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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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mit dem Kamm durch die Haare, befestigte sie wieder mit der Spange und warf den Kamm in die Ledertasche.
    »Die meisten Eindringlinge raten das Paßwort in zehn Anläufen. Wenn sie in ein System einbrechen, das über keine Abwehrmaßnahmen bei mehrfachen Einlogg-Versuchen verfügt, haben sie es dann geschafft. Aber, wie gesagt, in unserem Fall wußte ich schon etwas über dich und hatte darum einen Ausgangspunkt. Als ich die sechs Buchstaben hörte, war mir ziemlich klar, wie das Paßwort lauten mußte.«
    Charlotte hatte es gewählt, weil niemand es kannte: Es war ein Teil ihres richtigen Namens.
    Jonathan streckte die Arme nach vorn und ließ die Knöchel knacken. Er stand auf, ging in die Küchenecke hinüber, füllte den Wasserkessel und setzte ihn auf den Herd. »Uns bleiben weniger als vier Stunden. Ich brauche ein bißchen Raketentreibstoff.«
    Er öffnete ein Seitenfach seiner Tasche und holte ein Päckchen Kaffee, Filter und eine Schachtel mit schottischen Keksen heraus.
    Als sie die vertraute Packung mit dem rotgelben Karo sah, spürte Charlotte Freude und Schmerz zugleich.
    Sie waren wieder siebzehn, und Charlotte saß in Jonathans Zimmer auf dem Bett. Sie knabberten Kekse, und er zeigte ihr seine neueste Errungenschaft, ein Computerspiel namens Pong, das es eigentlich bisher nur in Spielhallen und Bars gab. Aber Johnny besaß es, weil er gerade erst von den Sommerferien in Schottland zurückgekommen war und sein Vater am selben Tag zu einer internationalen Konferenz nach Peru fliegen mußte. Das teure Spielzeug sollte ein Trost für seinen Sohn sein. Jonathan aß, lachte und redete, alles gleichzeitig. Er erklärte ihr, das Spiel hätte ursprünglich Ping Pong geheißen, aber die Firma Atari hätte den Namen aus urheberrechtlichen Gründen ändern müssen.
    Das war die schöne Erinnerung.
    Die schmerzliche datierte sechs Jahre später, eine verregnete Nacht in Boston, als Johnny ihr verkündet hatte, er wolle ein MIT-Hacker werden. Sie hatten mit Rotwein und schottischem Shortbread gefeiert und sich dann auf dem Madras-Bettüberwurf in seiner Wohnung langsam und wundervoll geliebt. Die ganze Nacht über lagen sie aneinandergekuschelt, beide dreiundzwanzig Jahre alt, und damit beschäftigt, sich ihre gemeinsame Zukunft auszumalen. Jeder hatte noch mehr Farbe in die Vorstellungen des anderen gebracht.
    Sie wollte ein Heilmittel gegen den Krebs finden, er den schnellsten Supercomputer der Welt bauen. Sie würden nicht aufzuhalten sein, zwei junge Raketen, die in die Zukunft sausten. Außerdem würden sie reisen und die Welt sehen. »Wir werden am Bosporus stehen«, hatte Charlotte gesagt, »und die Sonne hinter den Kuppeln und Spitztürmen von Istanbul untergehen sehen.« Johnny hatte ergänzt: »Und in Venedig werden wir an der Piazza San Marco Cappuccino trinken und zuschauen, wie die Flut steigt.«
    Sie wollten alles tun, alles probieren, alles erfahren, das ihnen das Leben zu bieten hatte. Als Charlotte am nächsten Tag nach San Francisco zurückfliegen mußte, hatte Jonathan sie zum Flughafen begleitet, und sie hatte ihn noch nie so strahlend glücklich gesehen.
    Zwölf Monate danach war der Gedichtband angekommen, der ihre Welt zerstört und ihre Träume für immer vernichtet hatte.
    Jonathan nahm das kochende Wasser vom Herd und zog einen flach zusammengefalteten Metallkegel aus seiner unerschöpflichen Tasche. Wenn man ihn aufklappte, paßte der Kegel genau auf einen Becher und bot Platz für einen kleinen Papierfilter und zwei gehäufte Teelöffel starken, gemahlenen Kaffee. »Ich reise nie ohne meinen Kaffee«, erklärte er und bereitete zwei Becher vor. »Trinkst du ihn immer noch schwarz? Ich habe auch Sahnepulver, wenn du möchtest.«
    »Schwarz«, antwortete sie und fragte plötzlich, zu ihrem eigenen Erstaunen: »Jonathan, bist du glücklich?«
    Er drehte sich überrascht zu ihr um. Dann verdüsterte sich seine Miene. »So glücklich, wie man erwarten kann, nehme ich an.«
    Sie konnte die Frage, die ihr seit acht Stunden auf der Zunge lag, nicht länger unterdrücken. »Führt ihr eine gute Ehe?«
    »Ich kann nicht klagen«, meinte er ausdruckslos und ließ den Blick über ihr Haar schweifen, das jetzt gezähmt und wieder mit der Spange befestigt war. »Das Leben mit Adele ist bequem. Es gibt keine Überraschungen.«
    Charlotte wandte sich ab. ›Bequem‹ und ›keine Überraschungen‹ – für Jonathan klang das traurig.
    Jonathan betrachtete ihren Hinterkopf. An einer Stelle, die der Kamm

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