Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Persönlichkeit vollkommen ausfüllte. »Ich nehme an, du willst über die Fortschritte auf dem laufenden gehalten werden, und wenn wir soweit sind, daß wir etwas an die Medien geben können, kannst du Daten aus dem Bericht ziehen.«
»Ja, ja, über die Fakten zu schreiben ist einfach, aber sag mir, was du denkst, cara ! Gib mir ein bißchen Farbe.«
»Ich denke, daß noch viel Arbeit vor uns liegt.«
»Miranda«, begann Vincente langsam, während er sich in dem Stuhl zurücklehnte, der unter seinem Gewicht alarmierend ächzte. »Deine wunderbare Mutter hat mir die Hände gebunden, bis alles endgültig abgeklärt ist. Wenn ich also diese Geschichte endlich in die Presse bringen darf, muß sie eindrucksvoll, leidenschaftlich und romantisch sein.«
»Wenn die Skulptur sich als echt herausstellt, dann ist das eindrucksvoll genug.«
»Ja, ja, aber das reicht nicht. Die reizende, begabte Tochter der direttrice kommt extra über den Atlantik. Eine Lady kommt sozusagen zu der anderen. Was denkst du über sie? Was für ein Gefühl hast du?«
Miranda zog eine Augenbraue hoch und klopfte mit ihrem Stift gegen die Schreibtischkante. »Ich denke, daß die Fiesole-Bronze neunzig Komma vier Zentimeter groß ist und daß sie vierundzwanzig Komma achtundsechzig Kilogramm wiegt. Es ist ein weiblicher Akt«, fuhr sie fort, wobei sie ein Lächeln unterdrückte, als Vincente die Augen zur Decke verdrehte, »im Stil der Renaissance. Die bisherigen Tests haben ergeben, daß sie im letzten Jahrzehnt des fünfzehnten Jahrhunderts entstanden ist.«
»Du bist genau wie deine Mama.«
»Wenn du mich beleidigst, sage ich gar nichts mehr«, warnte Miranda ihn. Sie grinsten einander an.
»Du machst mir meinen Job nicht leicht, cara.« Wenn es an der Zeit war, dachte Vincente, würde er der Presse seine eigenen Mutmaßungen weitergeben.
Elizabeth studierte den Bericht genau. Miranda war sehr sorgfältig mit den Fakten, Zahlen und Formeln umgegangen, bei jedem Schritt und in jeder Phase der Tests. Trotzdem konnte man deutlich sehen, welcher Theorie sie anhing und was sie für das Ergebnis hielt.
»Du hältst sie für echt?«
»Jeder Test zeigt an, daß ihr Alter zwischen vier- und fünfhundert Jahren liegt. Du hast Kopien der computergesteuerten Fotos und von den chemischen Tests.«
»Wer hat sie gemacht?«
»Ich.«
»Und wer hat den Thermoluminiszenzprozeß durchgeführt?«
»Ich.«
»Und die Stildatierung ist auch von dir. Die Dokumentation stammt ebenfalls aus deinen eigenen Recherchen. Du hast die chemischen Tests überwacht, die Patina und das Metall persönlich getestet und hast die Formelvergleiche gemacht.«
»Hast du mich nicht deshalb kommen lassen?«
»Ja, aber ich habe dir auch ein Team von Experten zur Verfügung gestellt. Ich hatte erwartet, daß du mehr Nutzen daraus ziehst.«
»Wenn ich die Tests selbst durchführe, habe ich sie besser unter Kontrolle«, erwiderte Miranda knapp. »Es gibt weniger Irrtümer. Das ist schließlich mein Gebiet. Ich habe bereits fünf Stücke aus dieser Zeit bestimmt. Drei davon Bronzeskulpturen, eine von Cellini.«
»Bei dem Cellini gab es eine unübertroffene Dokumentation und Ausgrabungsberichte.«
»Das spielt keine Rolle«, entgegnete Miranda ärgerlich. »Ich habe bei dem Cellini genau die gleichen Tests gemacht wie hier. Ich habe Rücksprache mit dem Louvre, dem Smithsonian und dem Bargello gehalten. Ich glaube, meine Referenzen sind in Ordnung.«
Erschöpft lehnte Elizabeth sich zurück. »Niemand stellt deine Referenzen oder deine Fähigkeiten in Frage. Ich hätte dich kaum extra für dieses Projekt hierherkommen lassen, wenn ich das täte.«
»Warum paßt es dir dann jetzt nicht, daß ich die Arbeit gemacht habe?«
»Es war lediglich ein Kommentar über deine mangelnde Fähigkeit, im Team zu arbeiten, Miranda, und außerdem fürchte ich, du hast dir bereits in dem Moment deine Meinung gebildet, als du die Bronze gesehen hast.«
»Ich habe die Zeit, den Stil und den Künstler erkannt.« Genau wie du, dachte Miranda wütend. Verdammt, genau wie du. »Und doch«, fuhr sie kühl fort, »habe ich jeden Standardtest mehrere Male durchgeführt und den Vorgang und die Ergebnisse genauestens dokumentiert. Daraus kann ich mir eine Meinung bilden und glauben, daß die Skulptur, die im Moment im Safe liegt, Giulietta Buonadoni darstellt, gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts entstanden ist und das Werk des jungen Michelangelo Buonarroti ist.«
»Ich würde eher sagen, der
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