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Das Haus auf den Klippen

Das Haus auf den Klippen

Titel: Das Haus auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ich’s mir anschauen will.«
»Es ist in der Wohnung.«
»Wenn du nächstesmal wieder hinfährst, bringst du’s dann
mit?«
»Ja, klar. Wir schauen’s dann zusammen an.«
Sollte ich ihnen sagen, daß ich es habe? fragte sich Amy. Es
gefällt ihnen vielleicht nicht, daß ich es mir angeschaut habe.
Nein, es war bestimmt besser, die Videokassette so schnell wie
möglich wieder in Elaines Haus zurückzuschaffen. Vielleicht
fiel es Mr. Nichols wieder ein, daß er sie auf dem Cape vergessen hatte, und er fragte dann Elaine danach.
    Als Menley ins Bibliothekszimmer ging und die Tür schloß,
bemerkte sie sofort, daß die Atmosphäre irgendwie anders war
als sonst. Es war so frostig hier. Das mußte es sein. Der Raum
hier bekam keine Morgensonne ab. Sie entschied sich trotzdem
dafür, die Arbeitsmaterialien nicht wieder in die Küche hinüberzutragen. Sie vergeudete zuviel Zeit damit, die einzelnen Stapel
durchzugehen. Sie würde sie auf dem Boden ausbreiten, so wie
sie auch zu Hause in ihrem Arbeitszimmer immer vorging, und
jeden Stapel mit einem Zettel versehen, auf dem sie in großen,
deutlichen Buchstaben den Inhalt bezeichnet hatte. Auf diese
Weise konnte sie das, was sie suchte, leicht finden, und wenn sie
fertig war, brauchte sie einfach nur die Tür hinter dem ganzen
Salat zu schließen, anstatt extra aufzuräumen.
    Sie verbrachte die erste Stunde damit, die Unterlagen zu ihrer
Zufriedenheit auszubreiten, schlug dann den neuen Ordner von
Phoebe Sprague auf und begann den Inhalt zu sondieren.
    Die Zeichnungen lagen obenauf. Erneut musterte sie die Skizze vom Kapitän und Mehitabel auf dem Schiff und klebte sie
dann mit Klebstreifen an die Wand neben ihrem Schreibtisch.
Daneben hängte sie ihre eigenen Zeichnungen der beiden und
das Bild, das Jan aus der Brewster-Bücherei mitgebracht hatte.
Beinahe austauschbar, dachte sie. Ich muß bei all den Papieren
auf so etwas Ähnliches gestoßen sein.
    Sie hatte schon ein Konzept parat, wie sie vorgehen würde.
Als erstes durchsuchte sie sorgfältig die neuen Unterlagen nach
jedem nur möglichen Hinweis auf Tobias Knight.
    Das erste Mal, daß sie auf seinen Namen stieß, stand in Verbindung mit dem Vollzug von Mehitabels Züchtigung. »Bei der
gemeindeversammlung in Monomoit an dem dritten mittwoch
im august des jahres unseres HErrn eintausendsiebenhundertfünf
ward Mehitabel, eheweib von Kapitän Andrew Freeman, vorgeführt und das urtheil des gerichts vollzogen in gegenwart ihres
gemahls, ihrer ankläger, ihres reumüthigen theilhabers am ehebruch, sowie der stadtbewohner, die sich aus ihren häusern und
von ihren pflichten herbeibegaben, als zeugen der sühne ihrer
unzucht beizuwohnen und sich davor warnen zu lassen.«
    Der dritte Mittwoch im August, dachte Menley. Das wäre um
diese Zeit herum. Und Andrew hatte zugesehen, wie sie gefoltert
wurde. Wie brachte er das fertig?
    Da war eine Notiz von Phoebes Hand: »Kapitän Freeman
setzte noch am selben Abend Segel und nahm den sechs Wochen alten Säugling und eine Indianersklavin als Amme mit.«
    Er ließ sie in diesem Zustand zurück und nahm ihr das Baby
weg. Menley blickte zu ihrer Zeichnung von Andrew Freeman
hoch. Du hast an jenem Tag hoffentlich nicht stark und souverän
ausgesehen, dachte sie. Sie riß die Skizze von der Wand, griff
nach einem Kohlestift, und mit raschen, gewandten Strichen
änderte sie den selbstsicheren Gesichtsausdruck.
    Sie hatte vorgehabt, Grausamkeit darzustellen, aber wie sehr
sie sich auch bemühte: Als sie fertig war, war das Gesicht von
Andrew Freeman das eines von Gram gebrochenen Mannes.
Vielleicht hattest du ja den Anstand zu bereuen, was du ihr
angetan hast, dachte sie.
    Amy hatte Hannah hereingebracht, damit sie ein Fläschchen Saft
trinken konnte. Mit dem Baby auf dem Arm stand sie unentschlossen im keeping room herum. Von der Vorderseite des
Hauses her meinte sie ein Geräusch zu hören, das wie ein leises
Schluchzen klang. Das also hat Carrie gestern gehört, dachte sie.
Vielleicht kam Mrs. Nichols ja früher zurück, als wir meinten.
    Mrs. Nichols machte einen derart gefaßten Eindruck, wenn
Leute in der Nähe waren, aber in Wirklichkeit hatte sie Depressionen, überlegte Amy, und flüchtig erwog sie, ob es ihre Pflicht
war, mit Mr. Nichols darüber zu sprechen.
    Dann lauschte sie erneut. Nein, das war nicht Mrs. Nichols,
die weinte. Der Wind hatte sich wieder genauso wie am Vortag
erhoben und rief jetzt das schluchzende Geräusch

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