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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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gleich«, entgegnete Valerie steif. Kaum hatte Asha die Tür geschlossen, eilte Valerie zu ihrem Kleiderschrank. Ich habe nichts anzuziehen, dachte sie wütend, während sie ein Kleid nach dem anderen aus dem Schrank zog und missbilligend zu Boden warf. Erst das letzte, ein helles Kleid mit rosa Blüten, fand ihre Zustimmung.
    Beim Anziehen grübelte sie darüber nach, wie sie sich James gegenüber wohl verhalten sollte. Wenn sie sich zu freundlich benähme, würde er womöglich nicht merken, wie enttäuscht sie von ihm war. Wenn sie sich allerdings zu schroff gebärdete, lief sie Gefahr, dass er glaubte, sie wolle ihre Zuneigung zu ihm überspielen. Nein, sie musste versuchen, sich so kühl und unnahbar zu geben, wie es ihr nur irgendwie möglich war. Über zwei Wochen war es jetzt her, dass seine Mutter sich ihr gegenüber derart unmöglich benommen hatte. Sehnsüchtig hatte sie auf eine Entschuldigung seinerseits gewartet. Vierzehn lange Tage hatte sie darauf gehofft und selbst in den Nächten wach gelegen und an ihn gedacht. Aber er hatte nichts von sich hören lassen. Und dann war ihr am vergangenen Nachmittag schmerzhaft vor Augen geführt worden, dass er längst mit einer anderen verlobt war. James Fuller ist für mich gestorben, hatte sie gerade heute beim Frühstück Grandma im Brustton der Überzeugung versichert. Es ärgerte sie maßlos, dass ihr Herzschlag sich trotzdem beschleunigt hatte, seit sie wusste, dass er im Hause war.
    Valerie drehte sich angespannt vor dem Spiegel und zupfte noch ein wenig am Ärmel des Kleides, um ein bisschen mehr von ihrer Schulter freizulegen. Und sie konnte gar nichts dagegen tun. Der gestrige Nachmittag lief in seiner ganzen Scheußlichkeit noch einmal vor ihrem inneren Auge ab. Die Begegnung mit ihrer Freundin Cecily. Freundin?, dachte Valerie verbittert, durfte sie Cecily Fuller nach dem merkwürdigen Zusammentreffen eigentlich überhaupt noch als ihre Freundin bezeichnen?
    Es war im Haus von Mary Tenson gewesen, der Tochter eines der reichsten Handelsherren von ganz Jamaika. Die Familie besaß nicht nur in der Montego Bay ein Herrenhaus, sondern auch in Kingston.
    Marys Mutter bevorzugte das Klima im Nordwesten der Insel, weshalb Mary auch auf derselben Mädchenschule wie Valerie gewesen war. Deshalb kannte sie die junge Frau, die ihr aber nie besonders nahe gewesen war. Mary war ihr zu überheblich und oberflächlich. Früher hatte Mary zu den Mädchen gehört, die Valerie wegen ihrer Hautfarbe gefoppt hatten. Und sie war diejenige gewesen, mit der Valerie einst deshalb gerauft hatte. Mary hegte seitdem großen Respekt für Valerie. Und das war immer noch so. Deshalb hatte Mary sie wohl auch zusammen mit den anderen zum Nachmittagstee eingeladen.
    Valerie atmete ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen, doch sie erinnerte sich an jedes Detail des furchtbaren Erlebnisses: Sie hatte gleich ein ungutes Gefühl und wollte die Einladung eigentlich absagen, aber mochte sie eine Außenseiterin werden wie ihre Großmutter? Bald sollte sie allerdings erfahren, warum eine Absage vielleicht die bessere Entscheidung gewesen wäre. Sie war die Einzige, die mit dem eigenen Pferd gekommen war. Die anderen hatten sich von ihren Kutschern bringen lassen.
    In der Diele begegnete ihr Cecily. Valerie freute sich zunächst, sie zu sehen, doch dann war sie verblüfft. Cecily begrüßte sie nur kurz und kühl. Valerie war indessen keine Frau, die mit ihrer Meinung hinter dem Berg hielt.
    »Was habe ich dir getan? Warum schneidest du mich?«, fragte sie Cecily auf den Kopf zu.
    Cecily wollte sich aus der Affäre ziehen. »Wir müssen in den Salon. Das ist sonst unhöflich!«
    »Unhöflich ist es, wenn du mich, deine alte Freundin, plötzlich so behandelst als ob ich ein Verbrechen begangen hätte. Dabei war es deine Mutter, die sich bei meinem Besuch in ihrem Haus schlecht benommen hat. Warum warst du eigentlich nicht da, als sie mich eingeladen hat?«
    Cecily war das Gespräch sichtbar unangenehm. Sie versuchte, sich um eine Antwort zu drücken, aber Valerie ließ nicht locker. »Was ist geschehen?«
    Cecily richtete den Blick auf ihre Schuhspitzen, während sie endlich zu reden begann. »Meine Mutter möchte nicht, dass wir unsere Freundschaft fortsetzen«, presste sie zögernd hervor.
    »Warum? Und bitte schau mich an. Wir waren doch immer unzertrennlich.«
    Cecily stöhnte laut auf. »Sie behauptet, in deiner Familie sei etwas nicht in Ordnung. Und sie wünscht, dass ich keinen

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