Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
ermöglichen könnten?«
»Aber sicher, Valerie«, entgegnete James. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
Ein Blick in Paulas Gesicht ließ Valerie erzittern: Die Frau war bereit, bis aufs Messer um ihren Verlobten zu kämpfen. Keine Sekunde würde sie James mit ihr allein lassen!
Paula ist nicht so dumm, das direkt zuzugeben, dachte Valerie, als sie James’ Verlobte säuseln hörte: »Ach so, es handelt sich um eine geschäftliche Angelegenheit. Entschuldigen Sie bitte, dass ich so misstrauisch war. Wenn Sie nur wüssten, wie viele heiratswillige junge Damen keine Gelegenheit verstreichen lassen, sich an meinen Verlobten heranzumachen. Ich befürchtete, Sie seien eines dieser Hühner.«
Valerie rang sich zu einem falschen Lächeln durch. »Dann sind ja alle Missverständnisse beseitigt, und wir können gute Freundinnen werden«, erklärte sie mit einem spöttischen Unterton. Dabei hätte sie es belassen sollen. Das jedenfalls signalisierte ihr ihr Verstand, aber da hörte sie sich bereits bemerken. »Nehmen Sie das den Damen nicht übel. Einige machen erst halt, wenn der Mann ihrer Träume verheiratet ist. Überhaupt, sollte es nicht eine Doppelhochzeit geben?«
Valerie blickte von Paula, die nach Luft schnappte, zu James. Er schien wie erstarrt, und es tat Valerie in der Seele weh, dass sie ihn mit dieser Bemerkung offenbar mehr getroffen hatte als seine Verlobte.
»Das war so geplant«, sagte er hölzern. »Aber geschäftliche Probleme haben mich daran gehindert. Sie erinnern sich sicher an den Hurrikan, der über Montego Bay hinwegfegte. Er hat unsere Plantagen zerstört, und es ist meinem Bruder erst kürzlich gelungen, frisches Zuckerrohr, das im Februar abgeerntet werden kann, zu besorgen.«
Paula hakte sich besitzergreifend bei ihrem Verlobten ein und schmiegte sich eng an ihn. »Das kann natürlich sein, dass die dummen Hühner unseren verschobenen Hochzeitstermin missverstehen, aber wir haben schon einen neuen. Gleich im neuen Jahr. Wir würden Sie natürlich gern einladen, aber dann sind Sie sicherlich schon zurück in Ihrer Bucht, nicht wahr?«
Valerie verzog keine Miene. Sie war in erster Linie wütend auf sich selbst. Warum hatte sie den Kampf mit dieser Person nur mutwillig heraufbeschworen? Sie hätte sich doch denken können, dass sich Paula Hunter nicht ungestraft von ihr vorführen ließ.
Glücklicherweise bat Cecily nun zu Tisch, sodass sie James’ Verlobter eine Antwort schuldig bleiben musste.
Das Ehepaar Hunter nahm getrennt am Tisch Platz. Cecily an der einen Kopfseite des Tisches, Ben an der anderen. Dazwischen, zu beiden Seiten, waren die Gäste platziert. Valeries Tischherr war natürlich Mister Morton, ihr gegenüber saß James und zu ihrer rechten Ben.
Obwohl Mister Morton offensichtlich bemüht war, ihr ein angenehmer Tischherr zu sein, fühlte sie sich unwohl, zumal Cecily, die ihr schräg gegenüber saß, sie keines Blickes würdigte. James hingegen warf ihr während der Vorspeise ständig verstohlene Blicke zu, die Paula Hunter nicht entgingen.
Valerie war froh, als das Gespräch beim Hauptgang noch einmal auf den Hurrikan und die damit verbundene Missernte kam.
Jetzt oder nie, dachte sie und fasste sich schließlich ein Herz.
»Ach ja, der fürchterliche Hurrikan«, seufzte sie. »Er hat auch meine Plantage völlig verwüstet. Mein Verwalter ist bereits dabei, überall auf der Insel nach einer Plantage zu suchen, die ich käuflich erwerben könnte, denn Geld ist nicht das Problem. Doch, wenn wir die Schiffe im Februar leer nach Flensburg fahren lassen müssten, wäre das ein Desaster. Die paar Fässer, die wir noch vom letzten Jahr lagern, genügen bei Weitem nicht.«
Valerie hielt inne und hoffte, dass Henry Morton ihren Hilferuf verstanden hatte. Und tatsächlich, er wandte sich ihr besorgt zu und murmelte: »Ich weiß gar nicht, ob wir es dieses Jahr schaffen, alle Felder abzuernten. Ich könnte Ihnen also mit einer Plantage aushelfen.«
»Das würden Sie tun?«, rief Valerie erfreut aus. »Ich zahle auch jeden Preis.«
»Ich will Sie nicht ausnehmen, Misses Brown, da finden wir vielleicht eine Lösung …«
Aus dem Augenwinkel beobachtete Valerie mit großem Unbehagen, wie Paula ihren Ellenbogen James in die Seite stieß. »Nun sag doch auch was«, zischte sie ihm so laut zu, dass alle im Tisch es verstehen konnten.
James räusperte sich, bevor er sich an Henry Morton wandte. »Genau das Geschäft wollte ich Ihnen eigentlich heute Abend vorschlagen. Wir
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