Das Haus der Donna: Roman (German Edition)
hinreichend anbete – und außerdem ist es hinterhältig. So etwas wie Aufrichtigkeit kommt dir wohl gar nicht in den Sinn.«
»Ich bin meiner Familie gegenüber immer aufrichtig.«
»Na klar! Deine Mutter ist zweifellos sehr stolz auf ihren Sohn, den Dieb.«
»Natürlich ist sie das.«
Miranda fing an zu stottern, weil sie nicht wußte, was sie darauf sagen wollte. »Versuchst du etwa, mir einzureden, sie wüßte, daß du stiehlst?«
»Natürlich! Sieht sie aus, als ob sie blöd wäre?« Ryan schüttelte den Kopf. »Ich lüge meine Mutter nicht an. Und jetzt beeil dich, ja?« Er schubste sie ins Badezimmer. »Ich habe Hunger.«
Dieser Zustand änderte sich schnell. Innerhalb kürzester Zeit stand genug Essen auf dem Tisch, um eine kleine, ausgehungerte Armee zu verköstigen.
Weil Miranda zu Besuch war, aßen sie im Eßzimmer mit dem hübschen, gestreiften Tapeten und einem großen Mahagonitisch. Das gute Porzellan stand auf dem Tisch, die Kristallgläser funkelten, und es gab soviel Wein, daß man damit ein Schiff hätte versenken können.
Das Gespräch stockte nie, sondern war im Gegenteil so lebhaft, daß man nicht zu Wort kam, wenn man seine Sätze nicht sehr schnell begann. Als Miranda merkte, daß ihr Weinglas sofort wieder nachgefüllt wurde, wenn sie auch nur einen Schluck nahm, hörte sie auf zu trinken und widmete sich dem Essen.
In einem Punkt hatte Ryan recht gehabt. Die Linguine seiner Mutter waren phantastisch.
Sie erzählten ihr alles über die Familie. Michael, der zweite Sohn, leitete die Galerie Boldari in San Francisco. Er war mit seiner Collegeliebe verheiratet und hatte zwei Kinder. Letztere Information wurde von dem stolzen Großvater mit einem bedeutungsvollen Blick zu Ryan und einem augenzwinkernden Grinsen in Richtung Miranda geliefert.
»Mögen Sie Kinder?« fragte Maureen.
»Hmm, ja.« Auf Distanz, fügte Miranda im stillen hinzu.
»Kinder geben dem Leben einen Mittelpunkt, ein echtes Ziel, und sie sind der Ausdruck der Liebe, die Mann und Frau zueinanderbringt.« Maureen reichte ihr einen Korb mit appetitlich aussehendem Brot.
»Da haben Sie sicher recht.«
»Nehmen Sie nur meine Mary Jo.«
Und dann wurde Miranda in die Tugenden ihrer ältesten Tochter eingeführt, die eine Boutique in Manhattan besaß und drei Kinder hatte.
Dann war da noch Bridget, die gerade für ein paar Monate mit ihrer Karriere im Verlagswesen aussetzte, um sich zu Hause ihrer neugeborenen Tochter zu widmen.
»Sie müssen sehr stolz auf sie sein.«
»Es sind gute Kinder. Gebildet.« Maureen strahlte Ryan an. »Alle meine Kinder waren auf dem College. Patrick ist im ersten Jahr dort. Er weiß alles über Computer.«
»Tatsächlich.« Das Thema schien ein sicheres Gebiet zu sein. Miranda lächelte Patrick an. »Das ist ein faszinierendes Gebiet.«
»Es ist so, als wenn man spielend Geld verdient. Oh, Ry, ich habe übrigens ein paar von den Daten, um die du mich gebeten hast.«
»Großartig.«
»Was für Daten?« Colleen hörte auf, Miranda zu mustern, und wandte sich mißtrauisch an Ryan.
»Nur eine kleine geschäftliche Angelegenheit, Liebes.« Er tätschelte ihre Hand. »Mama, du hast dich heute abend wieder selbst übertroffen.«
»Weich nicht vom Thema ab, Ryan.«
»Colleen!« Maureens Stimme war zwar sanft, aber man hörte die Strenge darunter. »Wir haben einen Gast. Hilf mir,
den Tisch abzuräumen. Ich habe Tiramisu gemacht, dein Lieblingsdessert, Ryan.«
»Wir reden noch darüber«, zischte Colleen, stand aber gehorsam auf, um die Teller abzuräumen.
»Ich helfe Ihnen.« Miranda wollte sich ebenfalls erheben, wurde aber von ihrer Gastgeberin daran gehindert.
»Unsere Gäste räumen nicht den Tisch ab. Bleiben Sie sitzen.«
»Macht euch keine Gedanken wegen Colleen«, sagte Patrick, als sie außer Hörweite war. »Ich werde schon mit ihr fertig.«
»Halt den Mund, Patrick.« Ryan lächelte Miranda zwar an, doch sie nahm das leichte Mißbehagen in seinem Blick wahr. »Ich glaube, wir haben noch gar nicht erwähnt, was Colleen beruflich macht.«
»Nein.«
»Sie ist Polizistin.« Seufzend stand er auf. »Ich helfe den beiden beim Kaffee.«
»Oh, wundervoll.« Blind griff Miranda nach ihrem Weinglas.
Miranda zog sich nach Kaffee und Dessert ins Wohnzimmer zurück. Giorgio hielt sie auf Trab, indem er sie nach ihrem Beruf fragte, und warum sie nicht verheiratet war. Niemand schien sich an den ärgerlichen Worten, die aus der Küche drangen, zu stören.
Als Colleen
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