Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Nachttisch hineinzustellen. Auch dieses Fenster stand offen. Es ging auf das unbebaute Nachbargrundstück hinaus, und ich konnte das Durcheinander von Immergrün, verwilderten Blumen und Nadelhölzern riechen. In beiden Räumen herrschte eine angenehme, unschuldige Atmosphäre, wie man sie von einem frisch renovierten Heim an einem Frühlingstag erwarten kann. Tiberius war mir lautlos gefolgt und ließ sich in einem der Sonnenflecken nieder.
Alec führte mich in den zweiten Stock hinauf, wo das Treppenhaus ebenfalls pink und dunkelblau ausgemalt und die Treppe frisch lackiert worden war. Terrys Türe war allerdings immer noch schwarz. Ich erfuhr, dass die Mieter keinen großen Eifer gezeigt hatten, sich neue Wohnungen zu suchen, und dass Alec sich darüber ärgerte. „Ich bin ihnen wirklich sehr entgegengekommen“, murrte er, „aber anscheinend haben sie das so interpretiert, dass sie hier kleben bleiben können, so lange es ihnen passt. Es wird Zeit, dass ich Klartext mit ihnen rede.“
Er führte mich herum und zeigte mir voll Stolz alle die Arbeiten, die er hatte ausführen lassen, zuletzt das kleine Bad hinter dem Zimmer des Fotomodells. Ursprünglich war der Raum nur durch das Vorderzimmer betretbar gewesen, daher hatten die Handwerker eine neue Tür ausgebrochen und die andere zugemauert, sodass man jetzt vom Flur her eintrat. Die neue Türe befand sich genau zwischen der Hintertüre und dem Aufzug, von dem ich jetzt wusste, wozu er gedient hatte – nämlich dazu, die Rollbahren mit den Leichen in den Kühlraum unten zu transportieren.
Alec öffnete mir stolz die Türe des Badezimmers. Es sah wirklich hübsch aus, in weiß, creme und burgunderrot gefliest und mit aller Bequemlichkeit eines modernen Bades ausgestattet. Die Wanne stand an der gegenüberliegenden Querwand unter dem Fenster, das durch dicke Glasbausteine ersetzt worden war.
„Na, was sagst du?“, fragte er und drückte meine Hand auf eines der flauschigen Handtücher, das an einem beheizten Handtuchständer hing. „Ist das nun luxuriös?“
„Wundervoll.“ Ich meinte es ehrlich. Das Bad war bezaubernd. Nur die Nachbarschaft gefiel mir nicht. Ich nahm mir insgeheim vor, weiter in dem Mini-Badezimmer oben zu baden.
„Was machst du mit dem Aufzug?“, fragte ich, nachdem ich das Bad gebührend bewundert hatte und wir wieder auf den Flur getreten waren. „Lässt du ihn herausreißen?“
Alec warf einen nachdenklichen Blick auf die Aufzugtüre, hinter deren Drahtglasluke sich unfreundliche Schwärze abzeichnete. „Vorderhand nicht. Das kostet einen Haufen Geld und außerdem ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass er da ist. Wenn wir etwas in den Keller bringen wollen, Möbel oder so, wäre er doch sehr praktisch.“ Er legte prüfend die Hand auf die metallene Klinke. „Am besten, ich lasse ihn einmal von einem Fachmann ansehen, was eigentlich kaputt ist. Wenn es nur die Elektronik ist, lässt sich das billig reparieren.“
„Und der Keller?“
„Mit dem weiß ich noch nichts Rechtes anzufangen. Ich wollte diese Milchglasluken durch Kippfenster ersetzen lassen, damit wenigstens einmal frische Luft hereinkommt, aber der Baumeister hat es mir ausgeredet. Er meinte, es wäre besser, gleich eine groß angelegte Sanierungsaktion durchzuführen, alle die gammligen alten Kacheln runterzuschlagen und die Heizung auf den neuesten Stand zu bringen. Da hat er wahrscheinlich recht, nur möchte ich zuerst die Wohnräume in Ordnung bringen. Wir brauchen das alte Loch ja für nichts. Ich habe nur einmal ordentlich putzen lassen. Willst du es sehen?“
„Nein. Ich mag diesen Keller nicht. Ich sage dir gleich im Voraus, dass ich da nicht runtergehe, egal, was los ist. Wenn du dort unten irgendetwas deponierst, Weinflaschen oder so, musst du es selber heraufholen.“
Alec lächelte. „Ich wette, dein erstes Werk in diesem Haus wird eine Horror-Fantasy sein mit dem Titel: ‚Das Geheimnis des Leichenkellers‘. Übrigens scheint er anderen Leuten auch aufs Gemüt zu schlagen. Die beiden Burschen von der Reinigungsfirma waren in Rekordzeit fertig, und als ich nachfragte, beteuerten sie beide, sie hätten alles sauber gewaschen und brauchten nicht mehr hinunterzugehen. Dabei sind sie gerade einmal mit dem nassen Fetzen über den Boden gefahren.“
„Dann waren sie ja schon sehr mutige Burschen. Ich würde nicht einmal lange genug da drin bleiben, um mit einem Fetzen über den Boden zu fahren.“
Das Geheimnis der Mieter
Robert Junkarts
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