Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
akkurat genug gewesen.
Hatte ihre Mutter recht gehabt? War sie, Miranda, obwohl sie das Gegenteil behauptet hatte, einfach von Anfang an davon ausgegangen, daß die Skulptur echt war?
Ich habe es mir zumindest gewünscht, gestand sie sich ein. Erschöpft lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. Sie hatte gewollt, daß sie echt war, hatte bestätigen wollen, daß sie etwas Bedeutendes, Kostbares und Seltenes in Händen hielt.
Arroganz hatte Elizabeth es genannt. Ihre Arroganz und ihren Ehrgeiz. Hatten dieses Verlangen und ihr Bedürfnis nach Bestätigung etwa ihr Urteilsvermögen getrübt?
Nein, nein, nein. Miranda ballte die Fäuste und preßte sie gegen die Augen. Sie hatte die Bilder gesehen, die Ultraschallergebnisse,
die chemischen Tests. Sie genau studiert. Sie waren Fakten, und Fakten logen nicht. Jeder Test hatte ihre Annahme bestätigt. Es mußte ein Fehler geschehen sein, aber sie hatte ihn nicht gemacht.
Denn wenn ich ihn gemacht habe, dachte sie, dann wäre das schlimmer als Versagen. Dann würde ihr niemand je wieder vertrauen.
Sie schloß die Augen und legte den Kopf zurück.
So fand Andrew sie zwanzig Minuten später.
»Ich habe gesehen, daß bei dir noch Licht brannte. Ich habe auch lange gearbeitet und...« Er schwieg und blieb auf der Schwelle stehen. Miranda war leichenblaß, und als sie die Augen öffnete, stellte er fest, daß sie dunkel und blicklos waren. »Hey, geht’s dir nicht gut?«
Obwohl es ihn nervös machte, wenn jemand krank war, trat Andrew auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Stirn. »Du bist ja ganz kalt.« Instinktiv nahm er ihre Hände zwischen seine und begann sie zu reiben. »Du hast bestimmt eine Erkältung. Ich bringe dich nach Hause. Du solltest dich hinlegen.«
»Andrew...« Sie wollte es ihm sagen, es laut aussprechen. Ihre Kehle war ganz rauh. »Die Dunkle Lady. Sie ist eine Fälschung.«
»Was?« Er hatte ihren Kopf getätschelt und hielt jetzt erschreckt inne. »Die Skulptur? In Florenz?«
»Die Ergebnisse der neuen Tests sind gekommen. Die Korrosionsdichte ist falsch, die Strahlungszahlen sind falsch. Ponti, in Rom. Er hat die Tests selbst überwacht.«
Er setzte sich auf die Schreibtischkante. Bei dieser Krankheit bewirkten seine brüderlichen Streicheleinheiten gar nichts. »Woher weißt du das?«
»Giovanni – er hat gerade angerufen. Er durfte es eigentlich gar nicht. Wenn Mutter es herausfindet, kann sie ihn entlassen.«
»Okay.« Giovanni war ihm im Moment gleichgültig. »Bist du sicher, daß seine Information richtig ist?«
»Ich möchte es lieber nicht glauben.« Miranda verschränkte die Arme vor der Brust und grub die Fingernägel in ihre Oberarme. »Aber er hätte mich nicht angerufen, wenn es nicht so wäre. Mutter hat ihn, Elise und Richard Hawthorne zu sich
bestellt, um es ihnen zu sagen. Vincente auch. Ich kann mir schon vorstellen, wie sie sie fertiggemacht hat. Sie werden sagen, daß ich versagt habe.« Ihre Stimme brach, und sie schüttelte heftig den Kopf. »Genau wie sie es vorhergesagt hat.«
»Und, hast du versagt?«
Miranda öffnete den Mund, um ihm heftig zu widersprechen. Doch dann schloß sie ihn wieder und preßte die Lippen aufeinander. Nimm dich zusammen, befahl sie sich. Wenigstens das. »Ich wüßte nicht, wie. Ich habe die Tests durchgeführt. Ich habe alle Vorgänge überprüft. Ich habe die Ergebnisse dokumentiert. Aber ich wollte unbedingt, daß sie echt ist, Andrew, vielleicht habe ich mich dadurch zu sehr leiten lassen.«
»Ich habe noch nie erlebt, daß deine Wünsche dein Urteilsvermögen beeinträchtigt haben.« Er konnte es nicht ertragen, sie so hilflos zu sehen. Von ihnen beiden war sie immer die Stärkere gewesen. Und sie hatten sich beide darauf verlassen. »Könnte es nicht sein, daß irgendein Teil der Ausrüstung fehlerhaft war?«
Miranda mußte beinahe lachen. »Wir reden hier von Elizabeths ganzem Stolz, Andrew.«
»Auch Maschinen gehen kaputt.«
»Oder die Menschen, die die Daten in diese Maschinen eingeben, machen Fehler. Pontis Team könnte ebenfalls einen gemacht haben.« Sie stand auf und begann mit zitternden Beinen hin und her zu laufen. »Das ist auch nicht unwahrscheinlicher, als daß ich fehlerhaft gearbeitet habe. Ich muß meine Daten und die Ergebnisse noch einmal sehen. Und ich muß die Dunkle Lady noch einmal sehen.«
»Du mußt mit ihr reden.«
»Ich weiß.« Miranda blieb am Fenster stehen und blickte hinaus. Sie sah nur Dunkelheit. »Ich würde sie sofort anrufen, wenn ich
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