
nicht dieser schroffe, unpersönliche Fremde. »Ich habe
nie, nie in meinem ganzen Leben etwas gestohlen«,
antwortete sie ernst. »Nicht einmal einen Buntstift oder
ein Stück Kreide. Ich könnte nicht etwas an mich nehmen,
das einem anderen gehört.«
»Was war mit dem Parfumfläschchen, als Sie auf der
    High School waren?«
» Ich habe es nicht gestohlen. Das schwöre ich Ihnen. Ich
habe vergessen, es der Verkäuferin zu geben!«
»Wie oft trinken Sie? Jeden Tag?«
»Oh, nein. Nur hin und wieder Wein, nie sehr viel. Der
Wein macht mich müde.« Ihr fiel auf, daß Detective
Barrott lächelte.
»Haben Sie die fünfundsiebzigtausend Dollar aus dem
Wahlkampfbüro der Senatorin entwendet?«
Das letzte Mal, als sie den Test gemacht hatte, war sie
bei dieser Frage hysterisch geworden. Jetzt antwortete sie
lediglich: »Nein, das habe ich nicht.«
»Aber Sie haben fünftausend Dollar von diesem Geld in
Ihrem Abstellraum versteckt, nicht?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Was glauben Sie, wie das Geld denn dahin gekommen
ist?«
Die Fragen hörten und hörten nicht auf. »Haben Sie
gelogen, als Sie behaupteten, Toby Gorgone habe Sie
angerufen?«
    »Nein.«
»Sind Sie sicher, daß es Toby Gorgone war?«
»Ich dachte, er wäre es gewesen. Wenn er es nicht war,
dann jemand, der sich genauso anhörte wie er.«
    Dann kamen diese unfaßbaren Fragen: »Wußten Sie, daß
man Arthur Stevens des Mordes an einer seiner
Patientinnen verdächtigt, einer Mrs. Anita Gillespie?«
    Fast hätte sie die Beherrschung verloren. »Nein, das
wußte ich nicht. Ich kann es auch nicht glauben.« Dann
fiel ihr ein, wie er im Schlaf geschrien hatte: »Schließen
Sie Ihre Augen, Mrs. Gillespie. Schließen Sie die Augen!«
    »Sie halten es für möglich. Das sieht man hier im Test.«
»Nein«, flüsterte sie. »Vater hätte nie jemandem etwas
antun können, nur helfen. Er leidet so mit, wenn ein
Patient qualvoll dran ist.«
»Glauben Sie, er könnte versuchen, dessen Qualen zu
beenden?«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Ich denke doch. Eleanor, Arthur Stevens hat am
Weihnachtstag versucht, das Pflegeheim in Brand zu
stecken.«
»Das ist unmöglich.«
Eleanor wurde schreckensbleich bei dem, was sie da
hörte. Voller Entsetzen starrte sie den verhörenden
Beamten an, als er ihr seine letzte Frage stellte: »Hatten
Sie jemals Grund zu der Annahme, daß Arthur Stevens ein
krankhafter Mörder ist?«
    Im Laufe der Nacht schluckte Arthur alle zwei Stunden
Koffeintabletten. Er durfte nicht das Risiko eingehen,
einzuschlafen und im Traum zu schreien. So saß er
zusammengekauert in dem Einbauschrank, zu angespannt,
um sich hinzulegen, und starrte in die Dunkelheit.
    Er war so leichtsinnig gewesen. Als Patricia Traymore
nach Hause gekommen war, hatte er an der Tür des
Einbauschrankes nach den Geräuschen gehorcht, mit
denen sie sich im Haus umherbewegte. Er hatte das
Rauschen in den Rohren gehört, als sie duschte; danach
war sie wieder nach unten gegangen, und er hatte den Duft
von durchlaufendem Filterkaffee gerochen. Dann hatte sie
angefangen, Klavier zu spielen. In der Gewißheit, daß ihm
da draußen keine Gefahr drohte, hatte er oben auf dem

Weitere Kostenlose Bücher