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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Lippen, um ihre Gefühle zu verbergen. Daphne, die es bemerkte, berührte tröstend ihren Arm, ein kleines Zwischenspiel, das Feenies scharfem Blick nicht entging.
    »Da habe ich wohl etwas Dummes gesagt, Ellie. Tut mir leid. Erzähl uns davon.«
    Um Himmels willen, das ist das letzte, über das ich reden möchte, dachte Ellie ungehalten. Oder vielleicht doch? Zögernd zuerst, dann mit wachsender Offenheit begann sie zu erzählen, wie ihr Vater mehr und mehr der Alzheimer-Krankheit verfiel und welche Strategien ihre Mutter entwickelte, um damit zurechtzukommen. Bald tauschten sie reihum Erinnerungen aus und sprachen über ihr Verhältnis zu ihren Eltern, als wären sie alle alte Freundinnen. Und unmerklich nahm ihr Gespräch eine andere Wendung, wurde heiterer, gewann schließlich, ohne daß man hätte sagen können, wer damit angefangen hatte, sogar einen etwas frivolen Charakter. Vielleicht hatte die herrliche Flasche Champagner, die Feenie geöffnet hatte, den Ausschlag gegeben. Wie auch immer, mit einem Mal unterhielten sie sich lautstark über Koitus interruptus, nicht als primitive Verhütungsmethode, sondern als Quelle fröhlicher Anekdoten.
    Ellies Beitrag war eine leicht ausgeschmückte Geschichte aus ihrer Studentenzeit.
    »Damals gab es abends für den Rückweg zu unserem Wohnheim diese alten Doppeldeckerbusse«, sagte sie, »und wenn man den allerletzten erwischte, dann galt es als ausgemacht, daß die Paare nach oben stürmten, wo gleich das Gefummel losging, und der Busfahrer störte einen nicht, bis man an seiner Haltestelle wieder runterkam. Also, ich und der Typ, mit dem ich damals gegangen bin, kommen da eines Abends rauf und stellen fest, daß wir aus irgendeinem Grund die einzigen auf dem Oberdeck sind, und da haben wir uns hinreißen lassen und es ganz durchgezogen, er auf der Bank, ich auf seinem Schoß, als wir plötzlich Tritte auf der Treppe hörten und der Kopf des Fahrers erschien, und er stand einfach so da und sah mich an, und dann sagte er …«
    Ihr vorzeitiges Lachen brachte die anderen außer Rand und Band.
    »Was? Was?« japste Daphne.
    »… Ich wollte nur nachfragen, sagte er, wie weit Sie noch wollen? Bis zum Ende, sagte ich!«
    In Wirklichkeit war die Sache weitaus peinlicher gewesen, außerdem schmerzhaft und eine ziemliche Sauerei dazu, aber zum Kuckuck, sie war schließlich eine unveröffentlichte Autorin, oder?
    Wenn der Zweck die Mittel heiligte, dann ließ die Heiterkeit, die ihre Geschichte auslöste, die Wahrheit zu einem trivialen Zufall werden.
    In Daphnes Geschichte ging es, wie kaum anders zu erwarten, um einen Cousin, der das Priesterseminar besuchte, seinen Dean in Oxford und einen Stakkahn auf der Cherwell. Shirley Novello berichtete ziemlich unverblümt von einer Begegnung mit einem Ausbilder beim Schießtraining der Polizei, offensichtlich eine Übung von so durchschlagendem Erfolg, daß Ellie ziemlich neidisch wurde. Sogar Wendy kramte mit funkelnden Augen eine etwas zusammenhanglose Geschichte von der Kollision zwischen einem Tretboot und einer Luftmatratze an der Costa del Sol hervor, bei der keiner verstand, welches Gefährt die Koitierenden und welches den Interruptor getragen hatte.
    Feenie hatte mit ganzem Herzen in das Gelächter eingestimmt, aber Ellie hätte bei aller Neugier, ob sie auch eine Anekdote beizusteuern hatte, nie im Traum gewagt, sie zu bedrängen. Doch Wendy, durch ihr eigenes Bekenntnis kühn geworden, sagte: »Und was ist mit Ihnen, Miss Macallum? Ich wette, irgendwann einmal in Ihrem langen Leben …«
    Hier verließen sie der Mut oder die Fähigkeit, sich diplomatisch auszudrücken, aber Feenie lächelte sie beinahe freundlich an und sagte: »Mit dem, was ihr Jungen zu erzählen habt, kann ich natürlich nicht mithalten. Wir sind einfach zu etwas mehr Zurückhaltung erzogen worden. Aber der Krieg hat auch für uns manches ein klein wenig lockerer gemacht. Ich war ziemlich gut in Sprachen, und so habe ich eine Zeitlang die Verbindung zu Widerstandsgruppen in Europa gehalten, eine ziemlich aufregende Sache für ein junges Mädchen, und es war nicht einfach, all diesen armen Teufeln zu widerstehen, die gute Chancen hatten, vor einem Erschießungskommando zu landen, bevor das Jahr zu Ende war. Ich erinnere mich da an eine Geschichte, wo ich im Bett lag, er auf mir, ein großer, muskulöser Kerl, aber er schien sich unendlich Zeit bei der Sache zu lassen. Normalerweise ist es ja umgekehrt, nicht? Aber ich hatte meinen kleinen

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