Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Bergen oberhalb von Rancho Mirage, in einem Fünf-Millionen-Dollar-Haus voll kostspieliger Skulpturen und Gemälde, mit einem privaten Fitneßraum, einem Friseursalon und einem klimatisierten Hallenbad.
Ein philippinischer Hausboy im weißen Jackett öffnete Jonathan und Charlotte die Tür und führte sie durch Gänge und Zwischenstockwerke zum sogenannten »Spielzimmer«, einem riesigen, verglasten Raum mit einer vollständig eingerichteten Acht-Hocker-Bar, einem Billardtisch, zwei Fernsehern mit riesigen Bildschirmen, sechs elektronischen Spielautomaten in Spielhallengröße, einem Computerspielzentrum und einer in den Boden eingelassenen Feuerstelle mit offenem Feuer in der Mitte des Raumes, umgeben von weichen Sofas.
Desmond stand an der Bar und goß sich gerade ein Ginger-ale ein. »Hallo«, begrüßte er sie lächelnd. »Scheußlich da draußen, wie?«
Das Unwetter hatte die teure Aussicht über das Wüstental, sonst hinter einem beleuchteten Stein- und Kaktusgarten zu bewundern, völlig ruiniert. Nicht einmal die Anstrengungen der Morgendämmerung konnten sich gegen die schwarzen Wolken und den unablässigen Regen durchsetzen.
Charlotte sah, daß Desmond seine angeberischen schwarzen Sachen abgelegt hatte und in eine ebenso protzige weiße Montur geschlüpft war – weißer, übergroßer Hugo-Boss-Pullover, weiße Baumwollhosen, weiße Spangenschuhe. Wenigstens trug er seine Sonnenbrille nicht mehr. Als sie sah, daß Jonathan mit den Worten »Dringend Zeit, daß dir mal jemand deine eingebildete Visage poliert« auf ihn zustürzen wollte, packte sie ihn und hielt ihn fest. Die harten Muskeln seines Arms spannten sich und bebten. »Das will er doch gerade, Johnny.«
»Immer noch rohe Gewalt?« erkundigte sich Desmond. »Ich hätte gedacht, nach soviel Jahren wärst du darüber hinaus.«
»Desmond, du bist nicht betrunken«, sagte Charlotte.
»Vor zwei Stunden hast du das Gegenteil behauptet. Entscheide dich, Charlotte. Oder sollte ich ›Schwester‹ sagen?« Er nahm einen Schluck von seinem Ginger-ale. »Aha. Die Anrede überrascht dich nicht. Hast du es immer schon gewußt? Hat die ganze verdammte Welt mein dreckiges kleines Geheimnis gekannt, nur ich nicht?«
»Ich habe es gerade erst herausgefunden. Vorher hatte ich keine Ahnung.«
Er öffnete den Kühlschrank unter der Bar und holte eine Handvoll Eiswürfel heraus.
»Daß du den Säufer gespielt hast, war nur Theater, Desmond.«
Er ließ die Eiswürfel in sein Glas fallen. »Als du gesagt hast, ich wäre eher so etwas wie ein Bruder für dich, wäre ich fast geplatzt vor Lachen. Die reine Ironie, wie? Ich meine, ich bin dein Bruder. Na ja, Halbbruder.« Er zuckte die Achseln. »Ja, es war Theater. Ich mußte schließlich die Rolle spielen, die du von mir erwartet hast, oder?«
Er grinste boshaft und rührte mit dem Finger im Glas. »Weißt du, was dieses Geheimnis so pikant macht? Ich glaube nicht, daß meine süße Mutter weiß, daß Iris meine richtige Mutter war. Ganz sicher stellt sie sich eine entzückende Debütantin vor, verführt von einem Mathematikprofessor der Stanford-Universität. Oder einem Astronauten. Ach nein, die hatten wir ja 1957 noch nicht. Auf jeden Fall erwartet Margo von meinem Vater, daß er ein Genie oder ein amerikanischer Held war, und von meiner Mutter, daß sie aussah wie Grace Kelly und einen Stammbaum hatte wie Prinzessin Di. Ich fürchte, es wird ihr den Tag verderben, wenn sie erfährt, daß ich das Ergebnis vom Ausbruch der schwachköpfigen Iris aus ihrem Zwinger bin.«
»Hör auf, so zu reden«, sagte Jonathan.
»Du wirst entschuldigen«, Desmond warf ihm einen tödlichen Blick zu, »aber in meinem eigenen Haus kann ich verdammt noch mal sagen, was ich will.« Er sah auf Charlotte. »Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, daß dein Prinz noch da wäre. Es gab noch Arbeit für ihn, nicht wahr?«
»Wann hast du entdeckt, daß meine Mutter auch deine war, Desmond? Während meiner Europareise im letzten Jahr?«
Er hob das Glas und trank ihr spöttisch zu. »Hundert Punkte, Schwesterherz. Ja, es war, als du weg warst. Wie du dir denken kannst, war ich einigermaßen überrascht. Ich versuchte, es mit Fassung zu tragen, aber du bist eine scharfe Beobachterin und hast gemerkt, daß ich mich verändert hatte. Wäre es dir nicht auch so gegangen, wenn du gerade erst die Wahrheit über deine Herkunft erfahren hättest? Vor allem, wenn sie so lächerlich ist?«
»Wie hast du es herausgefunden? Durch Großmutters
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