Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
haben zwar eine Plantage dazugekauft, aber mein Bruder Richard schrieb mir, dass die Nachfrage nach unserem Rum so immens ansteigen würde, dass wir expandieren müssen. Er hat offenbar ein neues Verfahren der Destillation entwickelt, dessen Ergebnis auf dem europäischen Markt sehr gut ankommt.«
Valerie biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien. Dieser Schuft von Richard Fuller tat so, als ob er etwas Neues entwickelt hätte. Dabei wollte er ihr das Geheimnis des Hensen-Rums stehlen. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass James völlig ahnungslos war.
»Aber ich denke, ich lasse Misses Brown den Vortritt. Bei uns geht es um eine Expansion, bei Misses Brown schließlich um die Existenz.«
Paula stierte ihren Verlobten entgeistert an, bevor es förmlich aus ihr herausplatzte: »James! Bist du noch bei Sinnen? Dein Bruder hat dir klare Ansagen gemacht. Du wirst nicht etwa auf ein großes Geschäft verzichten, um der da …?«
»In diesem Punkt muss ich Paula recht geben«, mischte sich Cecily ein. Sie sprach nicht mehr ganz klar, doch sie lallte auch noch nicht. »So lieb mir Vally auch als Freundin ist, aber wir können und dürfen nicht auf ein Geschäft mit Mister Morton verzichten, nur um der Konkurrenz wieder auf die Beine zu helfen.« Sie wandte sich an Valerie. »Nein, meine Liebe, das wirst du verstehen. Mister Morton ist unser Freund, und wir können nicht tatenlos zusehen, wie du uns die Plantage vor der Nase wegkaufst!« Cecily blickte mit glasigen Augen in die Runde. »Ben, sag doch auch mal was!«, herrschte sie ihren Mann an.
»Natürlich zeugt es von wenig Geschäftssinn, wenn wir auf den lukrativen Kauf einer weiteren Plantage verzichten. Insofern muss ich meiner Freu recht geben, aber vielleicht finden wir in diesem speziellen Fall einen Kompromiss, sodass auch Misses Brown …«
»Nein, Mister Morton!«, unterbrach Cecily ihren Mann harsch. »Wir sind Geschäftsleute. Und wir bleiben dabei: James wird mit Ihnen die Vertragsmodalitäten aushandeln.«
»Ich möchte zunächst einmal mit meiner Verlobten und meiner Schwester unter vier Augen sprechen«, wandte James ein. Doch in diesem Punkt schienen sich die beiden Damen einig. Cecily machte eine abwehrende Handbewegung, während Paula ihre Hand James auf den Unterarm legte und in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, verkündete. »Ich wüsste nicht, was es da noch zu besprechen gibt. Es ist alles gesagt, wir machen das Geschäft mit Mister Morton und nicht unsere stärkste Konkurrentin!«
Valerie schnappte nach Luft. Was war in James gefahren? Wieso begehrte er nicht auf gegen eine solche Bevormundung durch seine Verlobte? Stattdessen warf er Valerie einen Blick zu, den sie nicht richtig deuten konnte. Wollte er sie auffordern, ihren Mund zu halten? Es sah ganz so aus. Ein unbändiger Zorn ergriff Besitz von ihr. So übermächtig, dass sie ihn nicht zurückhalten konnte. Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. Alle Blicke wandten sich ihr zu. Bevor Paula Hunter ihr ungebührliches Verhalten kritisieren konnte, stieß Valerie wütend hervor: »Gut, James, dann weiß ich ja, wer hier die Entscheidungen trifft. Deine Verlobte …«
»So einfach kannst du es dir nicht machen«, mischte sich Cecily ein, deren Worte inzwischen noch ein wenig schwerer verständlich waren als zuvor. Jedes Mal, wenn Valerie zu ihr hinübergesehen hatte, war sie gerade dabei gewesen, ein volles Weinglas zu leeren. Sie kann einem fast leidtun, sie ist wie ein gefangenes Vögelchen im goldenen Käfig, durchfuhr es Valerie, aber im nächsten Moment siegte der Zorn darüber, wie die betrunkene Freundin ihr in den Rücken fiel. Und alles nur, weil sie ihr geraten hatte, Gerald in Ruhe zu lassen. Das musste sie bis in die Tiefen ihrer Seele gekränkt haben. »Ich bin ganz Paulas Meinung. Du kannst nicht einfach meine Gastfreundschaft ausnutzen, um Geschäfte zu unseren Ungunsten abzuschließen«, lallte sie.
»Seit wann interessierst du dich für Geschäfte?«, schnaubte Valerie. »Und was Mister Morton und mich betrifft, hattest du ganz andere Pläne. Du wolltest uns beide verkuppeln. Von wegen Gastfreundschaft ausnutzen!«
Cecily lief hochrot an und wollte etwas erwidern, aber ihrem Mund entrang sich nur ein unverständliches Gebrabbel.
Ben stand auf, umrundete den Tisch und legte hilflos den Arm um seine Frau, doch diese entwand sich dieser Umarmung. »Fass mich nicht an!«, zischte sie.
Valerie erhob sich ebenfalls von ihrem Platz. »Ich werde
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