Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
Kerl, Andrew!« Sie trat an die Kamera, blickte sie stirnrunzelnd an und machte wieder einen Schritt zurück. »Der Mann will uns wirklich einreden, daß jemand das Sicherheitssystem umgehen, hier eindringen und ein bestimmtes Kunstwerk stehlen kann, und das alles in weniger als zehn Minuten?«
»Das ist die wahrscheinlichste Theorie, es sei denn, du glaubst, die Wachleute hätten sich verschworen und eine Vorliebe für kleine, nackte italienische Jungen in Bronze entwickelt.«
Andrew war ganz übel. Er hatte gerade diese Skulptur geliebt, ihre Vitalität, ihre Ausdrucksstärke. »Es hätte noch viel schlimmer kommen können, Miranda.«
»Unser Sicherheitssystem hat versagt, und unser Eigentum ist gestohlen worden. Was hätte noch schlimmer kommen können?«
»Der Typ hätte einen Nikolaussack dabeihaben und die Hälfte der Exponate einpacken können.«
»Ein Stück oder ein Dutzend, Einbruch bleibt Einbruch. Gott!« Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Seit den sechs Gemälden in den fünfziger Jahren ist nichts mehr aus dem Institut gestohlen worden, und davon hat man immerhin vier wiedergefunden.«
»Dann waren wir vielleicht mal wieder fällig«, entgegnete ihr Bruder düster.
»Quatsch!« Miranda wirbelte herum. »Wir haben unseren Besitz doch geschützt und keine Kosten für die Sicherheit gescheut.«
»Keine Bewegungsdetektoren«, murmelte er.
»Du wolltest welche.«
»Das System, das ich wollte, hätte bedeutet, daß wir den Fußboden hätten aufreißen müssen.« Er blickte auf den wundervollen dicken Marmor. »Das wollten die Alten nicht.«
Mit den Alten meinte er ihre Eltern. Sein Vater war entsetzt gewesen über die Vorstellung, den Boden zu zerstören, und beinahe genauso entsetzt über die Kosten des neuen Systems.
»Vielleicht hätte das sowieso keine Rolle gespielt«, sagte er schulterzuckend. »Der Dieb hätte wahrscheinlich einen Weg gefunden, auch das zu umgehen. Verdammt, Miranda, die Sicherheit fällt in meinen Zuständigkeitsbereich.«
»Es ist doch nicht deine Schuld.«
Andrew seufzte. Noch nie hatte er sich so verzweifelt nach einem Whiskey gesehnt. »Irgend jemandes Schuld ist es immer. Ich werde es ihnen sagen müssen. Dabei weiß ich noch nicht einmal, wie ich den alten Herrn in Utah erreichen soll.«
»Sie wird es schon wissen, aber laß uns lieber nichts überstürzen. Laß mich eine Minute nachdenken.« Miranda schloß die Augen und blieb stehen. »Wie du schon sagtest, es hätte schlimmer kommen können. Wir haben nur ein Stück verloren – und es könnte gut sein, daß wir es wiederfinden. Zudem ist es versichert, und die Polizei ist unterwegs. Wir können erst einmal nichts mehr tun. Wir sollten den Rest der Polizei überlassen.«
»Ich muß reagieren, Miranda. Ich muß in Florenz anrufen.« Andrew lächelte schwach. »Sieh es doch mal so – unser kleiner Zwischenfall hier verdrängt vielleicht dein Problem mit ihr eine Weile.«
Sie schnaubte. »Wenn ich das glauben würde, hätte ich das verdammte Teil selbst gestohlen.«
»Dr. Jones.« Ein Mann betrat den Raum, die Wangen gerötet von der Kälte, die blaßgrünen Augen unter dichten grauen Brauen zusammengekniffen. »Und Dr. Jones, Detective Cook.« Er hielt eine Metallplakette hoch. »Es heißt, daß Sie etwas verloren haben.«
Um neun Uhr schmerzte Mirandas Kopf so sehr, daß sie der Versuchung nachgab und ihn auf die Schreibtischplatte sinken ließ. Sie hatte die Tür hinter sich geschlossen, dabei kaum
dem Bedürfnis widerstanden, sie abzuschließen, und erlaubte sich nun zehn Minuten der Verzweiflung und des Selbstmitleids.
Fünf Minuten davon waren jedoch erst verstrichen, als das Telefon klingelte. »Miranda, es tut mir leid.« Loris Stimme klang zögernd und besorgt zugleich. »Dr. Standford-Jones ist auf Leitung eins. Soll ich ihr sagen, daß Sie beschäftigt sind?«
Das war verführerisch. Doch Miranda holte tief Luft und setzte sich gerade hin. »Nein, ich nehme das Gespräch an. Danke, Lori.« Sie räusperte sich und drückte dann auf den Knopf von Leitung eins. »Hallo, Mutter.«
»Die Tests an der Fiesole-Bronze sind abgeschlossen«, sagte Elizabeth ohne jede weitere Einleitung.
»Ich verstehe.«
»Deine Ergebnisse haben nicht gestimmt.«
»Das glaube ich nicht.«
»Was auch immer du glauben magst, sie sind nicht bestätigt worden. Die Skulptur ist nichts weiter als ein cleverer, gut ausgeführter Versuch, den Stil und die Materialien der Renaissance nachzuahmen. Die Behörden verhören
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