Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Larabaya-Straße zu tun hatten. Aber dieses Wissen war ebenso schief und vertrackt wie das Haus selbst, denn einmal erschien es mir, dass ich es mit sieben freundlich und hilfreich gesinnten Personen zu tun hatte, und ein andermal wieder, dass es sieben böse, ja, dämonische Wesen waren.
Der Schauerlichste dieser Träume war jedoch einer, in dem ich durch das Haus irrte und wusste, dass ich und andere Leute auf irgendeine nicht näher beschriebene Weise versagt hatten, dass wir etwas nicht geschafft hatten, was wir hätten zustande bringen müssen, und dass nun ein finsteres Verhängnis als Strafe über uns hereinbrach. Ich lief von Zimmer zu Zimmer, aber in jedem, das ich betrat, schlossen sich die Türen und Fenster hinter mir, sodass ich nur in der Irrealität des Traumes überhaupt in ein weiteres Zimmer gelangen konnte. Doch auch dieses wurde zum Gefängnis, sobald ich es betrat. Und während ich auf der vergeblichen Suche nach einem Ausweg von Tür zu Tür jagte,
versank
das Haus, sank langsam immer tiefer in die Erde hinein, bis es in einem alles erstickenden Grab verschwand!
Fast auf den Tag genau zwei Monate nach der ersten Besichtigung, am 5. Mai, war Nummer 12 A fertiggestellt. Auch meine Möbel – ein Futon-Bett, ein Sofa und ein paar schlichte Regale – waren geliefert worden. Ein Botendienst hatte den unbedingt nötigen Kleinkram wie Bettwäsche, Lampen und das Kaffeeservice gebracht. Alec hatte seine Besitztümer bereits hinüberschaffen lassen, wobei er zum Ärger seiner Kinder ein paar Kostbarkeiten wie eine historische Parlaments-Uhr, einen Perserteppich und mehrere wertvolle Gemälde aus der bis dahin gemeinsamen „Villa Sandrine“ abtransportiert hatte.
Diesmal fuhren wir in Alecs Mercedes, und das Wetter hätte nicht schöner sein können. Es war typisch Mai, sonnig, frisch, noch nicht zu heiß, und über den Gärten entlang der Larabaya-Straße schwebten grüngoldene Schleier. Als wir vor Nummer 12 A hielten, sah ich, dass jemand – höchstwahrscheinlich Robert Junkarts – in den vergangenen Wochen fleißig im Garten gearbeitet hatte. Auch hier war der Frühsommer eingezogen. Das dunkle Gestrüpp, das ich seinerzeit in einer Ecke entdeckt hatte, hatte sich in einen Goldregenbusch verwandelt, der seine giftigen gelben Blütendolden verlockend zur Schau stellte. Das junge Gras war geschnitten, und entlang des Plattenweges machten sich zwei Reihen von Teerosenbüschen bereit zum Blühen. Links und rechts von der Eingangstüre standen zwei Oleander in hölzernen Fässern.
Einer jähen Eingebung folgend, fragte ich Alec: „Was hältst du davon, unserem Domizil einen Namen zu geben? So etwas wie ‚Villa Sonnenschein‘?“
Er sah mich erstaunt und ein wenig angewidert an. „Du willst es doch nicht ernsthaft ‚Villa Sonnenschein‘ nennen? Das klingt wie eine Frühstückspension.“
„Nein, natürlich nicht. Aber ein Name wäre so viel hübscher als nur ‚Nummer 12 A‘. Ist dir übrigens aufgefallen, dass
12 A
im allgemeinen Sprachgebrauch für
13
steht?“
„Ja, allerdings gebe ich nicht viel auf Unglückszahlen und solches Zeug. Hast du dir schon einen Namen überlegt?“
„Nein.“ Aber gerade in dem Augenblick, als ich das äußerte, fiel mir ein Name ein: Haus
Maunaloa.
Ich hatte sogar die flüchtige Vision eines roten Metallschildes, auf dem der Name eingestanzt war. „Maunaloa“, versetzte ich. „Ich glaube, das würde ihm gefallen.“
Alec sah ziemlich verdutzt aus. „Wie zum Kuckuck kommst du auf Maunaloa? Das ist ein Vulkan auf Hawaii, nicht wahr? Und
wem
würde es gefallen?“
„Dem Haus“, antwortete ich verlegen. „Es war eine plötzliche Inspiration, es so zu nennen. Ich habe sogar das Schild am Tor vor mir gesehen.“
„Die Leute werden glauben, wir spinnen. Hier in der Gegend gab es zum letzten Mal vor der Eiszeit Vulkane.“
„Ist doch egal.“ Ich fühlte mich merkwürdig gedrängt, meinen Einfall zu verteidigen. „Es ist ja sowieso nur symbolisch gemeint.“
„Symbol wofür?“, fragte er.
Ich griff nach seiner Hand. „Für uns, Mylord“, entgegnete ich leise. „Für die Leidenschaft, die uns erfüllt ... Leidenschaft für das Leben und für einander. Die meisten in unserem Alter sind schon erloschene Vulkane. Wir beide sind noch aktiv. Bei uns ist noch Feuer unter der Asche.“
Er lächelte, halb gerührt und halb noch spöttisch. „Man wird es eher so interpretieren, dass wir beide zu unkontrollierten, gefährlichen Ausbrüchen
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