Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
verlassen. Als Labormanagerin hatte sie freien Zugang zu allen Daten. Und bestimmt beide Skulpturen schon einmal in der Hand gehabt. Hatte sie sie begehrt?
Richard Hawthorne. Bücherwurm. Stille Wasser waren tief und manchmal auch gewalttätig. Er kannte sich in der Geschichte aus, wußte, wie man Nachforschungen anstellt. So jemand wurde häufig zugunsten von strahlenden und fordernden Persönlichkeiten übersehen. Das konnte an einem Mann nagen.
Vincente Morelli, langjähriger Freund und Partner. Mit einer sehr jungen, anspruchsvollen Frau verheiratet. Er hatte dem Institut und Standjo Jahre seines Lebens, seiner Arbeit und seiner Fähigkeiten geschenkt. Warum sollte er sich nicht noch einen anderen Ausgleich dafür besorgen als den monatlichen Scheck und ein Schulterklopfen für erwiesene Dienste?
John Carter, mit seinen abgetretenen Schuhen und den albernen Krawatten. Unerschütterlich wie Granit. Warum nicht genauso hart? Er arbeitete seit mehr als fünfzehn Jahren für das Institut. Befolgte Anweisungen, führte Routinearbeiten durch. Vielleicht befolgte er ja auch in diesem Fall Befehle.
Jeder von ihnen könnte es geplant haben, dachte Ryan. Er glaubte jedoch nicht, daß jeder von ihnen zweimal einen derart fehlerlosen Austausch allein hätte bewerkstelligen können. Es mußten mehrere Menschen beteiligt sein. Und hinter allem steckte ein kühler, scharfer Verstand.
Ryan benötigte mehr als persönliche Berichte und chronologische Aufzeichnungen, um dahinterzukommen.
Eine Sternschnuppe glitt über den Himmel und zog einen Lichtbogen zum Meer. Und Ryan begann zu planen.
»Was meinst du damit, daß du meine Mutter anrufen willst?«
»Ich würde lieber deinen Vater anrufen«, sagte Ryan und blickte Miranda über die Schulter, um zu sehen, was sie gerade am Computer tat, »aber ich habe den Eindruck, deine Mutter hat mehr Ahnung vom Geschäft. Was machst du da?«
»Nichts. Warum willst du meine Mutter anrufen?«
»Was ist das? Eine Garten-Web-page?«
»Ich brauche ein paar Daten, das ist alles.«
»Über Blumen?«
»Ja.« Sie hatte bereits einige Informationsdokumente über Bodenbehandlung, Stauden und Pflanzzeiten ausgedruckt, also schloß sie die Seite. »Warum meine Mutter?«
»In einer Minute. Warum brauchst du Daten über Blumen?«
»Weil ich einen Garten anlegen will und nichts darüber weiß.«
»Also näherst du dich dem Ganzen von der wissenschaftlichen Seite.« Er küßte sie auf den Scheitel. »Du bist wirklich süß, Miranda.«
Sie nahm ihre Brille ab und legte sie auf den Schreibtisch. »Es freut mich, daß ich dich amüsiere. Beantwortest du jetzt meine Frage?«
Ryan setzte sich auf den Schreibtisch und sah sie an. »Ich werde sie anrufen, um ihr meine Konditionen für das Ausleihen der Vasaris, eines Raffael und eines Botticelli mitzuteilen.«
»Raffael und Botticelli? Du wolltest uns nie etwas anderes ausleihen als die Vasaris.«
»Ein neues Geschäft. Fünf Gemälde – und vielleicht lasse ich mich von ihr dazu überreden, noch eine Donatello-Skulptur dazuzugeben – als dreimonatige Leihgabe. Wobei die Galerie Boldari in der Werbung hinreichend genannt werden muß und die Stiftungsmittel in die Nationale Kunststiftung fließen müssen.«
»Stiftungsmittel?«
»Darauf komme ich später. Der Grund, warum ich das New England Institute of Art History ausgesucht habe, ist sein Ruf und die Tatsache, daß dort nicht nur Kunst ausgestellt, sondern auch gelehrt, restauriert, studiert und erhalten wird. Als ich vor ein paar Wochen dort war und von Dr. Miranda Jones durch die Anlage geführt wurde, war ich sehr beeindruckt.«
Er löste ihre Haare und ließ sie über ihre Schultern fließen, wie er es am liebsten mochte. Den ärgerlichen Laut, den sie von sich gab, ignorierte er. »Besonders bezaubert war ich von ihrer Idee, die Geschichte und den Fortschritt der italienischen Renaissance in ihren sozialen, religiösen und politischen Auswirkungen darzustellen«, fuhr er fort.
»Ach, warst du das?« murmelte sie. »Wirklich?«
»Ich war hingerissen.« Er spielte mit ihren Fingern, wobei ihm auffiel, daß sie den Ring nicht trug, den er ihr gegeben hatte. Er würde später darüber nachdenken, warum ihn das ärgerte. »Ich war fasziniert von dieser Idee und von der Vorstellung,
nach drei Monaten eine solche Ausstellung auch in meiner Galerie in New York zeigen zu können.«
»Ich verstehe. Eine Partnerschaft.«
»Genau. Wir hatten dieselben Vorstellungen, und während der
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