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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ersten Durchsuchung sagten ihm, daß Kelly Cornelius ganz gewiß nicht heimgekehrt war und einen Koffer für die Flucht gepackt hatte. Soviel er sah, war sie nach ihrer Freilassung hierhergekommen, hatte eine Flasche Schampus geöffnet (die jetzt leer auf dem Fußboden stand), ein Bad genommen (nasses Handtuch und abgelegte Kleider im Wäschekorb), hatte sich angezogen und war ausgegangen. Sie hatte also nichts getan, was Sempernels Aufpasser als Hinweis deuten konnten, daß sie untertauchen wolle.
    Auf dem Tisch lag ein Stapel ungeöffnete Post. Werbebriefe, Rechnungen, eine Mahnung der KFZ -Zulassungsbehörde. Persönliche Briefe hatte sie wahrscheinlich mitgenommen. Wenn denn welche gekommen waren. Als Kelly Cornelius in Haft war, hatten sie kaum etwas an persönlichen Unterlagen gefunden. Einige wenige Hinweise auf ihre Vergangenheit lieferte ihm ein dickes Fotoalbum, das er ganz unten in einem ihrer Koffer entdeckt hatte. Aber da auf oder unter den Fotos weder Namen noch Jahreszahlen, noch Orte standen, gewann er auch dadurch nur einen vagen Eindruck von einem Leben an ziemlich exotischen Orten (Mittelmeer? Karibik? Asien?). Er schlug es wieder auf. Endlich ein Indiz dafür, daß sie nicht vorgehabt hatte, hierzubleiben. Er fand jetzt mehr Lücken als Fotos.
    Als er schon gehen wollte, klingelte sein Handy. Es war »Hat« Bowler, den er beauftragt hatte zu prüfen, ob Kelly Cornelius in den letzten vierundzwanzig Stunden über ihre Kreditkarten irgendwelche Einkäufe getätigt hatte.
    Es waren mehrere Transaktionen erfolgt, alle gestern nachmittag in Geschäften im Stadtzentrum.
    Während er sich dazu Notizen machte, fiel sein Blick auf den Poststapel. Der Umschlag von der Zulassungsstelle lag oben auf. Er nahm ihn und öffnete ihn. Es war eine Erinnerung, daß ihre KFZ -Steuer für Ende des Monats fällig war. Das Auto war ein metallic-blauer Golf.
    Er steckte den Brief ein und trat hinaus in den Sonnenschein. Draußen beschloß er, zu Fuß ins Zentrum zu gehen, und folgte der Route, die Kelly Cornelius vermutlich eingeschlagen hatte. An das Auto hatte keiner gedacht. Natürlich war damit zu rechnen gewesen, daß sie eins besaß, aber zum Flughafen war sie mit dem Taxi gefahren, also hatte niemand danach gefragt. Er sah sich die Stellplätze der Mieter auf der Straße an. Kein blauer Golf weit und breit. Er ließ die Sache erst einmal auf sich beruhen, und als er die Straße entlangschlenderte, dachte er voller Neid an Ellie und Rosie, die es sich in Axness am Meer gutgehen ließen. Wie schön wäre es doch, soviel Geld zu haben, um sich ein Ferienhäuschen leisten zu können. Noch schöner wäre es, wenn man dann auch noch genug Zeit hätte, um es ausgiebig zu nutzen. Er und Ellie hatten bei einer ihrer friedlichen Debatten über die vielen Nachteile des Polizeidienstes einmal eine Liste mit beruflichen Alternativen zusammengestellt. Am Ende hatte sie mit wehmütiger Zuneigung gesagt: »Eins steht fest, egal, was du sonst noch hättest werden können, auf die Freizeit, die du für deine Frau und deine Familie übrig hast, hätte es wahrscheinlich kaum Einfluß gehabt. Du hättest sie so oder so mit deiner Domina verbracht.«
    »Wie bitte? Soll ich jetzt etwa wie ein ertappter Sünder zusammenschrecken?«
    »Natürlich nicht. Dafür hast du dich viel zu sehr unter Kontrolle. Egal, ich rede nicht von einer Geliebten, sondern von dieser anderen Peitschenschwingerin, die dir einheizt, die strenge Tochter der Stimme Gottes, die Pflicht. Wenn du Müllmann wärst, würdest du deine Wochenenden vermutlich damit zubringen, die Räder der Müllcontainer zu ölen.«
    Sollte sie recht haben? War er ein Arbeitsfanatiker? Als Rosie krank gewesen war, hatte er alles stehen- und liegenlassen und war an ihr Bett geeilt. Aber das entlastete ihn nicht. Welcher Vater hätte das nicht getan? Er hatte gar keine andere Wahl gehabt. Zwar war das scheinbar eine Bestätigung seiner Versicherung:
Ich werde immer für euch da sein, wenn ihr mich braucht.
Aber wie Ellie beiläufig bemerkt hatte, kam es ganz darauf an, wie man
brauchen
definierte.
    Inzwischen ging er durch den Charter Park, ohne recht zu wissen, wie er dorthin gekommen war. Er blieb stehen, sah sich um, und in einiger Entfernung erspähte er Wield, der mit ein paar Kricket spielenden Jungen plauderte.
    Der Dicke hätte ihnen wahrscheinlich zugerufen: »Schaut ihn euch gut an, Jungs! Das kommt davon, wenn man keine Gesichtsmaske trägt.« Wenn ich weiß, was Dalziel sagen

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