Das Haus auf den Klippen
heiratete. »Jane hat die ganzen Jahre lang für alles, was
sie besitzt, gearbeitet«, hatte seine Mutter geschäumt. »Was hat
sie nur in diesem widerlichen Schnorrer gesehen? Er ist mit einem Paar Unterhosen in diese Ehe gegangen.«
Es erschien Nat, als habe Covey etwa genausoviel an weltlicher Habe zu seiner Vereinigung mit Vivian beigesteuert.
Dann leuchteten seine Augen auf. Der BMW stand auf der
linken Seite der Garage. Der Boden rechts daneben war mit Öl
verschmiert.
Nat ging auf die Knie. Es gab kein Anzeichen dafür, daß der
BMW Öl verlor, und er wußte, daß auch auf der Einfahrt keine
Ölflecken waren.
Wer hatte hier geparkt, und zwar nicht nur einmal, sondern
des öfteren, überlegte er, und weshalb würde man den Wagen
eines Besuchers in die Garage fahren? Ein Grund natürlich wäre
es, sicherzugehen, daß niemand etwas von der Existenz des Wagens mitbekam.
Nat war sich klar, daß er als nächstes nachsehen würde, ob
Tinas Wagen Öl verlor.
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D
eb Coogan hatte ein paar wunderbare Stunden. Normalerweise wusch sie sich selbst ihre kurzen, lockigen Haare,
trocknete sie mit einem Handtuch und ging etwa alle sechs Wochen zu dem kleinen Friseur am anderen Ende des Orts, um sich
die Haare schneiden zu lassen. Nun war sie zum erstenmal bei
Tresses, dem besten Schönheitssalon von Chatham.
Sie war entspannt, genoß die rosagrüne Luxusausstattung des
schicken Salons und ließ mit großem Vergnügen die gründliche
Haarwäsche inklusive einer Nackenmassage, das Einarbeiten der
Strähnchen, die ihrem mittelbraunen Haar Glanzlichter verliehen, die Maniküre mit warmem Öl und die Pediküre, ihre allererste, über sich ergehen. Da es schließlich ihre Bürgerpflicht
war, mit möglichst vielen der Angestellten hier ins Gespräch zu
kommen, hatte sie sich für all diese Behandlungen entschieden.
Jede Befürchtung ihrerseits, die Mitarbeiter des Salons könnten sich scheuen zu reden, schwand schnell. Alle Anwesenden
tuschelten über die große Neuigkeit, daß Scott Covey möglicherweise ein Verdächtiger im Todesfall seiner Frau war.
Deb fiel es leicht, Beth, die ihr die Haare wusch, zum Reden
über die verstorbene Vivian Carpenter Covey zu bringen, doch
letzten Endes erfuhr sie nur, daß Beth fast in Ohnmacht gefallen
sei, als sie las, daß Vivian dermaßen viel Geld hatte. »Nie ein
Trinkgeld für mich und gerade mal ein paar Krümel für die Friseuse. Und das können Sie mir glauben: Ein einziger Tropfen
Wasser, der auch nur in die Nähe von ihrem Ohr kam, und
schon hat sie sich wegen ihrem empfindlichen Trommelfell beschwert. Da frag ich Sie, wie empfindlich konnten die denn
sein? Sie hat doch immer damit angegeben, daß sie tauchen
lernt.«
Die Friseuse war etwas wohlmeinender. »Oh, wir haben sie
alle mal als Kundin gehabt. Sie hat sich ständig Sorgen gemacht,
daß sie nicht ganz perfekt aussieht. Und natürlich war immer
schuld, wer sie gerade bedient hat, wenn sie nicht zufrieden war.
Es ist wirklich ein Jammer. Sie war eine hübsche Frau,
schwankte aber ständig hin und her – mal war sie so hochnäsig
wie ihre Carpenter-Verwandten, dann wieder hat sie sich über
alles und jedes aufgeregt. Die hätte einen Heiligen um den
Verstand bringen können.«
Auch die Frau, die ihr die Maniküre machte, tratschte gern,
war aber leider nicht besonders hilfreich: »Sie war total auf diesen ihren Ehemann versessen. Ist der nicht ein toller Hecht?
Einmal ist er über die Straße gekommen, um sie abzuholen, und
eins unsrer Mädchen sah ihn durch die Fensterscheibe. Sie sagte: Entschuldigung, aber ich renn jetzt raus und werf mich diesem Prachtstück da zu Füßen.‹ Sie hat natürlich nur einen Witz
gemacht, aber können Sie sich vorstellen, daß sie dabei grade
Vivians Nägel fertigpoliert hat? Die ist vielleicht an die Decke
gegangen. Vivian hat sie angeplärrt. ›Warum will jedes Flittchen
auf der ganzen Welt meinen Mann anmachen?‹«
Will ihn anmachen, dachte Deb. Das bedeutet wohl, daß er
nicht darauf einging. »Wann ist das passiert?« erkundigte sie
sich.
»Ach, ungefähr zwei oder drei Wochen, bevor sie ertrank.«
Als sie dann aber ihre Pediküre bekam, wußte Debbie, daß ihr
Nachmittag nicht bloß eine extravagante Verschwendung war.
Die Fußpflege erhielt man in einem separaten, durch einen
Wandschirm abgetrennten Bereich, wo zwei erhöhte Stühle nebeneinander über Fußbädern standen.
»Versuchen Sie bitte, Ihre Zehen stillzuhalten, Mrs. Coogan«,
sagte
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