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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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schien auf meiner Brust zu lasten, mein Herz klopfte unruhig und ängstlich. Ich schloss die Augen und riss sie sofort wieder auf, weil mir die doppelte Finsternis unerträglich war.
    Ich wurde auch den Gedanken nicht los, dass genau unterhalb meines Schlafzimmerchens der verhexte Flur lag. Immer wieder hatte ich – zumeist genau in dem Augenblick, in dem ich einschlafen wollte – Schwester Magdas Bild vor Augen und fragte mich, ob sie jetzt eben dort unten stand, eine plumpe Gestalt in einer dunklen Pelerine, die kalte Bosheit aushauchte. Und trieb sich das Etwas, das Pater Schilmer so erschreckt hatte, immer noch im Keller herum? Glitt es lautlos über den gekachelten Boden, lauerte es wachsam hinter der Tür? Glühten vielleicht gerade jetzt diese morbiden Flammenaugen in der trüben Dunkelheit?
    Bald gewann ich zudem den Eindruck, dass das Böse dort unten zu mir heraufzusteigen versuchte. Ich spürte, wie es die Decke erreichte, wie es an der Unterseite meines Fußbodens entlangkroch und nach Ritzen suchte, durch die es eindringen konnte. Lautlos und unsichtbar wie Gas suchte es sich seinen Weg durch die Zwischendecke und waberte über den Dielen. Ich bildete mir bald sogar ein, dass ich es sehen konnte, eine dünne, missfarbene Schicht wie eine Kolonie bleicher Pilze, die im Dunkeln phosphoreszierten. Und ich fühlte es im Herzen.
    Als würden sie mir von einer fremden Persönlichkeit aufgezwungen, stiegen seltsame und zutiefst bösartige Gedanken in meinem Hirn auf. Ich erinnerte mich sofort, dass es dieselben Gedanken waren, die mich gequält hatten, als ich mit Alec an der Hintertüre stand. Sie waren von einer Widerwärtigkeit, dass ich zurückschauerte, und doch wurde mir bewusst, dass sie mir nicht völlig fremd waren.
    Ich wusste, dass ich einen Bodensatz von Gedanken und Gelüsten mit mir herumtrug, so tief und heimlich wie ein vergifteter Brunnen, kalte, schwarze, leichenhafte Gedanken, die ich keinem Psychiater und keinem Priester je eingestanden hätte und mir selber nur widerwillig eingestand. Wenn ich mich überwinden konnte, daran zu denken, so nannte ich sie bei mir selber die kalte Scheiße, denn das waren sie, so unfruchtbar und abstoßend wie Fäkalien. Und doch hatten diese Gedanken ihren krankhaften Reiz, vermochten mich in gewissen morbiden und lüsternen Stimmungen in ihren Bann zu ziehen, sodass ich mich ihnen genussvoll hingab.
    Für gewöhnlich stiegen sie aus den Kloaken in meinem eigenen Sein auf, aber jetzt, das spürte ich deutlich, wurden sie von außen an mich herangetragen – von einer schattenhaften Persönlichkeit, die sich gewissermaßen an mich heranschleimte und sich als Mitwisserin meiner abnormsten Gedanken bei mir anzubiedern versuchte. Es war eine halb erpresserische, halb schmeichelnde Annäherung, und sie fühlte sich an, als liebkoste mich eine schwammig-feuchte, eiskalte Hand. Mit einem erstickten Aufschrei des Widerwillens fuhr ich im Bett hoch und drehte das Licht an.
    Das Zimmer lag still und friedlich vor mir. Kein Nebel zog in giftigen Schwaden über die Dielen, keine gespenstischen Pilze wucherten phosphoreszierend unter dem Bett.
    Ich löschte das Licht wieder, und diesmal lag ich im Bett und betete flüsternd, bis ich zuletzt einschlief.
    Im Halbschlaf hörte ich, wie die beiden Punks heimkamen und die Treppe hinaufpolterten. Wenig später meinte ich aufzuwachen – in Wirklichkeit jedoch, so erkannte ich später, schlief ich noch immer; ich träumte nur, dass ich erwachte. Ich griff nach der Nachttischlampe, wollte sie anknipsen und stellte fest, dass sie nicht funktionierte. Das Zimmer war jedoch nicht dunkel, sondern von einem rosenroten Schein erhellt, der die Umrisse der Möbel mit glühenden Linien nachzeichnete. Es war nicht das Licht eines Feuers, sondern ein sanft schwellender und ebbender Glanz wie von glutflüssigem Metall oder jungfräulicher Lava. Obwohl es so fantastisch aussah, war es in keiner Weise bedrohlich; ganz im Gegenteil, es erfüllte mich mit einer inneren Freude, wie einen die Glut des Sonnenaufgangs nach einer finsteren, fiebrigen Nacht mit Freude erfüllt. In einer Weise glich es dem Ewigen Licht in den Kirchen meiner Kindheit, dieser sanften, willkommen heißenden Flamme in ihrem roten gläsernen Herzen, aber es war wärmer und leidenschaftlicher, voll sinnlicher Verheißung, ein liebendes Licht – und eines, das nicht nur meine Seele liebte, sondern auch meinen Körper und meine Empfindungen, nicht nur einen schemenhaften

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