Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
entsprechen? Das ist doch eine grässliche Perspektive. Was meinen Sie?«
Valerie aber senkte den Blick. Sie konnte seinen einschmeichelnden Worten nichts entgegensetzen. Sie fühlte sich durchschaut, denn auch sie verachtete James für seine Feigheit. Außerdem bewiesen ihr Ethans Worte, was sie im Grunde genommen längst ahnte: Er wollte sie um jeden Preis und tat alles dafür! Natürlich versuchte er, seinen Konkurrenten niederzumachen. Etwas, das sie ihm nicht übelnehmen konnte. Ethan streute absichtlich Salz in ihre Wunden und führte ihr vor, was für ein bedauernswerter Schwächling James war.
Valerie hob den Kopf. Es hatte keinen Sinn. Sie musste den Tatsachen ins Augen sehen. Ethan war aus anderem Holz geschnitzt als der begehrteste Junggeselle von Montego Bay, James Fuller.
Ethan sah sie nun wie ein verliebter Schuljunge an.
»Vally, meine süße Vally, verzeihen Sie, aber für mich ist das doch auch neu. Ich war nie ein Kind von Traurigkeit und habe eigentlich immer geglaubt, ich würde Junggeselle bleiben, weil ich mich nicht entscheiden konnte zwischen all den schönen Frauen, aber ich pfeife auf meine Freiheit, seit Sie mir das erste Mal begegnet sind.«
Während Ethan ihr tief in die Augen blickte, zog er sie näher zu sich heran. Und dann küsste er sie erneut. Wieder hatte Valerie ihm nichts entgegenzusetzen. Und dieses Mal wollte sie es auch gar nicht. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sie sich leidenschaftlich küssten.
»Vally, meine süße Vally, werde meine Frau«, hörte sie Ethan nun wie von ferne sagen.
Valerie verschlug es die Sprache. Dabei hatte sie bereits geahnt, dass er ihr einen Antrag machen würde. Doch als diese Worte nun wahrhaftig im Raum standen, hatten sie etwas Unwirkliches. In ihrem Kopf ging alles wild durcheinander. Was wollte sie mehr? Ethan brachte ihr Herz zum Klopfen, seine Küsse weckten eine ungekannte Begierde in ihr, und er besaß Charisma … Und trotzdem blitzte plötzlich der Gedanke an James auf. Sie sah sein Gesicht vor sich, als er auf dem Cricketplatz auf sie zugekommen war. Von Feigheit und Angst keine Spur. Im Gegenteil, er hatte Entschlossenheit ausgestrahlt. Und Liebe. Was er wohl von ihr gewollt haben mochte? Warum hatte er sie vor dem Platz treffen wollen? Ich muss mit Ihnen reden, hatte er gesagt. Was hatte er ihr mitteilen wollen? War es nicht unfair, wenn sie ihm nicht einmal die Chance geben würde, sich zu äußern? Doch sofort kam ihr das Gespräch zwischen ihm und Mary Tenson in den Sinn. Er hatte Mary ein unzweideutiges Versprechen gegeben. Oder klammerte er sich an die Hoffnung, durch ihre Adern flösse kein schwarzes Blut? Sie musste es ihm endlich mitteilen und sein entsetztes Gesicht mit eigenen Augen sehen.
»O je, du schaust drein, als hätte ich dir mitgeteilt, dass ein Hurrikan drohe. Was habe ich falsch gemacht? Ich habe dich noch nur gefragt …« Ethan stockte.
Valerie konnte sich nicht helfen: Sie fand, dass bei seinen Worten ein spöttischer Unterton mitgeschwungen hatte, doch plötzlich warf er sich vor ihr auf die Knie. »Jetzt weiß ich, warum du mir keine Antwort gibst.« Er tippte sich theatralisch gegen die Stirn. »Ich habe dich ja gar nicht gefragt. Und deshalb nun in aller Form: Miss Valerie Sullivan, willst du mich heiraten?«
»Ja. Ich will deine Frau werden«, flüsterte sie, während sie den Satz innerlich zu Ende führte: … denn ich werde dich bestimmt lieben können, wenn sich James Fuller nicht mehr in meine Gedanken einschleicht, und ich schwöre dir, das wird bald sein. Ein einziger Blick in sein Gesicht, wenn er erfährt, dass ich eine Mulattin bin, wird mich kurieren!
»Du machst mich sehr glücklich«, lachte Ethan. »Mit dir, und da bin ich sicher, werde ich mich niemals langweilen. Du bist keines dieser weißen Püppchen, die im Bett stocksteif …« Er unterbrach sich hastig. »Entschuldigung, das sollte ich in Gegenwart meiner Braut nicht weiter ausführen.«
Valerie lächelte. »Es ist kein Geheimnis, dass wir als Ehepaar nicht nur an einem Tisch sitzen, sondern das Bett teilen werden.«
»Gut, ja, aber es würde zu weit gehen, wenn ich dir versichern würde, dass ich das Feuer einer Mulattin oder schwarzen Frau den unbeweglichen Lenden einer Lady bevorzuge.«
Valeries Lächeln erstarb. Was redete er da? Woher wusste er das? Einmal abgesehen davon, dass er erst ein paar Monate auf Jamaika war? Hatte er diese Erfahrungen in London gemacht?
»Stimmt, das geht zu weit, lieber
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