Das Haus der glücklichen Alten
alles auf göttliche Weise geschah, erhaben über jeden Zweifel. Jahre später lachten wir darüber. Und hoben, seit neunzehnhundertfünfzig, Die armen Liebenden auf, das Buch von Eugénio de Andrade. Vitorino Nemésio sagte, dass es ein großes Buch sei, und wir waren begeistert, vereint in einer Liebe und einer Hütte, die alles zu beschützen schien, weil auch unsere Finger, wie es im Gedicht heißt, zu Vögeln würden und zu gleißendem Licht. Wenn wir noch einmal heiraten würden, Laura, müsste Eusébio der Pfarrer sein. Nur so, nur so. Und wenn ein FC-Porto-Anhänger so etwas sagte, heißt das, dass Eusébio wirklich einmalig war und dass uns das Regime krank machte wie ein Virus. Wir reagierten nicht, wir trotteten durchs Leben wie eine Schafherde, immerfort an der Nase herumgeführt.
8 Der europäische Silva
Also eine große Leuchte sind Sie nicht, Senhor Silva, wirklich nicht, sagte der europäische Silva zu mir. Sie Arschgeige, Sie, was suchen Sie denn hier?, fuhr ich ihn an. Hoppla, Sie haben einen Ton an sich… erzählen Sie mir nicht, dass hier eine Revolution gegen gute Manieren ausbricht, erwiderte er. Auf einem Stuhl im Hof, draußen in der Sonne, wo wir aus dem Haus spazieren gingen, saß dieser Cristiano Mendes da Silva, der sprechende Papagei des Krankenhauses, der Schwachkopf von Silva. Das kann man so nicht stehenlassen, was Sie da über das Regime gesagt haben, da wäre noch einiges anzumerken, und als Porto-Fan sind Sie ehrlich gesagt auch eine ziemliche Niete, wenn Sie von Eusébio so eine hohe Meinung haben. Daraufhin ich, o Mann, Sie reden und reden hier und sagen mir gar nicht, was Sie hier eigentlich zu suchen haben. Mit einem unausstehlichen Grinsen im Gesicht musterte er mich und erklärte, tja, ich bin hier gelandet wie alle anderen, ich wohne jetzt hier, ist das nicht normal? Ich dachte, ich krieg einen Herzanfall. O ihr Heiligen von einem, der keine Heiligen hat, und du, Mariechen meines Lebens, sagt mir bloß nicht, ich werde es jetzt auf meine alten Tage noch schwerer haben als bisher. Sie sind doch noch grün hinter den Ohren, Sie müssen doch noch auf die Weide. Aber nicht doch, ich bin jetzt Rentner, und solange man noch was hat davon, will man schließlich einen Service haben wie im Hotel. Ich sitz doch nicht allein zu Haus, putze und koche mir ein Süpplein, was glauben Sie denn, Senhor Silva. Ich bin jetzt sechsundsechzig. Ich genieße meinen Lebensabend, wenn man so will. Zur Abwechslung gibt’s hier mal einen Gast, der noch halbwegs bei Verstand ist, oder? Nicht so ein unbelehrbarer Kommunist wie Sie, das sind Sie doch!
Das hatte ich immer gehasst, wenn man mich einen Kommunisten nannte, weil, eigentlich wollte ich mich immer raushalten aus der Politik. Zum einen, weil ich meinte, dass Politiker allesamt Speichellecker sind, zum anderen, weil ich meinte, man wolle gar nicht, dass ich mitmache, außerdem hatte ich Angst davor mitzumachen und letzten Endes glaubte ich allmählich, wer sich mit Politik abgibt, wird von so vielen Sachen korrumpiert, dass man als Politiker, ob man will oder nicht, überhaupt nicht ein guter Mensch sein kann. Dann machte mir der europäische Silva noch den Vorwurf, ich würde eh immer nur unverständliches Politchinesisch reden. Das ließ ich nicht auf mir sitzen. Ich habe nur versuchen wollen, Ihnen mein Leben zu erzählen, was mir wichtig gewesen ist und wie ich meine Entscheidungen getroffen habe. Aber nennen Sie mich nicht Kommunist, hören Sie, nennen Sie mich nur Silva, es reicht mir, Gestrüpp zu sein, das sich übers ganze Land ausbreitet, wissen Sie nicht mehr? Und er, dann weiß ich eben nicht, ob wir alle Silvas und bis ins Mark erklärt sind. Ich aber, ich erinnere mich nur zu gut. Regen Sie sich nicht künstlich auf, ich habe Ihre Geschichte und die Ihrer Frau schon verstanden, ich wollte Sie nicht beleidigen, mir fällt es nur so schwer, hier zu sitzen und mir diese Sachen über Benfica und Ihre Naivität gegenüber dem Regime einfach so mit anzuhören. Ich hatte nie was am Hut gehabt mit Eusébio, Affe der, kommt hierher, um Tore zu schießen. Dabei hatte er gleich wieder wegwollen, hätten sie ihn doch nur gehen lassen, es war hier nicht schlecht ohne ihn. Sie ließen ihn aber nicht, und da blieb er, um Porto abzuschießen. Und Porto abschießen, Senhor Silva, das ist immer schlecht. Ich wusste nicht mal, ob ich lächeln sollte, und war heilfroh, als Senhor Pereira kam. Der setzte sich zu uns und fragte, wer denn der neue
Weitere Kostenlose Bücher