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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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rutschte zu ihm hinüber und lag auf dem Bauch neben ihm, das Kinn auf die Hände gestützt. „Alec, ich war bislang zwei Mal mit ihm zusammen. Es war fantastisch. Es war unheimlich, aber fantastisch. Ich glaube, er ist genau das, was wir suchen.“
    „Na, wenn das so ist, dann erzähl schon einmal, aber in allen Einzelheiten“, befahl mein Freund.
Der Hellseher
    An einem triefenden Regentag erschien Tom Kornisch.
    Es war ein bemerkenswerter Auftritt. Alec hatte nicht riskieren wollen, dass der Hellseher sich im Vorhinein Informationen beschaffen konnte, deshalb hatte er den Kontakt über einen Strohmann – einen befreundeten Anwalt – abgewickelt. Nach menschlichem Ermessen wusste Kornisch nicht, wer sein wirklicher Auftraggeber war, ebenso wenig wusste er, um welches Haus es sich handelte. Er trug während der gesamten Fahrt in die Larabaya-Straße eine dunkle Augenbinde, die erst im Flur des Hauses abgenommen wurde.
    Ich hatte das Meine getan, um nicht erkannt zu werden. Da auf jedem Schutzumschlag meiner Bücher ein Foto prangte, war ich für gewöhnlich leicht zu identifizieren, und um das zu vermeiden, hatte ich mir von Coco eine rote Perücke ausgeliehen und eine Sonnenbrille aufgesetzt.
    Pünktlich zur angegebenen Stunde hielt der Wagen von Alecs Kollegen vor dem Gartentor. Heraus kletterte eine unauffällige Frau in mittleren Jahren – Kornischs Sekretärin und ständige Begleiterin Diana Feltz – und dann ein Mann mit kurzem schlohweißem Haar, der es mühelos mit Alec aufnehmen konnte, was Größe und Gewicht anging. Er trug einen leichten Regenmantel. Trotz der Augenbinde stand er lässig und selbstsicher da.
    Mir klopfte das Herz vor Aufregung, als er dann eintrat und die Begleiterin ihm beflissen die Binde abnahm. Alec hatte mir erzählt, dass er schon die erstaunlichsten Resultate erzielt hätte, aber wie er in seinem schlecht sitzenden grauen Anzug im Flur stand und sich aus kleinen, bäurischen Augen umsah, glich er eher einem Landpfarrer als einem berühmten Hellseher. Wir verzichteten, wie ausgemacht, auf jede Begrüßung und alle Höflichkeitsfloskeln, damit er nicht von seinen Wahrnehmungen abgelenkt wurde.
    Schweigend standen wir alle da, während Kornisch seinen mächtigen Kopf mit dem struppigen weißen Haar langsam von einer Seite zur anderen wandte. Mir fiel auf, dass sein Blick immer wieder zu Robert Junkarts wanderte, als ziehe der Mann ihn magnetisch an; er musste sich richtiggehend von ihm losreißen, um sich voll auf das Gebäude zu konzentrieren.
    Schließlich sprach er. In einem überraschend normalen Tonfall bemerkte er: „Das ist ein eigenartiges Haus ... hier geht alles drunter und drüber. Die Dinge vermischen sich, es ist schwer zu sagen, wo eines aufhört und das andere anfängt. Es steht auf einem Riss ... einem Riss nicht in der Erde, sondern in der Zeit, im Raum. Das macht es zu einem Kanal für Kräfte, die durch die Dimensionen strömen.“ Er schüttelte den Kopf und sah sich noch einmal um. „Ein Kind ist hier, aber wo ist es versteckt? Ein kleines Mädchen ... fünf, sechs Jahre alt. Es ist irgendwo im Haus, aber ich kann es nicht finden. Der Name ist Magda – nein, nicht Magda, aber so ähnlich. Martha? Mathilde? Viele Menschen sind hier, es wimmelt nur so von ihnen. Das Haus lässt sie nicht los.“ Dann erklärte er: „Ich weiß kaum, wo ich hier anfangen soll, und meine Kraft ist nicht unbegrenzt. Haben Sie ein besonderes Problem? Es wäre besser, wenn wir die wichtigen Sachen zuerst erledigen, sonst geht mir mittendrin die Puste aus.“
    Alec und ich tauschten Blicke, dann nickten wir beide und wiesen ihm den Weg zur Hintertüre.
    Kornisch ging ein paar Schritte weit in den Flur rechts hinein. Genau wie der Priester vor ihm wurde er immer langsamer. Er legte eine flache Hand auf die Mauer und sog die Luft ein, als kostete er ihren Geschmack. „Hier ist etwas Böses“, konstatierte er dann. Seine erst so alltägliche Stimme klang mit einmal schwer, fast gepresst. „Mein Gott! Was ist hier geschehen? Tote ... viele Tote. Aber das Böse kommt nicht von ihnen, es kommt von jemand anderem. Da ist eine Frau – ein junger Mann – wenn hier nur nicht alles so durcheinander wäre! Es ereignet sich so viel, ich kann es nicht auseinanderhalten. Die Frau ist schon älter ... sie ist böse, bis ins Herz hinein böse. Hat sie jemand umgebracht? Aber sie selbst ist auch umgebracht worden, nicht hier im Haus, sondern ganz in der Nähe. Es ist Nacht. Überall

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