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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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gedankenverloren.
    Ethan zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ich glaube, ihre Familie stammt aus Accompong.«
    »Dem Maroondorf?«
    »Ja, ich denke schon, das war ja schon damals, als wir nach London gingen, legendär. Aber Näheres weiß ich auch nicht. Das habe ich nur nebenbei aufgeschnappt.«
    Valerie verkniff sich weitere Fragen, obgleich diese junge Frau sie auf merkwürdige Weise berührte. Vielleicht, weil ich ihre Kleidung trage, dachte sie gerade, als Rosa mit ihrem Kleid auf dem Arm zurückkehrte.
    »Ich habe es gleich nach dem Schauer in die Sonne gehängt. Ich glaube, Sie können es jetzt anziehen.« Rosa war zwar freundlich, aber Valerie meinte zu spüren, dass sie ihr nicht mehr jene Herzlichkeit entgegenbrachte wie vorhin.
    »Wo kann ich mich umziehen?«, fragte sie und blickte sich suchend um.
    »Kommen Sie! In meinem Zimmer sind Sie ungestört«, erwiderte Rosa. Das klang in Valeries Ohren wie eine Drohung. Sie zögerte.
    »Du kannst dich sonst auch hier im Salon umkleiden. Ich gehe dann für einen Moment«, schlug Ethan vor, doch Valeries Neugier siegte. Sie wollte sehen, wie Rosa lebte, die nun schnellen Schrittes voraneilte, das Haus durch den Garten verließ und auf eine Hütte zusteuerte.
    »Sie wohnen gar nicht im Haus?«, fragte Valerie erstaunt.
    Rosas ernste Miene hellte sich auf. »Keine Sorge. Der Doktor hat es mir oft genug angeboten, aber mir ist es lieber, ich habe einen Rückzugsort, der mir gehört, auch wenn er weniger komfortabel ist. Bitte, treten Sie ein.«
    In das Innere der Hütte fiel durch eine fenstergroße, vergitterte Öffnung Licht. Es ist gemütlich, stellte Valerie anerkennend fest, richtig gemütlich. Die Hütte war nur spärlich möbliert, aber jedes Stück schien von der Hausangestellten bewusst ausgesucht worden zu sein.
    »Ich warte draußen«, sagte Rosa und ließ Valerie allein zurück. Die konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich einen Moment lang interessiert in der Hütte umzusehen. Auf einem Tischchen neben dem Bett blieb ihr Blick hängen. Dort lag ein Stapel Bücher. Sie trat näher. Dass Hausangestellte englische Lektüre lasen, kam selten vor. Valerie nahm das erste Buch und staunte noch mehr. Es war David Copperfield, ein Roman von Charles Dickens, den sie in der Schule gelesen hatten. Hastig wollte sie das Buch zurücklegen, als sie den Titel des darunterliegenden las. »Von den Krankheiten in Westindien.« Was machte eine medizinische Abhandlung auf Rosas Nachttisch? Valerie wusste sehr wohl, dass es nicht fein war, in anderer Leute Zimmern zu schnüffeln, aber dieses Wissen hielt sie nicht davon ab, das Buch aufzuklappen und einen Blick hineinzuwerfen. Im Buchdeckel stand in akkurater Schrift geschrieben: Doktor Ethan Brown. Mit hochrotem Kopf klappte Valerie das Buch wieder zu und drapierte den Dickens darüber, so wie sie es vorgefunden hatte. Eine dunkle Ahnung machte sich in ihr breit.
    In Windeseile zog sie Rosas Rock und Bluse aus und schlüpfte in ihr eigenes feines Kleid, das tatsächlich fast trocken war.
    »Sie haben eine gemütliche Behausung«, bemerkte sie steif, nachdem sie im Garten auf die wartende Rosa traf.
    »Ich liebe meine Hütte«, erwiderte Rosa höflich, und das, was Valerie schon vorhin bemerkt hatte, wurde ihr zur Gewissheit: Die schwarze Hausangestellte hatte die unbeschwerte Herzlichkeit ihr gegenüber verloren. Sie ahnte auch, warum. Spätestens seit dem Fund des medizinischen Buches. Sie war fest entschlossen, sich Gewissheit zu verschaffen, und sie wusste auch schon, wie.
    Rosa brachte sie schweigend zurück zum Salon und wollte sich sofort zurückziehen, doch Valerie bemerkte wie nebenbei: »Entschuldigen Sie, liebe Rosa, ich habe hier im Haus gar nichts zu sagen, aber ob Sie mir wohl noch ein Glas Wasser bringen könnten?« Sie lächelte gekünstelt und heftete den Blick auf die Hausangestellte. »Ich hoffe jedenfalls, Sie werden uns nach unserer Heirat erhalten bleiben.«
    Volltreffer, durchfuhr es Valerie eiskalt, als sie Rosas vor Entsetzen geweitete Augen sah. Wie der Blitz wandte sie sich um. Auch der Anblick Ethans, der aussah, als hätte man ihm einen Eimer eiskalten Wassers über den Kopf gekippt, verriet, dass ihre Ahnung kein Hirngespinst war: Rosa und Ethan verband – oder hatte zumindest eine Affäre verbunden!
    Sie senkte den Blick. Ihr vordringlichster Wunsch war, dieses Haus auf schnellstem Wege zu verlassen. »Bringst du mich zur Tür?«, bat sie Ethan, der verwirrt zu sein schien.
    »Wolltest

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