Das Haus an der Klippe

Schulleiter ausgedacht. Und als sie darauf nicht reagierten, da wußte ich, daß etwas faul war.«
    »Also hast du beschlossen, zum Angriff überzugehen?«
    »Nein. Ich dachte zwar daran, sie zur Rede zu stellen, aber es waren ja zwei, und ich war allein, und wenn ihr Vorhaben so finster war, wie mir allmählich dämmerte, dann wollte ich lieber nichts riskieren. Zeit, den Rückzug anzutreten und die Tür hinter mir zuzuschlagen, dachte ich.«
    »Was hat denn dann die Bestie in dir geweckt?« fragte Dalziel.
    »Der Typ. Die Frau versuchte die Angelegenheit herunterzuspielen, mich zu beruhigen, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen. Sie hat wahrscheinlich erkannt, wie sehr mir die Sache schon auf den Magen geschlagen war. Aber er dachte wohl, je mehr Angst er mir einjagt, desto leichteres Spiel haben sie mit mir, und er sagte etwas in dem Sinne, wir sollten losfahren, für den Fall, daß es doch ernster sei. Mein Gott, das hat mich wirklich aufgeregt. Du Dreckschwein! dachte ich. Ich war so wütend, ich hätte bestimmt die beste Werbung für verschärfte Waffengesetze abgegeben, die du je gesehen hast. Wenn ich eine Knarre gehabt hätte, ich hätte ihn erschossen, das hätte mir kein Problem gemacht.«
    »In dem Moment nicht«, sagte Dalziel. »Aber jetzt vielleicht. Andererseits könnten wir uns dann mit der Leiche beschäftigen. Nichts geht über eine Leiche, wenn man keine Spur hat.«
    »Willst du damit sagen, es wäre dir lieber, wenn ich einen von den beiden umgelegt hätte?«
    Er dachte nach.
    »Nein«, meinte er schließlich. »Wird auch langweilig, Leichen zu verhören. Eine ordentliche Schußverletzung, ja, das wäre prima gewesen. Eine, die man im Krankenhaus behandeln muß. Wie fest, sagst du, hast du es ihm mit dem Knie gegeben?«
    »Ich glaube nicht, daß er die nächsten Tage seine Frau belästigt, aber zum Arzt muß er bestimmt nicht.«
    »Seine Frau? Du meinst, er ist verheiratet?« fragte Dalziel beiläufig.
    »Ja, er trug einen dicken Goldring am Ringfinger … Andy, das war gut. Das hatte ich vergessen. Will sagen, ich habe nicht mehr daran gedacht, daß ich das bemerkt habe.«
    »Tja, hinter manchem Gummiknüppel steckt halt doch ein kluger Kopf. Fällt dir noch was anderes ein, außer dem, was du dir notiert hast?«
    Er sah auf das Blatt Papier mit Ellies hingekritzelten Notizen.
    »Mann einsfünfundachtzig«,
las er. »
Ungefähr dreißig – schlank – dichtes hellbraunes Haar – könnte mal zum Friseur gehen – Linksscheitel – braune Augen, glaube ich – jedenfalls nicht blau – kantiges Gesicht – offener, ehrlicher Ausdruck – Mein Gott, die Schweine waren gut! …«
    Er blickte Ellie fragend an. »Ja, tut mir leid.«
    »Na, ist schon auch wichtig, wie du’s empfunden hast. Mit
gut
meinst du …?«
    »Daß sie gesagt haben, sie kämen vom Sozialdienst des Schulamts. Das ist die Abteilung, die sich mit Problemen wie Schulschwänzen, Gewalt gegen Mitschüler, Beschwerden von Eltern befaßt, mit allem eben, womit Schulen nicht mit eigenen Mitteln zurechtkommen. Aber eigentlich will ich damit sagen, zuerst haben sie ihre Sache sehr gut gemacht. Nette, besorgte, vertrauenerweckende Leute.«
    »Machten auf Menschenfreund, meinst du? ’tschuldigung. Wollte es nur auf einen Begriff bringen, mit dem meine Leute was anfangen können.
Kleidung – Anzug – Glencheck-Anzug – hellblaues Hemd – Krawatte blau und gelb diagonal gestreift – könnte von einer Schule oder einem Club gewesen sein – dunkelbraune Sandalen …«
    »Habe ich das notiert? Nein, er trug so eine Art weiche Ledermokassins ohne Schnürsenkel, dunkle Farbe, freizeitmäßig, aber elegant, sahen eigentlich ziemlich teuer aus, wenn ich es mir so überlege. Wozu du mich jetzt gebracht hast, du alter Fuchs. Da steht gar nichts von Sandalen!«
    Dalziel grinste.
    »Nein. Dazu hast du nichts geschrieben. Aber Schuhe sind wichtig. Schmeiß dich in andere Klamotten, aber an den Füßen willst du es bequem haben.«
    »Du meinst, falls er sich umgezogen hat, weil er fürchtete, ich könne ihn beschreiben, dann hat er vielleicht trotzdem die gleichen Schuhe anbehalten?«
    »Ja, aber nimm’s nicht zu wichtig. Das ist nicht die Art von Information, die wir an Interpol weitergeben.
Stimme – heller Bariton – irischer Akzent …«
    »Nein, das klappt nicht noch einmal, Andy«, sagte Ellie bestimmt. »Ich habe gesagt, kein besonderer Akzent, und das habe ich auch gemeint.«
    »Also kein