Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
wollte dich nicht von der Arbeit abhalten. Aber ich möchte dir sagen, daß ich glaube, daß meine Vasaris ein wundervolles
Heim haben werden. Und du solltest nach New York kommen und dir ansehen, wo dein Cellini untergebracht wird.«
Er hatte das eigentlich nicht sagen wollen. Verdammt. Ryan nahm das Telefon in die andere Hand und ermahnte sich im stillen, eine Zeitlang noch ein wenig Distanz zu halten.
»Das tue ich vielleicht auch. Möchtest du heraufkommen? Ich kann den Sicherheitskräften Bescheid sagen.«
»Ich würde gern, aber ich habe ein paar Termine, die ich nicht verschieben kann. Ich bin heute den ganzen Tag über beschäftigt, aber ich würde morgen gern mit dir zum Mittagessen gehen.«
»Das kann ich sicher einrichten. Wann paßt es dir am besten?«
»Je früher, desto besser. Ich möchte dich sehen, Miranda.« Er konnte sich vorstellen, wie sie in ihrem Büro saß, vielleicht trug sie einen Laborkittel über einem zu großen Pullover. O ja, er wollte sie sehr gern sehen. »Wie wäre es mit zwölf Uhr?«
Er hörte Papier rascheln. Sie sieht in ihrem Kalender nach, dachte er und fand es irgendwie entzückend. »Ja, zwölf Uhr paßt gut. Ach übrigens, die Dokumentation über deine Vasaris ist gerade auf meinem Schreibtisch gelandet. Du arbeitest schnell.«
»Schöne Frauen sollte man nicht warten lassen. Ich sehe dich dann morgen. Und ich denke heute nacht an dich.«
Er unterbrach die Verbindung und verspürte ein sehr seltenes Gefühl, das er nur deshalb als Schuldgefühl identifizierte, weil er sich nicht erinnern konnte, es jemals zuvor empfunden zu haben. Jedenfalls nicht im Zusammenhang mit Frauen oder Arbeit.
»Es nützt alles nichts«, sagte er leise und steckte sein Handy wieder ein. Während er zum Parkplatz ging, holte er die Stoppuhr heraus. Hundertzehn Sekunden.
Zeit genug. Mehr als genug.
Er blickte zu Mirandas Bürofenster hinauf. Dafür würde auch noch Zeit sein. Aber berufliche Verpflichtungen kamen an erster Stelle. Eine so praktisch veranlagte Frau würde ihm da sicher zustimmen.
Ryan verbrachte die nächsten Stunden in seiner Suite. Er bestellte sich das Mittagessen aufs Zimmer, schaltete einen Klassiksender im Radio ein und breitete seine Notizen aus, um sie noch einmal zu überprüfen.
Die Pläne des Instituts fixierte er auf dem Konferenztisch, mit den Salz- und Pfefferstreuern und den winzigen Senf- und Ketchupflaschen, die der Zimmerservice mitgebracht hatte.
Die Schemazeichnungen des Sicherheitssystems erschienen auf dem Monitor seines Laptops. Er knabberte an seinen Pommes frites, trank einen Schluck Evian und studierte sie.
Es war leicht gewesen, an die Pläne zu kommen. Mit Kontakten und Bargeld bekam man beinahe alles. Und er konnte gut mit dem Computer umgehen. Diese Fähigkeit hatte er bereits auf der High School erworben und ausgebaut.
Seine Mutter hatte darauf bestanden, daß er Schreibmaschine schreiben lernte – man wußte ja nie –, aber er konnte sich schon bald interessantere Dinge im Umgang mit der Tastatur vorstellen, als seine Korrespondenz zu erledigen.
Er hatte sich seinen privaten Laptop selbst eingerichtet, und auch ein paar Extras hinzugefügt, die eigentlich nicht legal waren. Aber er war schließlich weder Jurist noch Computerfachmann.
Die Boldari-Galerien wurden völlig korrekt geführt. Sie finanzierten sich selbst, warfen sogar einen stattlichen Gewinn ab. Aufgebaut waren sie jedoch auf Fonds, die er zusammengetragen hatte, seit er als Junge mit flinken Fingern und rascher Auffassungsgabe die Straßen von New York unsicher gemacht hatte.
Manche Menschen waren geborene Künstler, andere geborene Buchhalter. Ryan war ein geborener Dieb.
Zuerst hatte er Taschendiebstähle begangen und Portemonnaies gestohlen, weil das Geld knapp war. Schließlich schwammen Kunstlehrer nicht im Geld, und im Haushalt der Boldaris waren viele hungrige Mäuler zu füttern.
Später verlegte er sich aufs Einbrechen, weil er – nun ja, er war gut darin und fand es aufregend. Er konnte sich noch lebhaft an sein erstes Eindringen in ein dunkles, schlafendes Haus erinnern. Die Stille, die Spannung, die Erregung, an
einem Ort zu sein, an dem er nichts zu suchen hatte, das anfängliche Unbehagen, weil er ja schließlich gefaßt werden konnte, all das hatte zu dem Kick beigetragen.
Wie Sex an einem öffentlichen Ort. Mit der Frau eines anderen.
Da er jedoch strikt gegen Ehebruch war, beschränkte er die spannende Erfahrung aufs Stehlen.
Und jetzt,
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