Das Haus an der Klippe

haben.«
    Daphne, die ebenfalls ausgestiegen war, entgegnete kühl: »Das waren mein Sohn und seine Freunde. Ja, wir werden uns ein paar Tage hier aufhalten.«
    »Bist du heute da, Feenie?« fragte Ellie. »Vielleicht mache ich später einen Spaziergang mit Rosie und schau mal bei dir rein.«
    Die alte Dame dachte über diesen Vorschlag länger nach, als nach den Geboten der Höflichkeit ziemlich gewesen wäre. Aber das Ergebnis ihrer Überlegungen zeugte von Gastfreundschaft.
    »Kommt heute abend zum Essen«, schlug sie vor. »Punkt halb sieben.«
    »Wir alle?« fragte Ellie.
    Feenie lächelte milde. Manchmal hatte man den Eindruck, sie sei nicht von dieser Welt, dann wieder wirkte sie schlauer als Miss Marple.
    »Selbstverständlich«, erwiderte sie. »Es wird mir ein Vergnügen sein, euch alle unter meinem …« Sie zögerte, als wolle sie sagen:
wachsamen Auge zu haben,
fuhr dann aber fort: »… Dach zu begrüßen. Bleib da weg, Kind. Du kannst dich heute abend mit Carla bekannt machen.«
    Rosie war auf den Land Rover zugesteuert, aber Feenies herrischer Ton gebot ihr Einhalt.
    Das muß ich auch lernen, dachte Ellie.
    »Komm her, Schatz«, sagte sie. »Schnapp dir Tig und steig wieder ein.«
    Schmollend gehorchte Rosie.
    »Gut«, sagte Feenie. »Dann muß ich jetzt wohl den Weg für euch frei machen. Bis heute abend.«
    »Nein, für mich wäre es einfacher zurückzustoßen«, begann Daphne, aber Feenie saß bereits in ihrem Landrover und fuhr in zügigem Tempo rückwärts den Feldweg wieder hinunter.
    »Wie dumm von ihr«, meinte Daphne. »Jetzt muß sie bis zur Hütte fahren. Aber des Menschen Wille ist sein Himmelreich …«
    Sie setzte sich wieder ans Steuer.
    »Wohnt sie hier in der Nähe?« fragte Novello, die so leise herangekommen war, daß Ellie zusammenschrak.
    »Ja«, erwiderte sie gereizt. »Hätten Sie nicht eigentlich herbeirennen und Ihren Schlagstock schwingen müssen, als Sie gesehen haben, daß uns jemand den Weg versperrt?«
    »Das hatte ich mir überlegt, doch dann sah ich, wer es ist«, entgegnete Novello. »Und da wir gerade von Sicherheit reden: Es ist nicht gerade angebracht, auf diesen schmalen Straßen mit Überschallgeschwindigkeit entlangzubrettern.«
    »Tatsächlich? Dann lassen Sie sich eins gesagt sein: Es ist noch nicht lange her, da hat Serafina Macallum einen Zehn-Tonnen-Laster mit Hilfsgütern von Yorkshire nach Bosnien gesteuert, und trotz winterlicher Straßenverhältnisse im Gebirge, ganz zu schweigen von den Gefahren durch Artilleriegefechte, Landminen, Überfälle und Polizeiübergriffe, hat sie die Hin- und Rückfahrt ohne einen Kratzer überstanden.«
    »Das ist ja großartig, Mrs. Pascoe. Nur habe ich nicht das alte Mädchen gemeint, sondern Ihre Freundin, Mrs. Aldermann. Ich meine, wenn ich Verkehrspolizistin wäre, dann hätte ich sie schon ein paar Mal angehalten und ihr einen Strafzettel verpaßt. Vielleicht könnten Sie ihr ins Gewissen reden? Es wäre ein bißchen peinlich, wenn einer von unseren Einsatzwagen sie stoppen würde. Ich hoffe, Sie nehmen mir die Bemerkung nicht übel.«
    Die einzig vernünftige Reaktion wäre natürlich gewesen, mit verlegener Miene zu antworten: »Aber keineswegs, meine Liebe. Sie machen nur Ihre Arbeit, und Sie haben vollkommen recht. Daphne fährt wirklich zu schnell.«
    Statt dessen entgegnete Ellie: »Doch, das tue ich, Constable Novello. Ich bin nun schon einige Jahre mit einem Polizisten verheiratet, ohne daß ich je in Versuchung geraten oder darum gebeten worden wäre, Polizeiaufgaben zu übernehmen. Aber wenn Sie Daphne wegen eines Verkehrsdelikts anzeigen wollen, dann ist das Ihr gutes Recht, ja sogar Ihre Pflicht. Wie wär’s, wenn wir jetzt weiterfahren?«
    Im Auto fragte Daphne: »Worum ging’s denn?«
    »Zuständigkeitsbereiche.«
    »Du meine Güte. Wenn du dich permanent mit unserer Modesty Blaise anlegst und die alte Moorhexe, wie ich vermute, meinen Eichelkaffee mit Tollkirschen zu würzen gedenkt, können die nächsten Tage ja heiter werden. Vielleicht hätten wir besser daran getan, in der Stadt zu bleiben und uns dem Kampf mit der Schwarzen Hand zu stellen. Wohin ist sie denn nur verschwunden?«
    Nach einer Kurve sahen sie am Ende des Feldwegs ein Tor und dahinter ein Gebäude.
    »Ich glaube, sie nimmt die Abkürzung«, meinte Ellie. »Vielleicht geht sie auch auf die Pirsch, um noch was fürs Abendessen zu schießen.«
    Der Land Rover war rückwärts auf eine Wiese gefahren und holperte nun querfeldein durch