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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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gut. Ich verstehe dich.« Sie betrachtete ihn und weidete sich an seinem Profil. Plötzlich hatte im wärmenden Kokon der Berghütte die Welt um sie herum zu existieren aufgehört. Es war, als hätten die Ereignisse der letzten zehn Stunden vor langer Zeit auf einem anderen Planeten stattgefunden. Die alten Regeln galten nicht mehr, die Schranken schienen unnötig. »Was hast du damals vor acht Jahren gedacht, als du die Nachrichten über Chalk Hill gehört hast?«
    Er sah sie aus ehrlichen Augen an, ein offener Blick, der sie an die Sommer in San Francisco erinnerte, bevor sie beide ihre Unschuld verloren. »Daß man dich in den Medien falsch dargestellt hat. Ich wußte, daß hinter dem, was die Öffentlichkeit gezeigt bekam, eine andere, wahre Geschichte lag.«
    »Es fängt an mit dieser Stimme aus dem Hintergrund, als ich sage ›Wenn das der einzige Weg ist, wie wir uns Gehör verschaffen können, dann werden wir ihn eben gehen‹. Jonathan, das habe ich vor dem Gebäude der FDA in Washington gesagt und dabei ein Demonstrationsschild hochgehalten! Aber sie haben es eingespielt, während sie das andere Bild zeigten, damit es aussah, als erklärte ich, wenn ich Tiere abschlachten müßte, würde ich es eben tun. Das war nicht wahr!«
    »Ich weiß.«
    »Sie stellten mich dar, als würde ich, um meine persönlichen Ziele zu erreichen, unschuldige Tiere opfern«, fuhr sie leidenschaftlich fort. »Wie du sagst – es gibt eine wahre Geschichte. Du weißt, daß ich gegen Tierversuche bin. Aber ich glaube auch, daß wir bei unserem Kampf gegen diese Versuche eine Verantwortung gegenüber den betroffenen Tieren haben. ›Segnet die Tiere‹ war eine verantwortungslose Gruppe. Sie ließen Tiere frei und dachten gar nicht darüber nach, wie die armen Wesen weiterleben sollten. Ich hatte Wind von dem geplanten Überfall auf das Chalk-Hill-Laboratorium bekommen. Ich und ein paar andere wollten ihn verhindern. Wir kamen zu spät. Die Tiere waren bereits losgelassen worden, und das Haus brannte.
    Chalk Hill liegt im Redwood-Land von Nordkalifornien. Diese Tiere waren entweder schon in Käfigen geboren worden oder hatten den größten Teil ihres Lebens darin verbracht. Sie hätten in der Wildnis nicht überleben können. Und es waren auch keine gesunden Geschöpfe, die man da befreit hatte, sondern arme Opfer mit Krankheiten und Tumoren. Dieses Bild von mir, wie ich vor einem Schäferhund knie … ja, ich habe ihn getötet. Sein Blut klebte an meinen Händen. Ich habe ihm den Schädel eingeschlagen. Jonathan, der arme Hund hatte den Kopf voller Elektroden. Ich sah das Entsetzen in seinen Augen, als er aus dem Labor rannte. Es war das totale Chaos, überall sprangen Ratten und Affen herum, rasten in alle Richtungen, krank, erschrocken, hilflos. Wir konnten sie auch nicht wieder einfangen und zurückbringen, weil das Labor schon in Flammen stand. Wir konnten nicht mit ihnen zum Tierarzt. Die Versuchsstation lag im Wald, meilenweit von jeder Zivilisation entfernt. Und dann sah ich, wie der unglückliche Hund stolperte und sich in Krämpfen am Boden wand.« Ihre Stimme senkte sich zu einem erschrockenen Flüstern. »Ich mußte ihn von seinen Qualen erlösen. Ich konnte ihn nicht einfach dort liegenlassen.«
    Jonathan legte den Arm um sie und zog sie an sich.
    »Naomi war Mitglied von ›Segnet die Tiere‹«, fuhr Charlotte mühsam fort. »Auch sie wollte die Versuchstiere befreien. Aber als sie sah, was dabei herauskam, daß wir sie mit bloßen Händen umbringen, ihnen den Hals umdrehen, den Schädel einschlagen mußten, damit sie nicht langsam und elend zugrunde gingen …« Sie schlug nasse, grüne Augen zu ihm auf. »Sie war ebenso erschüttert wie wir und gab ›Segnet die Tiere‹ die Schuld an der Katastrophe. Sie trat aus. Damit fing es an – jeder zeigte mit dem Finger auf den anderen und beschimpfte ihn. Es ist ein Abschnitt in meinem Leben, an den ich am liebsten gar nicht mehr denken möchte.«
    »Für mich bist du eine Heldin«, sagte er leise.
    Sie suchte in seinem Gesicht und staunte über die neuen Furchen, die sie darin fand. Einst war es ein glattes Gesicht gewesen, und sie kannte es in vielen Stadien – die gräßliche Pickelzeit, die Monate mit dem neuen, weichen Bartflaum, der Sonnenbrand, der sich schälte, der Schorf, der nicht heilen wollte, die Tacosoße in den Mundwinkeln, die Tränen in den traurigen, braunen Augen. Sie suchte im älteren Gesicht nach dem jungen darunter und fand es, und mit ihm den

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