Das Haus an der Düne
war einverstanden. Er hätte allem zugestimmt, solange man ihm nur gestattete, seinen Plan auszuführen.
Ich verbrachte den größten Teil des Tages, in eine Decke eingehüllt, dösend in einem Lehnstuhl. Im Abstand von zwei oder drei Stunden stürmte Poirot herein und informierte mich über den Stand der Dinge.
« Comment ca va, mon ami? Wie ich mit Ihnen fühle. Aber vielleicht ist es gar nicht so übel. In einer Farce wie dieser wären Sie nicht so überzeugend wie ich. Ich komme gerade aus dem Blumengeschäft, wo ich einen Kranz – einen riesigen Kranz, einfach überwältigend – bestellt habe. Lilien, mein Freund, verschwenderisch viele Lilien. ‹In tiefer Trauer. Hercule Poirot›. Ah, was für eine Komödie!»
Er ließ mich wieder allein.
«Ich komme gerade von einer höchst ergreifenden Konversation mit Madame Rice», lautete seine nächste Information. «Ganz in Schwarz – elegant wie immer. Ihre arme Freundin – welche Tragödie! Ich stöhne vor Mitgefühl. Sie sagt, Nick sei immer so voller Leben gewesen, so fröhlich. Es sei unmöglich, sie sich tot vorzustellen. Ich kann nur zustimmen. ‹Es ist die Ironie des Schicksals›, sage ich, ‹dass gerade so jemand sterben muss. Die Alten und Nutzlosen bleiben zurück.› Oh là là! Ich stöhne noch einmal…»
«Und Sie genießen das alles ungemein», murmelte ich mit schwacher Stimme.
« Du tout. Es ist nur ein Teil meines Plans. Man muss seine Rolle mit ganzem Herzen spielen, wenn die Komödie Erfolg haben soll. Also gut, die üblichen Trauerfloskeln sind ausgetauscht und Madame kommt zum Kern der Sache. Erzählt mir, sie habe die ganze Nacht wach gelegen und über diese Pralinen nachgegrübelt. Es sei unmöglich, einfach unmöglich. ‹Madame›, erwidere ich, ‹es ist ganz und gar nicht unmöglich. Sie können sich den chemischen Befund ansehen.› Und darauf sagt sie, und zwar mit sehr unsicherer Stimme: ‹Es war – Kokain, sagen Sie?› Ich bestätige dies und sie sagt: ‹Oh mein Gott. Ich kann es nicht verstehen.›»
«Vielleicht stimmt das ja.»
«Sie versteht jedenfalls, dass sie sich in Gefahr befindet. Sie ist klug. Das habe ich schon immer gesagt. Ja, sie befindet sich in Gefahr und ist sich doch dessen bewusst.»
«Und doch kommt es mir so vor, als glaubten Sie zum ersten Mal nicht an ihre Schuld.»
Poirot verzog das Gesicht. Sein aufgeregtes Gebaren verebbte.
«Da haben Sie etwas sehr Schwerwiegendes gesagt, Hastings. Nein, meiner Ansicht nach stimmen die Gegebenheiten irgendwie nicht mehr überein. Wodurch haben sich doch diese Verbrechen – bis jetzt – ausgezeichnet? Durch ihre Raffinesse, so ist es doch? Und hier gibt es auf einmal nichts dergleichen – nur nackte Rohheit. Nein, es stimmt einfach nicht.»
Er setzte sich an den Tisch.
« Voilà – nehmen wir zunächst die Fakten unter die Lupe. Es gibt drei Möglichkeiten. Da sind einmal die Pralinen, besorgt von Madame und von Monsieur Lazarus abgeliefert. In diesem Falle trifft einen von ihnen oder alle beide die Schuld. Und der angebliche Anruf von Mademoiselle Nick wäre schlicht und einfach erfunden. Das wäre ganz direkt – die einfachste Lösung.
Lösung Nummer zwei: Die andere Konfektschachtel – die mit der Post kam. Jeder könnte sie geschickt haben. Jeder der Verdächtigen auf unserer Liste von A bis J. (Erinnern Sie sich? Ein sehr weites Feld.) Aber, wenn dem so wäre, welchen Sinn hätte dann der Telefonanruf? Wieso sollte man die Dinge durch die Existenz einer zweiten Schachtel verkomplizieren?»
Ich schüttelte nur schwach den Kopf. Mit vierzig Grad Fieber schien mir jegliche Komplikation absurd und überflüssig.
«Lösung Nummer drei: Eine vergiftete Schachtel wurde mit der harmlosen von Madame vertauscht. In diesem Fall ist der Anruf geschickt und verständlich. Madame sollte sich die Finger verbrennen. Die heißen Kastanien aus dem Feuer holen. Folglich wäre Lösung drei die logischste – aber leider auch die schwierigste. Wie kann man sicher gehen, die Schachtel im richtigen Moment auszuwechseln? Es gibt Zighunderte von Möglichkeiten – der Pförtner hätte die Schachtel direkt nach oben gebracht haben können –, die den Austausch verhindert hätten. Nein, das macht auch keinen Sinn.»
«Außer Lazarus wäre es gewesen», sagte ich.
Poirot sah mich an.
«Sie haben Fieber, mein Freund. Es steigt, nicht wahr?» Ich nickte.
«Faszinierend, wie ein paar Grad Hitze den Verstand schärfen können. Sie haben da eine Beobachtung
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