Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
mir erstreckten.
Alec streichelte mein Haar, während er äußerte: „Das ist eine höchst fantastische Theorie, Mylady.“
„Was wir im Keller gesehen haben, war auch höchst fantastisch und doch unzweifelhaft wahr. Alec, wenn es nun stimmt? Wenn wir wirklich hierher gerufen wurden, um dem Haus zu helfen? Wenn es uns braucht? Junkarts hat uns erzählt, wie es ihn begrüßt hat. Er konnte nicht wissen, dass es uns genauso willkommen geheißen hat. Er würde sich auch nicht eine so irre Geschichte ausdenken, nur um länger hier wohnen zu können.“
„Er hat immerhin Jahre lang gut davon gelebt, dass er die Leichtgläubigen düpiert hat“, murmelte Alec, aber ich merkte, dass es nur ein Rückzugsgefecht war. In Wirklichkeit war er bereits entschlossen, es mit dem Spuk aufzunehmen.
„Ich kann noch nicht so recht glauben“, bekannte er, “dass ein Haus die Macht hat, Menschen heranzuholen, damit sie ihm helfen, mit seinen Problemen fertigzuwerden. Aber was ich gesehen habe, habe ich gesehen, und genauso hast du es gesehen und Pater Schilmer. Wie heißt es in der Bibel? ‚Zweier Zeugen Zeugnis ist wahr.‘ Dem beuge ich mich. Dass wir ein Gespenst hier haben, stelle ich nicht mehr in Abrede.“
„Wir haben zumindest
zwei
Gespenster, Alec, wenn nicht drei. Ganz sicher steht Mr. Flammenauge in einer ursächlichen Verbindung mit dem Keller, dem Aufzug und der Hintertüre.“
„Da ist ja erbaulich“, murrte mein Freund. „Gerade habe ich mich dazu durchgerungen, dass ich
ein
Gespenst eingestehe, da kommst du mir schon mit zweien und dreien. Pater Schilmer wird nicht wissen, wo er anfangen soll. Und ich muss dir ehrlich sagen, bei dem Gedanken, einen Exorzismus in meinem Haus abhalten zu lassen, wird mir übel. Vielleicht bin ich borniert, aber ich kann mich mit diesem Theater mit Glocke, Buch und Kerze nicht anfreunden.“
„Ich glaube, so wird ein Exorzismus heute auch nicht mehr durchgeführt, aber das sollte sowieso nicht unser erster Schritt sein. Wir müssen zuerst herausfinden, wer die Schatten – die bösen Erinnerungen des Hauses – überhaupt sind. Wenn wir erst einmal wissen, wie sie heißen, wer sie waren, wie sie gelebt haben und gestorben sind, dann wird es leichter sein sie zu bannen.“
Dass Alec von dem Cognac einen Schwips hatte, merkte ich daran, dass er auf diese Bemerkung hin leise lachte. „Du willst unser Haus, scheint mir, einer formvollendeten Psychoanalyse unterziehen. Du legst es auf die Couch und suchst nach verdrängten und abgespaltenen Persönlichkeitsanteilen, und wenn es die erst einmal ausgehustet hat, geht es ihm wieder gut.“
Ich knuffte ihn in die Rippen. „Lach mich nur aus – aber erst, wenn dir etwas Besseres einfällt. Im Ernst, Alec! Wir sollten einmal nachforschen, was es mit ‚Schwester Magda‘ auf sich hat. Von ihr heißt es allgemein, dass sie bösartig sei – was ich nur bestätigen kann. In den paar Sekunden, die ich sie gesehen habe, ist es mir eiskalt über den Rücken gelaufen.“
„Und weißt du schon, wo du nachforschen wirst?“
„Ja. Ich habe noch aus der Zeit, als ich Journalistin war, eine Freundin, die bei einem Nachrichtenmagazin arbeitet. Die werde ich fragen. Solche Zeitungen haben immer ein erstklassiges Archiv.“
Nächtlicher Spuk
Alec schlug vor, dass ich in dieser Nacht in seiner Wohnung schlafen sollte, aber ich lehnte ab. Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich mich fürchtete (obwohl das natürlich der Fall war). Egal, wie ich mich dabei fühlte, ich musste meine neue Wohnung in Besitz nehmen, musste demonstrativ darin schlafen, damit das unholde Ding da unten wusste, dass es uns nicht aus dem Haus jagen konnte.
Also küsste mich Alec und wünschte mir eine gute Nacht.
Als ich dann allein in meinem Apartment in der Villa Maunaloa stand, das noch so stark nach frischem Holz roch, hätte mich beinahe der Mut verlassen. Ein paar Minuten lang war ich ernsthaft in Versuchung, hier alles sausen zu lassen, die bereits bezahlte Miete, die neuen Möbel, sogar Alec, und mich zurück zu flüchten in mein vertrautes Nest am Rande der Innenstadt, wo kein jenseitiges Monstrum auf mich lauerte. Dass ich es nicht tat, hatte nicht unbedingt mit meinem persönlichen Mut zu tun. Es war das Haus, das meine Absicht spürte und mich schützend in seine Arme nahm.
Später fragte ich mich, wie oft wohl Robert Junkarts oder eines der „Kinder“ den Drang verspürt hatte, einfach Leine zu ziehen, allen diesen dunklen und
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