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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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nicht das alles noch einmal, Rosie im Krankenhaus, ich den ganzen Tag dort, all die Angst …«
    Die übermächtige Erinnerung an diese Zeit hatte allerdings den therapeutischen Effekt, ihren aktuellen Schockzustand auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, so daß sie entschiedener fortfuhr: »Sie ist nur in dieser letzten Woche vor den Sommerferien zur Schule gegangen. Sie hat darauf bestanden, Sie kennen ja Rosie, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat …«
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, von wem sie das hat«, meinte Dalziel. »Sie wollte wohl ihre Schulfreundinnen sehen, was? Und natürlich den Abschlußausflug nicht verpassen.«
    »Beides. Und auch mich mal loswerden, denke ich.«
    »Hm?«
    »Andy, ich könnte jetzt den Drink vertragen. Bitte«, sagte Ellie.
    Sie nahm das angebotene Glas und meinte verstimmt: »Damit könnte man ja keine größere Mücke ertränken. Cheers.«
    Das Glas war in einem Zug geleert. Dalziel, der sich selbst gute drei Finger breit eingeschenkt hatte, goß ihr einen Millimeter nach.
    »Du meine Güte! Und dabei ist das noch nicht einmal dein Whisky«, rief sie.
    »Und auch nicht mein Magen«, sagte Dalziel. »Du sagtest da was von Rosie, die dich mal loswerden wollte. Hatte nie den Eindruck, daß du zu der Sorte Müttern gehörst, die besonders gluckenhaft sind.«
    »Nein? Keine Ahnung.«
    Sie dachte eine Weile darüber nach, warf dann einen Blick zu Novello und fuhr bemüht sachlich fort: »Seit sie wieder zu Hause ist, nach der Hirnhautentzündung, kann ich sie kaum aus den Augen lassen. Sie geht raus in den Garten zum Spielen und zwei Minuten später bekomme ich einen Panikanfall. Da ich schließlich fürchtete, ihr auf die Nerven zu gehen, erschien mir die Schule als sinnvolle Alternative.«
    »Na, du weißt doch, daß Kinder nicht gerne etwas verpassen.«
    »Den Ausflug nach Tegley Hall meinst du? Ja, aber da war noch etwas anderes. Eltern, die ein bißchen mithelfen wollen, können gerne mitfahren. Eine ziemlich verantwortungsvolle Sache, mit so vielen Kinder durch einen Freizeitpark zu wandern. Ich wollte eigentlich auch mit, aber gestern abend sagte Rosie plötzlich: ›Warum kann nicht Dad mitkommen? Miss Martindale sagt, es müssen nicht nur Mütter sein.‹ Warum nicht? meinte der gute Peter. Er könne sich gar nichts Schöneres vorstellen, als einen ganzen Tag in der Gesellschaft seiner Tochter und hundert anderer Kinder zu verbringen. Und da hat er dich angerufen, und du hast ihm freundlicherweise gesagt, da du ihn schon seit Ewigkeiten so hart rannimmst, hätte er sich schon lange mal ein bißchen Freizeit verdient.«
    »Kann mich nicht erinnern, das wörtlich so gesagt zu haben«, meinte Dalziel.
    »Peter versteht sich darauf, verborgene Bedeutungen zu entdecken. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zu sagen: ›Großartig. Da komme ich ja mal endlich mit meiner Arbeit voran‹, und unter Tränen zu lächeln.«
    »Du hast dir also Sorgen gemacht?«
    »Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht. Sorgen darüber, was ich eigentlich für eine Mutter bin. Sorgen darüber, wie sie da draußen in der großen weiten Welt ohne mich zurechtkommen würden. Und Sorgen um mich, weil ich mir Sorgen um sie machte!«
    Dazu noch die anderen Sorgen, die sie vor Novello nicht preisgeben wollte. Genausowenig wie vor Dalziel. Nicht einmal vor sich selbst, wenn es sich vermeiden ließ. Sorgen wie feuchte Flecken an der Küchenwand, vor die man einen Stuhl stellt, über die man ein Poster hängt oder die man einfach übersieht, obwohl man weiß, daß man sich eines Tages damit befassen muß.
    »Also bin ich nach oben gegangen, habe meinen Laptop angemacht und angefangen zu arbeiten«, schloß sie.
    »Das hilft tatsächlich gegen Sorgen?« Er nippte an seinem Scotch und sah sie zweifelnd an.
    Noch etwas, was sie in dieser Gesellschaft nicht offenlegen wollte.
    »Cowper schaffte es, seine religiöse Besessenheit mehrere Jahrzehnte lang durch Schreiben im Zaum zu halten«, erwiderte sie energisch.
    »Seltsame Wege wählt der Herr, um Wunder zu vollbringen«, zitierte Dalziel den Dichter. Er war doch immer wieder für Überraschungen gut, was sie eigentlich nicht überraschen sollte. »Dann hat es geklingelt?«
    »Nein. Ich habe den Wagen gehört und sie vom Fenster aus angesprochen. Anschließend bin ich runtergegangen und habe ihnen die Tür aufgemacht.«
    »Ach ja, das hattest du schon erwähnt. Kein Fingerabdruck auf der Türklingel also. Bedauerlich.«
    »Tut mir leid. Ich

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