Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
damit nicht Giovanni schaden würde. Ich würde auch lieber jetzt darüber reden, als zu warten, bis sie sich bei mir meldet.«
»Du hast deine Medizin immer schon im Ganzen hinuntergeschluckt. Ich hingegen ziehe es vor, die Dinge vor mir herzuschieben.«
»Ich kann es ja doch nicht vermeiden. Wenn die Ergebnisse veröffentlicht werden, fliegt sowieso alles auf. Ich stehe entweder als Idiotin oder als Betrügerin da, und das eine ist so schlimm wie das andere. Vincente wird irgendeine harmlose Formulierung finden, aber damit werden sich die Journalisten nicht zufriedengeben. Sie hatte ganz recht. Es wird Standjo schaden und ihr und mir auch.« Miranda drehte sich zu ihrem Bruder um. »Es wird auch dem Institut schaden.«
»Damit werden wir schon fertig.«
»Es ist mein Fehler, Andrew, nicht deiner.«
Er trat zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Nein.« Bei seiner Erwiderung traten ihr die Tränen in die Augen. »Wir halten zusammen, genauso wie immer.«
Sie atmete aus, lehnte sich an ihn und ließ sich trösten. Aber sie mutmaßte, daß ihre Mutter ihr wahrscheinlich keine Wahl lassen würde. Wenn es darum ging, ob das Institut oder der Ruf ihrer Tochter ruiniert wurde, konnte es keinen Zweifel geben, was Elizabeth wichtiger war.
8
Der Wind um Mitternacht war heftig und unangenehm. Ryan machte er jedoch nichts aus. Als er von der Stelle, wo er seinen Wagen geparkt hatte, drei Blocks weiterging, fand er ihn eher erfrischend.
Alles, was er brauchte, steckte unter seinem Mantel in den Taschen oder in der kleinen Aktentasche, die er bei sich trug. Wenn ihn aus irgendeinem Grund die Polizei anhalten und durchsuchen würde, wäre er bereits eingesperrt, noch bevor er von seinem Recht auf einen Anwalt Gebrauch machen könnte. Aber auch das gehörte zu dem erregenden Spiel.
Gott, es wird mir fehlen, dachte er, während er mit den eiligen Schritten eines Mannes durch die Nacht eilte, der seine Geliebte treffen will. Die Planungsphase war vorüber. Jetzt näherte sich die Ausführung, seine letzte. Er wollte sich jedes Detail einprägen, damit er sich als alter Mann, umringt von seinen Enkelkindern, daran erinnern konnte, wie jung, vital und stark er sich in diesem Moment gefühlt hatte.
Ryan blickte die Straße entlang. Die Bäume waren kahl und windzerzaust, und es herrschte kaum noch Verkehr. Der Mond hing blaß am Himmel, immer wieder verdeckt durch die treibenden Wolken. Er kam an einer Bar vorbei, in deren Fenster ein blaues Neon-Martiniglas blinkte, und er mußte lächeln. Vielleicht würde er nach getaner Arbeit hier einen Drink nehmen. Ein kleiner Toast auf das Ende einer Ära schien ihm angemessen.
Er überquerte die Straße an der Ampel, ein aufrechter Bürger, der nicht im Traum daran dachte, sich gesetzeswidrig zu verhalten. Zumindest nicht, wenn er Einbruchswerkzeug bei sich trug.
Vor ihm lag das Institut, eine majestätische Silhouette aus festem, grauem Granit. Es gefiel ihm, daß seine letzte Tat der Einbruch in solch ein stolzes und würdiges Gebäude war.
Die Fenster waren dunkel, nur in der Eingangshalle schimmerte das Sicherheitslicht. Er hatte es immer schon seltsam gefunden und auch ein bißchen naiv, daß die Leute das Licht anließen, um Einbrecher abzuschrecken. Ein guter Einbrecher konnte bei hellem Tageslicht genauso erfolgreich arbeiten wie im Schutz der Nacht.
Und er war sehr gut.
Er blickte die Straße hinauf und hinunter, bevor er auf seine Uhr sah. Bei seiner Recherche hatte er herausgefunden, in welchen Abständen die Polizei hier Streife fuhr. Falls nicht ein Polizeiwagen unplanmäßig gerufen wurde, hatte er gut fünfzehn Minuten Zeit, bevor jemand hier vorbeikam.
Ryan ging zur Südseite des Gebäudes, schritt flott, aber nicht hastig aus. Mit dem langen Mantel sah es so aus, als habe er einen Bauch, der weiche Filzhut beschattete sein Gesicht, und seine Haare darunter waren jetzt würdevoll grau.
Jeder, der ihn sah, mußte ihn für einen älteren, leicht übergewichtigen Geschäftsmann halten.
Er war noch ungefähr drei Meter von der Tür entfernt und noch nicht im Blickfeld der Kameras, als er den Impulsgeber aus der Tasche zog und ihn auf die Kamera richtete. Das rote Licht ging aus.
Es erforderte einiges Geschick, die gefälschte Schlüsselkarte einzuführen, aber beim dritten Versuch glitt sie in den Schlitz und wurde gelesen. Aus dem Gedächtnis gab er den Code ein und war innerhalb von fünfundvierzig Sekunden im Vorraum. Er schaltete die Kamera
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