Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
Cecily noch eines und wollte es gerade wie gewöhnlich hinunterstürzen, als Ben hinzutrat und ihr das volle Glas sanft aus der Hand nahm.
»Ich glaube, das ist nicht gut für unser Kind«, bemerkte er beinahe entschuldigend.
»Blödsinn! Es ist mein erstes Glas«, schnaubte Cecily empört und entwand ihrem verdutzten Ehemann den Champagner.
Ben fing sich schnell wieder und begrüßte den Gast. Dann nahm er auch Valerie wahr und sagte: »Sie haben gar kein Glas. Darf ich Ihnen eines anbieten?«
»Gern«, erwiderte Valerie, während sie wie gebannt zur Tür sah. Amos kündigte die Ankunft von Miss Hunter und Mister Fuller an.
Valerie hätte nicht sagen können, wer von beiden schockierter dreinsah, als sie sie erkannten.
Ein heißer Schauer durchfuhr Valerie bei James’ Anblick. Er war schmaler geworden, wirkte ein wenig blass, aber ein einziger Blick in seine Augen ließ alle Gefühle für ihn erneut aufflammen.
»Valerie?«, entfuhr es ihm entgeistert.
»Sie sind also Valerie?«, stieß Paula Hunter mit einer Mischung aus Neugier und unverhohlener Ablehnung hervor.
»Valerie?«, wiederholte James und trat einen Schritt auf sie zu, bevor er sich vorwurfsvoll seiner Schwester zuwandte. »Warum hast du mir das verheimlicht?«
»Ich wusste nicht, dass es dich interessiert«, entgegnete Cecily schnippisch.
»Interessiert es dich denn, Liebling?«, mischte sich seine Verlobte ein, die Valerie dabei keinen Moment aus den Augen ließ.
Valerie hielt dem Blick des Raubvogels stand.
James’ Miene versteinerte, während er ihr die Hand gab. »Schön, Sie zu sehen, Valerie. Und es tut mir sehr leid um Ihren Mann. Sein heldenmütiger Einsatz im Kampf gegen das Dengue-Fieber hat sich bis Kingston herumgesprochen«, sagte er in förmlichem Ton.
Valerie zögerte. Sie befürchtete, dass selbst ein harmloser Händedruck ihr Herz zum Pochen bringen würde. Doch sie konnte seine Hand unmöglich ignorieren. Also schlug sie ein. Ein heißer Schauer durchfuhr ihren Körper. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass sie nie aufgehört hatte, ihn zu lieben. Sie befürchtete, dass man ihr diese unangebrachten Emotionen ansehen könnte. Hastig entzog sie ihm ihre Hand und wandte sich seiner Verlobten zu.
»Guten Tag, Miss Hunter«, sagte sie kühl.
»Guten Tag, Misses Brown, ich habe schon viel von Ihnen gehört …« Paula legte eine Pause ein und fixierte Valerie durchdringend. »Warum haben Sie eigentlich gelogen, als wir uns unten am Kai begegnet sind?«, fragte sie lauernd.
»Ihr kennt euch schon?« Cecily warf Valerie einen feindseligen Blick zu. »Mir hat meine Freundin nichts von dieser Begegnung erzählt.«
Valerie straffte die Schultern. Sie hatte das Gefühl, von Feindinnen umgeben zu sein. Offenbar sann Cecily nach Rache für ihre klaren Worte von vorhin. Also war sie völlig auf sich selbst gestellt und konnte auf keinerlei Unterstützung hoffen. Diese Schlacht musste sie allein schlagen.
»Verzeihen Sie, Misses Hunter, aber ich hielt unsere Begegnung für nicht so wichtig …« Sowohl Paula als auch Cecily sahen sie strafend an.
»Ach ja? Sie fanden es also völlig normal, mich erst nach dem Weg zum Handelshaus Fuller zu fragen und dann, nachdem ich Ihnen verrate, dass es sich bei James Fuller um meinen Verlobten handelt, zu behaupten, Sie hätten sich wohl im Namen getäuscht.«
Valerie lief rot an. Sie fühlte sich in die Enge getrieben. Mit einem Seitenblick auf die beiden Männer stellte sie fest, dass Letztere ihr mit Sicherheit gern aus der Patsche geholfen hätten, doch offenbar nicht wussten, wie. Nein, sie musste aus dieser Sache mit eigener Kraft als Siegerin hervorgehen!
Valerie räusperte sich, bevor sie in ruhigem Ton erklärte: »Es tut mir schrecklich leid, dass ich Sie in meiner Not beschwindelt habe. Aber sehen Sie, ich hatte ein geschäftliches Anliegen, das ich Ihrem Verlobten vortragen wollte. Doch als sie mich nicht eben freundlich davon in Kenntnis gesetzt haben, dass Sie die Verlobte von Mister Fuller sind, habe ich mich entschlossen, ein anderes Mal wiederzukommen. Ich befürchtete, Sie würden meinen Besuch bei Ihrem Verlobten missverstehen und mich womöglich noch bis in sein Büro begleiten. Und das wäre mir gar nicht recht, denn ich muss Mister Fuller dringend unter vier Augen sprechen …« Obwohl Valeries Herz bis zum Hals schlug, fuhr sie an James gerichtet scheinbar unbeirrt fort: »James, meinen Sie, dass Sie nach dem Essen ein paar Minuten unter vier Augen für mich
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