Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Der Gedanke erregte mich ungeheuer. Ich hatte nicht gewusst, dass ich zu einem solchen Lustempfinden überhaupt fähig war. Nie in meinem Leben hatte ich ein solches Feuer gefühlt, auch nicht mit meiner Frau, die ich doch liebte.“
Er sprach leise und stockend, und ich sah ihm an, wie sehr er sich schämte. Ich kannte aber auch den heimtückischen Zirkelschluss, mit dem eben diese Scham sich in einen noch schärferen Stachel der Begierde verwandelte. Sie war wie Salzwasser, das den Verdurstenden immer noch durstiger machte. Je mehr er litt, desto mehr sehnte er sich danach zu leiden.
„Ich wusste aber“, setzte er fort, „dass mir nicht jede beliebige Frau diesen Wunsch erfüllen konnte. Es musste eine sein, die genau verstand, was diese Narben für mich bedeuteten – was ich durchgemacht hatte. Eine Frau, die fähig war, die Abgründe von Scham und Schmerz und Erniedrigung auszumessen, in die ich gestürzt worden war.“ Er hob den Kopf, Tränen in den Augen. „Ich
bitte
Sie darum“, flüsterte er.
Ich stand auf und nahm seine Hand. „Komm.“
Von dem Augenblick an, als ich meine Zustimmung gab, verfiel er in eine Art Entrückung. Die Augen halb geschlossen, folgte er mir wie ein Kind in sein Zimmer.
Wiederum spürte ich die dumpfe Spannung, die in dem Raum in der Luft lag. Alles schien in einer verhaltenen, verkrümmten Bewegung herum zu haspeln, als krabbelte etwas unter dem Spannteppich und in den Polstermöbeln. Die riesigen tabakbraunen Schränke mit ihren bizarren Hörnern und Schweifen knackten und krachten, die Papiere auf dem Boden wischten wispernd hin und her. Ein Zischeln und Tuscheln folgte uns, als hockten überall auf den Möbeln unsichtbare Gestalten, die sich über uns lustig machten.
Niemand sollte mir erzählen, dass nur sexuell frustrierte Jugendliche einen Poltergeist auslösen konnten! So, wie es um Robert Junkarts stand, hatten wir noch Glück, dass uns nicht das ganze Zimmer um die Ohren flog. Seine ohnehin schon immense psychische Kraft staute sich unter dem Druck der verbotenen Lust in einem Maß auf, dass die Luft knisterte und zischte und sich aus den Schatten obszöne Missgestalten formten, deren glühende Augen uns durch das Halbdunkel folgten.
Ohne noch ein Wort zu sprechen, zog er sich aus, ließ aber die Unterhose an zum Zeichen, dass er dort nicht berührt werden wollte. Die Brille nahm er ab, klappte sie sorgfältig zusammen und schob sie an ihren gewohnten Platz auf dem Computertisch. Dann legte er sich auf sein Bett, das Gesicht nach unten, die flachen Hände unter der Stirn, und blieb vollkommen regungslos liegen.
Ich setzte mich neben ihn auf den Rand der Bettcouch, legte beide Hände auf seine Schultern und betastete die kleinen Narben. Sofort begann die Haut sich zu röten, erst hellrot, dann in einem krankhaften Purpur, der an Totenflecke erinnerte. Das Gewebe schwoll spürbar an, wurde feucht und so außergewöhnlich empfindlich, dass er bei den zartesten Berührungen zuckte. Er schien jedoch das zu empfinden, was die Japaner „wohltätigen Schmerz“ nennen, denn jedem gequälten Zucken folgte ein tief ausatmendes, wohliges Seufzen.
Mir war bange; ich hörte, wie die Schränke ächzten, als wiegten sie sich hin und her, und wie die Glaseinsätze klirrten und die Dielen knackten. In dem düsteren, dumpf-warmen Zimmer herrschte eine Atmosphäre, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn ein Blitz von der Decke gefahren wäre. Sogar der Körper unter meinen Händen, der in einer so völlig unerotischen Haltung da auf der Couch lag, schien mit Kräften geladen zu sein, die meine Fingerspitzen kribbeln ließen und in meinen Handflächen juckten. Seine hellhäutigen Gliedmaßen waren jetzt übersät mit purpurnen Flecken, und die Feuchtigkeit, die hervordrang, schmierte wässrig rötlich auf meinen Fingern. Jede Narbe war drauf und dran, sich in eine kleine frische Wunde zu verwandeln.
Ich schob Roberts üppiges Haar über den Nacken hoch und tastete darunter. „Ist da auch etwas?“, fragte ich leise, als ich eine Unregelmäßigkeit in der weichen Haut spürte.
Ein solcher Schauder durchfuhr ihn, dass alle Muskeln in seinem Körper zuckten. Er stieß ein leises, krampfhaftes Winseln aus. Einen Augenblick war er nahe daran, dass er aufsprang und flüchtete, aber dann entspannte er sich wieder. Besser gesagt, er ergab sich. „Unter dem Ohr“, flüsterte er. „Rechts. Da sind zwei ... drei kleine Narben. Einer der Männer drückte seine Zigarette auf
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