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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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zurück. Das andere Angebot war eben besser.«
    Ich hatte diese Worte schon früher gehört.
    Beim ersten Mal ging es um eine große Ladung Kräuter aus Schanghai. Durch die wachsenden Unruhen in China, wo Chiang Kai-shek und Mao Tse-tung um die Macht rangen und Japan die Küstenstädte überfiel, waren Importe aus dem Reich der Mitte rar geworden. Aber ich hatte einen Dauerauftrag bei der Ostwind-Handelsgesellschaft, und die Kräuter, die im Dock verschwunden waren, gehörten mir. Später fand ich heraus, daß es einen Geheimvertrag gegeben hatte und die gesamte Lieferung seltener Kräuter, Mineralien und Gewürze an die Roter-Drache-Gesundheitsgesellschaft verkauft worden war.
    Der zweite Vorfall betraf einen Antiquitätenhändler, der sich auf orientalische Raritäten spezialisiert hatte. Er rief mich ganz aufgeregt an und erzählte von einem erst vor kurzem entdeckten Buch, das über vierhundert Jahre alt war und von Dr. Li Shizhen, dem großen Arzt der Ming-Dynastie, stammen sollte. Angeblich enthielt es viele bisher unbekannte Rezepte. Er versprach mir das Buch, aber am Ende landete es doch im Besitz des Roten Drachen.
    Und jetzt gehörte ihm auch meine Fabrik, mein Traum.
    »Wer hat das höhere Gebot abgegeben?« fragte ich und hielt immer noch meine Tochter an der Hand. Sie zog nach allen Richtungen wie der unstete Wind, dem sie folgen wollte, fort von diesem Unglücksort.
    Ich kannte die Antwort bereits, aber ich wollte sie hören, wollte, daß der Mann mir die Worte ins Gesicht sagte.
    Er räusperte sich und sah mir nicht in die Augen. »Die Roter-Drache-Gesundheitsgesellschaft.«
    Ich fühlte, wie der Tag vor mir davonrollte, als rollten Kiesel eine Klippe hinunter. Ich legte die Hand auf den Arm meines Mannes, um mich zu stützen. »Mr. Osgood«, begann ich, »der Mann, dem die Roter-Drache-Gesundheitsgesellschaft gehört, ist ein Mensch ohne Ehre und Gewissen.«
    »Hören Sie, ich weiß, daß Sie jetzt aufgeregt sind …«
    »Er hat versucht, Mr. Huangs Lagerhaus niederzubrennen. Er hat eine Spionin bezahlt, damit sie ihm meine Geheimnisse verriet. Er hat mich bestohlen. Und er stellt wissentlich Gifte her, die unschuldigen Menschen Schaden zufügen.«
    »Also hören Sie, ich weiß nichts von diesen Dingen, ich habe lediglich …«
    »Und auch Sie haben Ihre Ehre beschmutzt, Mr. Osgood.«
    »Ich! Jetzt warten Sie aber mal einen Moment!«
    »Was hat er Ihnen bezahlt, damit Sie mir meine Anzahlung zurückgeben?«
    Als mir eine Woche später die Klage zugestellt wurde, saß ich in meinem Büro in Chinatown, einem kleinen Zimmer über der Huang-Handelsgesellschaft. Der Inhaber der Roter-Drache-Gesundheitsgesellschaft verklagte mich wegen Verleumdung und absichtlicher Kränkung seiner Gefühle.
    Ich rief sofort Gideon an. Ich sagte mir, daß er ja mein Geschäftspartner sei und ich ihn informieren müsse. Ich sagte mir, ich sei dazu gezwungen, weil die Sache vor Gericht gehen werde und Gideon Beziehungen zu den besten Anwälten der Stadt unterhalte. Ich gab mir viele Gründe, warum ich ihn anrief und nicht meinen Mann, meinen eigenen Anwalt, Mr. Huang oder irgendeinen anderen Menschen, der mir vielleicht helfen konnte. In Wirklichkeit wußte ich genau, warum: Ich hatte Angst, und ich brauchte Gideon.
    Zum ersten Mal seit dem Tag, an dem ich Fiona Barclay den Ring meines Vater gegeben hatte, setzte ich wieder einen Fuß in ihre Villa.
    In neun Jahren schien sich das Innere des Hauses nicht verändert zu haben – immer noch dieselben schweren, viktorianischen Möbel mit ihrem Samt, den Quasten und den gestickten Kissen und eine ungeheure Ansammlung von Porzellanfiguren, die jeden Zoll freien Raums einnahm. Gideon hatte mir erzählt, Olivia führe einen heimlichen Feldzug gegen seine Mutter, um sie zu einer neuen Einrichtung zu überreden. Er selbst bewohnte mit Olivia und ihrem Sohn Adrian einen Flügel des Hauses, den sie nach ihrem eigenen Geschmack möblieren konnten, was sie, wie er mir sagte, auch taten, denn Olivia hatte eine Leidenschaft für die neuen Innenausstattungen aus Europa – Bauhaus, Stahlrohr und skandinavisches Bugholz. In den übrigen Räumen der palastartigen Villa jedoch durfte auf Fionas ausdrückliche Anweisung nicht ein Aschenbecher, kein noch so winziges Bild verrückt oder gar entfernt werden.
    Das Herrenzimmer, in dem ich mich mit Gideon und seinem Anwalt traf, hatte mit seiner viktorianischen Überladenheit, der stark gemusterten Tapete und den geblümten Teppichen etwas

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