Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
war. Es lag nur am Streß, das war alles. Und er hatte allen Grund, gestreßt zu sein.
Er spülte ein paar Aspirin hinunter und redete sich ein, daß seine Hände nicht zitterten. Als ihm das Röhrchen jedoch entglitt und die Tabletten über den Fliesenboden kullerten, ließ er sie einfach liegen und ging hinaus.
Er fand Miranda in ihrem Arbeitszimmer. Sie trug Pullover und Leggings, hatte die Haare hochgesteckt und saß kerzengerade an ihrem Computer.
Er zögerte lange, bis er endlich den Mut aufbrachte, einzutreten. Sie sah sich um, als sie ihn hörte, sicherte ihre Daten und schaltete das Gerät aus.
»Guten Morgen.« Sie wußte, daß ihre Stimme kühl klang, aber mehr Wärme konnte sie nicht aufbringen. »In der Küche steht Kaffee.«
»Es tut mir leid.«
»Das glaube ich dir. Du solltest dir vielleicht einen Eisbeutel auf dein Auge legen.«
»Was willst du von mir hören? Ich habe doch schon gesagt, daß es mir leid tut. Ich habe zuviel getrunken und dich in eine peinliche Situation gebracht. Ich habe mich wie ein Idiot benommen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Nein?«
»Nein.« Die Tatsache, daß sie nicht einlenkte, machte ihn wütend. »Ich bin über meine Grenzen hinausgegangen, das ist alles.«
»Für dich ist schon ein Drink zuviel, Andrew. Ehe du das nicht einsiehst, wirst du dich weiter in peinliche Situationen bringen und dich selbst und die Menschen, die dich lieben, verletzen.«
»Hör zu, während du dein kleines Abenteuer mit Boldari gehabt hast, habe ich hier bis über beide Ohren in Arbeit gesteckt. Und ein Grund dafür ist dein Versagen in Florenz.«
Ganz langsam stand sie auf. »Wie bitte?«
»Du hast mich sehr wohl verstanden, Miranda. Ich mußte mir die Vorträge unserer Eltern über deine Bronzeskulptur anhören. Und ich habe tagelang nach diesen verdammten Dokumenten über den David gesucht – für die du verantwortlich bist. Auch dafür habe ich die Prügel bezogen, weil du weg warst. Du verschwindest einfach und vögelst mit einen...«
Die Ohrfeige, die sie ihm versetzte, erschreckte sie beide. Sprachlos starrten sie einander an. Miranda ballte ihre schmerzende Hand zur Faust, drückte sie auf ihr Herz und wandte sich ab.
Andrew stand bewegungslos da und fragte sich, warum er die neue Entschuldigung, die ihm auf der Zunge lag, nicht aussprechen konnte. Dann drehte er sich wortlos um und ging hinaus.
Wenige Augenblicke später hörte sie die Haustür zuschlagen, und als sie aus dem Fenster blickte, sah sie, wie er mit seinem Wagen davonfuhr.
Ihr ganzes Leben lang war er ihr Fels gewesen. Und jetzt hatte sie, nur weil sie zu Mitgefühl nicht fähig war, die Hand gegen ihn erhoben, als er ihre Hilfe brauchte. Hatte ihn weggestoßen.
Ihr Faxgerät klingelte. Miranda rieb sich den Nacken, um die Anspannung zu lindern, und trat an das Gerät, als das Blatt Papier gerade in den Auffangkorb fiel.
Glaubst du, ich wüßte es nicht? Hat es dir in Florenz gefallen, Miranda? Die Frühlingsblumen und der warme Sonnenschein?
Ich weiß immer, wo du bist. Ich weiß, was du denkst. Ich bin die ganze Zeit über in deinem Kopf.
Du hast Giovanni umgebracht. Sein Blut klebt an deinen Händen.
Kannst du es sehen?
Ich sehe es.
Wütend zerknüllte Miranda das Blatt Papier und schleuderte es quer durchs Zimmer. Sie preßte die Hände auf die Augen und wartete, bis sich der rote Schleier aus Wut und Angst gelichtet hatte. Dann hob sie den Papierball ruhig wieder auf und glättete ihn sorgfältig.
Und legte ihn zu den anderen beiden in die Schublade.
Ryan kam mit einem ganzen Arm voller Narzissen zurück. Ein Lächeln flog über Mirandas Gesicht, doch es erreichte nicht ihre Augen. Er tippte ihr ans Kinn.
»Was ist los?«
»Nichts. Die Blumen sind wundervoll.«
»Was ist los?« wiederholte er.
»Andrew und ich haben uns gestritten. Er ist gegangen. Ich weiß nicht, wohin, und ich weiß, daß ich daran nichts ändern kann.«
»Du mußt ihm Gelegenheit geben, mit sich selbst ins reine zu kommen, Miranda.«
»Ich weiß. Laß mich die Blumen ins Wasser stellen.« Aus einem Impuls heraus griff sie nach der Lieblingsvase ihrer Großmutter und nahm sie mit in die Küche, wo sie die Blumen geschäftig auf dem Küchentisch ausbreitete. »Ich glaube, ich habe schon Fortschritte gemacht«, sagte sie zu Ryan. »Ich habe ein paar Listen zusammengestellt.«
Sie fragte sich, ob sie ihm von dem Fax erzählen sollte, verschob es jedoch auf später. Später, wenn sie über alles noch einmal
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