Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Ich hatte Angst, daß er mich vergewaltigen wollte, und fragte mich, ob ich eine Chance hätte, mich gegen ihn, gegen sein Messer zur Wehr zu setzen. Ich habe eine Messerphobie.«
Mirandas Finger zitterten leicht, und Ryan verstärkte seinen Griff. »Hat er dich geschnitten?«
»Ein bißchen, gerade... gerade genug, um mir angst zu machen. Dann hat er mich niedergeschlagen, meine Reifen zerstochen und war weg.«
»Er hat dich niedergeschlagen?«
Sie blinzelte, weil seine Stimme so kalt klang und seine Finger zugleich mit unendlicher Zärtlichkeit über ihre Wangen strichen. »Ja.«
Ryan war außer sich vor Wut. »Wie schlimm warst du verletzt?«
»Nicht besonders, nur Beulen und Schrammen.« Sie senkte
den Blick, weil ihr die Tränen in die Augen traten. Sie hatte Angst, ihre Gefühle zu zeigen – ihr Erstaunen und die Verwirrung über seine Gefühle ihr gegenüber. Nur Andrew hatte sie bisher so besorgt und liebevoll angesehen.
»Es war nichts«, sagte sie noch einmal. Als er ihr Kinn anhob und sie leicht auf die Wangen küßte, sah sie ihn hilflos an.
»Sei nicht so lieb zu mir.« Tränen liefen ihr über die Wangen, bevor sie sie zurückdrängen konnte. »Ich kann nicht damit umgehen.«
»Dann mußt du es eben lernen.« Ryan küßte sie noch einmal und wischte ihre Tränen mit dem Daumen weg. »Hast du früher schon einmal hier in der Gegend Probleme gehabt?«
»Nein, noch nie.« Zitternd holte sie Luft und beruhigte sich langsam. »Deshalb war ich ja so geschockt, so unvorbereitet. Hier in der Gegend ist die Kriminalitätsrate sehr niedrig. Der Überfall war eine solche Sensation, daß er tagelang in den Lokalnachrichten Thema Nummer eins war.«
»Man hat ihn nicht gefaßt?«
»Nein. Ich konnte ihnen aber auch keine allzu genaue Beschreibung geben. Er trug ja eine Maske, deshalb war ich nur imstande, etwas über seine Figur zu sagen.«
»Beschreib ihn mir.«
Miranda wollte sich eigentlich nicht mehr an den Zwischenfall erinnern, aber sie wußte, daß er nicht lockerlassen würde, bis sie nachgab. »Ein Weißer, ungefähr ein Meter fünfundachtzig groß, braune Augen. Schlammbraun. Lange Arme, große Hände, Linkshänder, breite Schultern, kurzer Hals. Keine auffälligen Narben oder Merkmale – jedenfalls keine, die ich sehen konnte.«
»Es hört sich so an, als ob du ihnen ziemlich viel sagen konntest.«
»Nicht genug. Er sprach nichts, keinen Ton. Das hat mir noch zusätzlich Angst gemacht. Alles passierte so schnell, so leise! Und er stahl meinen Paß, meinen Führerschein, alle Ausweise und Karten. Es dauerte mehrere Tage, bis ich alles wieder beantragt und beisammen hatte.«
Ein Profi, dachte Ryan. Mit einem Plan.
»Andrew war außer sich«, erinnerte sich Miranda mit einem schwachen Lächeln. »Er ist eine Woche lang jeden Abend mit einem Golfschläger bewaffnet ums Haus gegangen, in der Hoffnung, der Mann käme zurück und er könnte ihn zusammenschlagen.«
»Das Gefühl kenne ich.«
»So reagieren Männer. Ich hätte es lieber selbst geregelt. Es war demütigend, daß ich mich nicht gewehrt habe, daß ich einfach wie erstarrt war.«
»Wenn dir jemand ein Messer an die Kehle hält, ist es das klügste, einfach zu erstarren.«
»Ich hatte furchtbare Angst. Weh getan hat es eigentlich nicht«, murmelte sie und starrte blicklos auf den Tisch.
»Es war wahrscheinlich beides. Ins Haus wollte er nicht?«
»Nein, er schnappte sich nur meine Aktentasche und meine Handtasche, schlug mich nieder und lief weg.«
»Schmuck?«
»Nein.«
»Hast du welchen getragen?«
»Ja, ich trug eine Goldkette und eine Uhr – die Polizei hat mich auch danach gefragt. Aber ich hatte einen Mantel an, er hat es wahrscheinlich nicht gesehen.«
»Diese Uhr?« Ryan hob ihr Handgelenk und musterte die schmale, achtzehnkarätige Cartier-Uhr. Selbst ein Idiot kann mindestens einen Tausender dafür herausschlagen, dachte er. »Das Ganze klingt nicht nach einem Amateur, der eine solche Beute übersehen hat. Und er hat dich ja auch nicht gezwungen, die Haustür zu öffnen, damit er dort wertvolle Gegenstände stehlen konnte.«
»Die Polizei hat angenommen, daß er womöglich auf der Durchreise war und kein Geld mehr gehabt hatte.«
»Wenn er Glück gehabt hätte, wären vielleicht zweihundert Dollar in deiner Tasche gewesen. Das ist keinen bewaffneten Raubüberfall wert.«
»Manche Menschen töten für Designer-Turnschuhe.«
»Solche nicht. Er war auf deine Ausweise aus, Liebling, weil jemand wollte, daß du
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