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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Blick stand Schmerz. »Mein Partner läßt seine Wohnung nicht renovieren, und meine Frau ist nicht zu Hause und spricht mit dem Gärtner.«
    Charlotte stand von dem kleinen Tisch auf. Sie sah Tränen in Jonathans Augen. »Es tut mir unendlich leid.«
    »Das braucht es nicht«, antwortete er und verschmähte ihr Mitgefühl. »Es mußte so kommen. Irgendwann passiert es allen Helden – früher oder später.« Er gab ihr die braune Tüte mit dem Kaffee und den Sandwiches. »Ich sollte jetzt besser die Hinweise im Netz prüfen.«
    Seine Stimme klang so hart, daß Charlotte ihn gerne umarmt hätte. Aber sie hörte auch den Unterton von Bitterkeit und den merkwürdigen Verweis auf den Helden. Das gleiche hatte sie vor zehn Jahren in San Francisco von ihm gehört, als er ihr von seinem Ausstieg aus der NSA erzählt hatte. »Eine ziemlich miese Geschichte«, hatte er erst vorhin gesagt. Was war mit den Acht von Amsterdam wirklich geschehen?
    »Johnny …« Sie hielt inne. Bis zum Ablauf des Ultimatums blieben ihnen weniger als zwei Stunden. Er hatte recht. Sie mußten sich konzentrieren. Adele, Quentin und der Rest der Welt konnten später kommen. »Ich habe etwas in Olivias Briefen gefunden.«
    Sie hielt das Bündel Briefe hoch, das sie im Museum noch schnell in ihre große Umhängetasche gestopft hatte. Als Jonathan Charlotte suchte, hatte er die Tasche wie durch ein Wunder gefunden. Sie lag im Kontrollraum der Fabrikhalle, dort, wo man sie entführt hatte. Ihr Angreifer hatte sich offensichtlich nicht dafür interessiert.
    »Olivia war davon besessen, das Haus zurückzubekommen.« Aus der Papiertüte zog sie zwei Styroporbecher. »Diese Briefe stammen aus den Jahren 1942 bis 1957. Sie bedrohen meine Großmutter und lassen ihr keine Ruhe. Buchstäblich eine Ein-Frau-Terror-Kampagne! Ich begreife nicht, wieso meine Großmutter nie ein Wort davon erzählt hat.«
    Jonathan nahm einen der Becher und hob den Plastikdeckel ab. »Glaubst du denn, daß unser Killer etwas mit Olivia zu tun hat? Vielleicht ihr Sohn Adrian? Oder Margo? Vielleicht ist das Ganze eine Form von Rache, weil sie das Haus nicht bekommen haben?«
    Charlotte betrachtete den dampfenden Kaffee. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Vor einer Stunde hatte ich noch Mr. Sung im Verdacht. Vielleicht verdächtige ich ihn immer noch.« Sie griff in die Umhängetasche und zog die sorgsam gefaltete Ausgabe des San Francisco Chronicle von 1936 heraus. »Der Artikel hier liest sich wie eine Werbetafel in einem Supermarkt. Sie beschreiben alles, was meine Großmutter anhatte, bis hin zu den Ohrringen, und ihren Gesichtsausdruck – ob sie zornig oder traurig aussah. Und dann diese Anspielungen auf Gideon Barclay! Und weißt du, was über meine Mutter darinsteht? Sie nennen sie geistig zurückgeblieben.«
    Jonathan blickte vom Computer auf. »Hat deine Großmutter je so etwas erwähnt?«
    Charlotte wollte den Kopf schütteln, ließ es dann aber.
    »Nun?« fragte Jonathan.
    »Ich bin nicht sicher. Aber mir ist jetzt so, als ob da etwas gewesen wäre … Getuschel hinter meinem Rücken. Ich wußte immer, daß meine Mutter etwas Besonderes hatte, daß sie anders war. Vielleicht habe ich es aufgeschnappt, vielleicht auch nur gefühlt. Allerdings bin ich nie auf die Idee gekommen, daß es etwas mit ihrem Verstand zu tun haben könnte. Ich dachte, sie wäre vielleicht so begabt gewesen wie ihr Vater, Mr. Lee.«
    »Nur daß du jetzt weißt, daß Mr. Lee nicht ihr Vater war.«
    »Eben. Mein Verdacht hat sich bestätigt. Das hier«, sie warf die Zeitung zornig in die Ecke, »räumt jedenfalls alle Zweifel aus!«
    Er hob die Zeitung auf und legte sie dorthin, wo Charlotte sie nicht sehen konnte, als wolle er sie vor den verletzenden und kränkenden Worten über Mr. Lees Impotenz und dem unangenehmen Bild ihrer Großmutter, die ihrem Mann ein Potenzmittel zusammenbraute, schützen.
    »Ich habe mich oft gewundert, warum ich nicht chinesischer aussehe«, fuhr Charlotte fort. »Ich schaute mir Bilder von Mr. Lee an und fragte mich, warum meine Mutter und ich ihm nicht ähnlicher sahen. Meine Großmutter erzählte immer, es liege an Richard Barclays starkem Yang, daß meine äußere Erscheinung so stark von meinem Urgroßvater beeinflußt worden sei. Aber das stimmt nicht. Es liegt daran, daß ich keinen chinesischen, sondern einen amerikanischen Großvater hatte.« Sie stellte den unberührten Kaffee wieder auf den Tisch. »Mein Gott, Jonathan, ich fange allmählich an zu

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